Von den Göttern verlassen II. Sabina S. Schneider

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Von den Göttern verlassen II - Sabina S. Schneider

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Sie konnte nicht atmen, sich nicht bewegen. Alles um sie herum lief in Zeitlupe ab. Sie sah, wie ein Sever nach dem anderen fiel. Doch mehr folgten, nahmen ihren Platz ein, trampelten über die verletzten und toten Kameraden, schoben Leichen beiseite und stürmten weiter auf die Gefährten ein.

      Alara stand nur da, tat nichts. Keine Regung in ihren Augen war zu sehen.

      Etwas in Serena riss.

      Sie sah den Pfeilhagel vor sich, sah wie Molly in ihren Armen starb. Dann ging Garif zu Boden und Salmon wurde verwundet. Ihre Freunde wateten in einem Meer aus Blut und gingen darin unter.

      Angst, Wut, Schmerz und Verzweiflung stiegen in Serena auf, vollführten einen Tanz, kämpften um die Oberhand und vereinigten sich in ihrem Höhepunkt zu purem HASS.

      Hass auf ihre Mutter.

      Er begrub alles unter sich, nahm Serenas ganzes Sein ein und sie verlor sich in ihm. Sie griff nach einer am Boden liegenden Axt, stieß, hackte, spießte auf und zerschnitt, was ihr in den Weg kam. Es fühlte sich gut an. Das Blut spritze ihr entgegen, färbte ihr Gesicht und ihre Hände rot. Sie kassierte Hiebe, doch ihre Wunden schlossen sich in dem Augenblick, als Serena sie empfing.

      Ein Grinsen verzerrte ihr blutbespritztes Gesicht. Dann hörte sie den Schrei. Airas Stimme. Voll Schmerz, Angst und Panik. Serena wirbelte herum und sah, wie Salmon sich vor Aira warf. Eine Axt traf seine Schulter, drang tief in sein Fleisch.

      Serena glaubte, Knochen splittern zu hören, während das hässliche Wesen seine stumpfe Waffe weiter herunterdrückte, als wolle es Salmon in zwei Hälften teilen, wie ein totes Stück Holz.

      Die Welt hielt an. Energie sammelte sich in Serenas Körper. Es war zu viel Kraft an einem Punkt. Entweder würde sie implodieren und die Welt in ein schwarzes Loch saugen, oder explodieren und alles um sie herum wie eine Supernova verbrennen. Eine leise Stimme flüsterte schwach, kaum hörbar:

      „Nein, bitte nicht. Sie werden auch sterben. Lass sie bitte nicht sterben!“

      Es war ihre eigene Stimme, die verzweifelt und gebrochen in ihr widerhallte. Ein Bewusstsein, stark und mächtig, hatte Serena in eine winzige Ecke verdrängt. Ihr Körper gehorchte ihr nicht. Sie klammerte sich an ihre Existenz, voller Angst vor dem Verlöschen. Panik trieb sie an. Mit seiner unbändigen Macht würde das ungeborene Kind alles vernichten. Aira, Malhim, Mof, Aragar, Salmon, Garif, Haril und Mikhael. Sie schrie ihre Namen, wiederholte sie, um sich nicht an die Macht zu verlieren. Dann erfüllte sie eine beruhigende Welle, schwappte über sie und sprach leise zu ihr: „Hab keine Angst! Für dich trenne ich Licht von Dunkelheit und werde nur dort Licht bringen, wo Dunkelheit herrscht.“

      Gleißendes Licht schoss aus Serenas Körper, breitete sich in Welle um sie aus. Erst langsam, dann immer schneller, verschlang es alle Dunkelheit, verbrannte sie mit ihrem Feuer. Licht rollte über die Orkarmee hinweg und löschte die Herde aus, verbrannte Tote und Lebende zu Asche. Grell und beißend blendete es. Die Gefährten hielten sich die Augen zu, doch das Licht schmerzte trotzdem. Die Kampfgeräusche erstarben in wenigen Sekunden und eine unheimliche Stille kehrte ein. Die Feinde waren vernichtet, von ihnen blieb nichts übrig außer schwarzer Asche.

      Doch Alara stand unverletzt und unbeweglich da. Serena ging auf sie zu. Mit einer Stimme, tief und unmenschlich schön, sagte sie: „Du bist weder Licht noch Dunkelheit. Was bist du?“ Neugierig musterten Alara Augen, die blau wie der Himmel sein sollten. Doch die linke Iris war schwarz wie die Asche zu ihren Füßen, die Pupille leuchtete silbern. Das rechte Auge war das umgekehrte Spiegelbild, hatte eine schwarze Pupille und eine silberne Iris. Unmenschlich und verdreht, durften solche Augen nicht existieren.

      „Was bist du?“, erwiderte Alara leise.

      „Ich bin Licht und ich bin Dunkelheit. Ich werde bald das Licht dieser Welt erblicken. Fürchte diesen Tag, denn ich werde dich und deinesgleichen vom Angesicht dieser Erde fegen. Ich verbiete dir Hand an den Körper meiner Mutter und an ihre Gefährten zu legen, oder ich werde dir das nehmen, was du als einziges auf dieser Welt schätzt. Verschwinde!“ Augen, nicht von dieser Welt, sahen tief in Alaras leere Seele und fanden etwas, das ihr wichtig war. Ein winziges Körnchen, das in einem leeren Raum schwebte. Alara neigte den Kopf, ihr Köper verschwamm, wurde durchsichtig und löste sich auf.

      Serenas ging zu ihren verletzten Gefährten und berührte jeden sachte an der Schulter. Dann machte sie einen Schritt, der die Dimensionen verzerrte. Unsichtbare Fäden zogen die anderen hinter sich und sie reisten schneller als das Licht, durchbrachen Raum und Zeit und kamen bei einer Stadt an, ohne einen Schritt zu gehen.

      Sie waren in Narilim, der nordöstlichsten Stadt des Senjyougebiet. Fast so groß wie Elemir, waren hier über dreitausend Soldaten stationiert, um die Grenzen zu verteidigen.

      Hier fanden sich auch die besten Heiler ein. Doch auch sie konnten nicht alle Wunden heilen und es lag nicht in ihrer Macht, Tote wieder zum Leben zu erwecken.

      Keiner sprach über die Orkarmee oder das Massaker im Dorf, dessen Namen sie nicht einmal kannten. Sie blieben nicht länger als nötig, ließen ihre Wunden behandeln, stockten ihre Vorräte auf und machten sich nach wenigen Tagen, bandagiert und zusammengeflickt, was zusammengeflickt werden konnte, auf den Weg zur Grenze.

      Obwohl viele ihrer Knochen gebrochen waren, verzichteten sie auf Reittiere. Keines der Senjyoutiere hätte den steilen Aufstieg in die Bergen geschafft. Der Weg war beschwerlich, doch bis auf die Geier, die sie gierig umkreisten, blieben sie unbehelligt und kamen erschöpft nach einer Woche Fußmarsch bei den Mauern von Magrem an.

      Doch der Preis, den sie für das Erreichen ihres Zieles gezahlt hatten, war hoch. Salmon war seinen Wunden auf dem Schlachtfeld erlegen, Garif seinen in Narilim. Auch die besten Heiler hatten ihn nicht retten und ihm nur die Zeit bis zum Tod erleichtern können.

      Mit Trauer um ihre gefallenen Kameraden betraten die sieben Gefährten das Reich der Airen. Mit Gemütern, dunkel und schwer wie die Steine, aus denen die Stadt einst gehauen worden war.

      ⧖

      Serena öffnete ihre Augen. Sie war wieder in dem Gasthauszimmer in Torn. Der Raum war stickig, das Bett roch nach Tierhaut. Die grünen Flammen loderten stetig und badeten das Zimmer in ein saftiges Moosgrün. Alles um sie herum drehte sich. Sie wusste jetzt, was passiert war, kannte den Grund, warum sie alle außer Mikhael mieden und verstand die Angst in ihren Blicken. Sie hatten Angst vor dem, was sie in sich trug. Vor ihrem Kind. Auch wenn es sie beschützt hatte, auch wenn es sie gerettet hatte, fürchteten sie sich vor der Macht, die es in sich barg.

      Serena kugelte sich auf dem Bett zusammen und dachte über Angst nach. Sie kannte ihre Gefahren. Die Menschen begingen grausamste Taten aus Angst. Dann stieg Trotz in ihr hoch und Wut. Ihr Kind hatte sie gerettet und statt Dank erntete es Angst. Ob das sein Schicksal sein würde? Angst und Hass zu ernten, wo es Liebe und Schutz säte? Tränen über das Schicksal ihres Babys liefen Serena über die Wangen.

      „Ich werde dich lieben, komme was wolle. Darauf kannst du dich immer verlassen.“

      Bald übermannte sie die Müdigkeit und Serena driftete ins Land der Träume ab. Ihr Kind schien Einhörner zu mögen, denn Serena träumte wieder von bunt gestreiften Einhörnern und Regenbögen. Wesen des Lichtes, die vor langer Zeit ausgestorben waren. Einige sagten, sie seien verschwunden, weil sie die negativen Schwingungen der Welt, all die Angst, den Hass, Mord und Totschlag nicht mehr ertragen konnten. Andere behaupteten, man habe sie mit der Jagd nach der Magie in ihren Hörnern ausgerottet. Und doch lebte eines dieser wunderschönen und seltenen Wesen in dem Traum eines unschuldigen Kinderherzens, das vor nicht allzu langer Zeit eine ganze Horde

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