Von den Göttern verlassen II. Sabina S. Schneider

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Von den Göttern verlassen II - Sabina S. Schneider

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Steinmetze behauen mit feinen strukturierten Mustern. Im Zentrum befand sich ein Meisterwerk der Glaskunst. Feingeriebene Steine, farbig sortiert und zu einer dünnen, durchsichtigen Masse verschmolzen, erschufen sie lebendige Bilder, die von der Geschichte der Airen erzählten. Riesige, polierte Flächen fingen jeden Lichtstrahl auf, leiteten ihn durch das Zentrum und dann weiter in die unteren Ebenen. Gigantische Fensterfronten wurden flankiert von Steinsäulen.

      Die Wachen am Haupttor würdigten Serena und Mikhael wie immer keines Blickes. Die beiden gingen unbehelligt an ihnen vorbei, passierten den Hof und betraten das Nebengebäude. Ihre Zimmer lagen in der zweiten Ebene unter der Erde. Verzweigte Gänge und enge Treppen führten zu einem Trakt, in dem die Gäste untergebracht waren. Mikhael ging voraus, schob den Pelzvorhang beiseite und trat in das grün beleuchtete Zimmer. Es war ein helles Grün, frisch wie der Morgentau. Die Feuersteine waren kaum gebraucht, fast neu.

      Serena folgte ihm. Im Zimmer stand ein breites Bett. Das Gerüst war aus Metall, die Matratze weich, gefüllt mit Federn. Felle lagen auf dem Bett und vor dem Bett, ein Baldachin schwebte über ihm. Eine Truhe aus Metall stand am Bettende, auf der Mikhael seine Kleidung zu legen pflegte.

      Darüber hinaus war der Raum leer. Das Gemeinschaftsbadezimmer der Männer war am Ende des Flures. Gespeist von heißen Quellen, war das Wasser stets warm, fast heiß und sollte heilende Wirkung haben.

      Als sich Serena wie gewöhnlich auf sein Bett setzte, wünschte sich Mikhael, sie würde es nicht tun. Er war nahe daran zu vergessen, dass er es mit jemanden zu tun hatte, der nicht einmal die emotionelle Stufe eines siebenjährigen Kindes erklommen hatte. Und so sehr er Serena in Ehren hielt, war er doch nur ein Mann. Er setzte sich so weit wie möglich von ihr weg, versuchte, sie nicht anzusehen. Ihre zarte Haut, die sogar im grünen Schimmer weich und anziehend auf ihn wirkte.

      Die weite Airenkleidung, die nichts von ihren weiblichen Rundungen erahnen ließ, machte sie in diesem Moment nur geheimnisvoller und noch reizender. Seine Hände zuckten und er schlang seine Finger ineinander, um ihrer Herr zu werden.

      Wie lange war es her, dass er bei einer Frau gelegen war? Zu lange.

      Serena schwieg, blickte auf das Brokat des Baldachins. Mikhael traute seiner Stimme nicht und starrte wortlos in die grünen Flammen.

      „Ich werde nach Torn gehen. Alleine.“ Serenas Stimme durchbrach die Stille.

      Mikhael begehrte auf.

      „Alleine?“ Sie machte ihm deutlich, dass sie IHN nicht dabei haben wollte. „Warum?“, schrie sein Innerstes.

      „Ich suche jemanden. Er wird nicht auftauchen, wenn ich jemanden bei mir habe.“

      Als Mikhael nichts erwiderte, fügte Serena schnell hinzu: „Ich komme wieder, sobald ich ihn gefunden habe.“

      Ihn? Sie suchte einen Mann? Eifersucht packte ihn und schnürte seine Kehle zu. Serena gehörte ihm nicht. Sie gehörte nicht einmal zu ihm und doch wollte er toben, ihr verbieten zu gehen. Allein der Gedanke, dass sie nicht an seiner Seite wäre und er nicht wüsste, ob es ihr gut ginge, trieb ihn in den Wahnsinn, noch während sie neben ihm saß.

      Doch er blieb stumm.

      Mikhael hatte keine Wahl.

      Er konnte sie nicht in einen Käfig sperren.

      „Sie ist unverwundbar“, sagte er sich. Versuchte sein rasendes Herz zu beruhigen.

      „Sie verfügt über eine Macht, die deine Vorstellungskraft übersteigt“, redete er sich zu. Hörte sie seinen panischen Herzschlag? War sein Atem unregelmäßig?

      „Serena war es gewesen, die uns alle gerettet hatte, während du gerade so dein eigenes Leben verteidigen konntest“, erinnerte er sich.

      Die Worte kamen von selbst: „Versprich, dass du wiederkommst!“ Konnte Serena die Angst in seinen Worten hören?

      „Versprochen“, war alles was sie erwiderte, als sich Mikhaels Arme um sie legten.

      Warm und geborgen, schloss Serena die Augen und ließ sich fallen.

      Sachte, wie einen verletzten Vogel, hielt er sie im Arm, traute sich selbst nicht. Wenn er ihren Körper unter dem vielen Stoff zu nahe an seinem Körper spüren würde, würde er sich nicht zurückhalten können.

      Eine unsichtbare Fessel legte sich um ihren und seinen Arm. Beide hatten ein Stück ihrer Freiheit aufgegeben, um Sicherheit zu erlangen. Mikhael würde hier auf Serena warten und Serena würde zu ihm zurückkehren. Was sich manchmal anfühlte wie Eisenketten, wandelte sich von Zeit zu Zeit in ein Sicherheitsnetz.

      Der Gedanke an die völlige Freiheit, den freien Flug oder Fall war erschreckend. Genauso erschreckend wie die Vorstellung von Unbeweglichkeit und Stillstand, in Ketten gelegt durch Bindungen, Versprechen und Pflichten, unfähig sich zu bewegen.

      Das Leben schien aus Angst vor dem Extremen zu bestehen und ein Drahtseilakt zu sein. Jeder versuchte, die Balance zwischen zwei verbundenen Ängsten zu finden. Angst vor Freiheit, Angst vor Bindung. Eine unmögliche Harmonie. Doch in diesem Augenblick, als Mikhael sie in den Armen hielt, wusste Serena, dass es nicht unmöglich war, die Balance zu halten. Sie konnte es schaffen, mit ihm.

      So war sie gegangen. Alleine.

      Und er war geblieben. Alleine.

      ⧖

      Mit finanzieller Unterstützung seitens Aira, die Serenas Gehen so gar nicht begrüßen wollte, hatte Serena Torn erreicht. Sie war auf einem Wesen geritten, das sie an einen überdimensionalen Ziegenbock erinnerte. Geschickt war das Tier mit ihr auf dem Rücken über Berggipfel, steinige Wege und an rutschigen Abhängen vorbeigehüpft.

      Die Städte lagen nicht weit auseinander. Kaum ein Tagesmarsch war vergangen, ohne dass Serena und ihr gehörnter Gefährte, den sie liebevoll Blöcki nannte, auf eine Airensiedlung stießen. Torn war nicht klein, stand jedoch in keinem Verhältnis zu Magrem. Die Häuser ragten nur einen Stock über der Erde. Selten zwei. Die Wände waren mit Kalk verputzt. Türen und Fensterrahmen mit Blau, Rot oder Grün bestrichen. Die Farbe blätterte hier und da bereits ab, erzählte jedoch leise von einer einstigen Schönheit.

      Während Magrem, umschlossen von einer Aushöhlung, riesig und dunkel war, nur von Spiegeln erhellt und grünem Feuer, lag Torn hoch auf dem Gipfel und wurde direkt von der Sonne beleuchtet.

      Doch Airen waren nicht zu sehen.

      Serena studierte die Karte, die ihr Aira mitgegeben hatte. Hier musste es sein. Sie stieg ab und führte Blöki am Halfter. Vor einem fellbedeckten Eingang blieb sie stehen und rief hinein: „Jemand zuhause? Ich suche ein Gasthaus.“

      Niemand antwortete ihr.

      So ging Serena von Haus zu Haus, bis ihr eine tiefe, verärgerte Stimme entgegenschrie: „Was blökst du hier am helllichten Tag herum, wenn alles schläft?“ Ein müder Airen kam aus der Tür getorkelt. Sein Körper gedrungen, schwer und rund. Er kniff mit schmerzverzerrtem Gesicht seine kleinen Äugelein zusammen.

      „Ich suche eine Bleibe für die Nacht“, erwiderte Serena.

      „Das gibt dir immer noch nicht das Recht hier …“, nachdem sich seine Augen an das grelle Licht gewöhnt hatten, riss er sie weit auf.

      „Du

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