Von den Göttern verlassen II. Sabina S. Schneider

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Von den Göttern verlassen II - Sabina S. Schneider

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lachte leise. Tief und melodisch schlug das Geräusch Wellen in Serenas Körper, erzeugte Gänsehaut.

      „Du leuchtest wie der hellste Stern in einer Neumondnacht. Du hast mich gerettet. Ohne dich wäre ich nicht mehr.“

      Der Wunsch, Mikhael nahe zu sein, erstarb, als Serena verstand. Es war Pflichtgefühl, das ihn an sie band. Überrascht stellte sie fest, dass sie ENTTÄUSCHT war. Sie hatte etwas anderes hören wollen, wusste jedoch nicht was. Sie löste sich aus seiner Umarmung und sagte kalt: „Du bist mir nichts schuldig. Ich entlasse dich aus deiner Pflicht.“

      Plötzlich packte Mikhael sie an beiden Schultern, drehte sie zu sich um und schüttelte sie. In seinen Augen leuchtete ein Feuer der WUT. Warum war er wütend? Verständnislos starrte Serena ihn an, als sich seine Finger schmerzhaft in ihre Oberarme gruben.

      Er ließ Serena los und starrte in die Leuchtkugel. Dann sprach Mikhael, ohne sie anzusehen: „Ich möchte dir ein Geschenk überreichen, das ich noch mit niemandem geteilt habe. Sie ist jungfräulich, meine Wahrheit.“ Seine Stimme klang tief, beinahe zärtlich, als er ihr seine Vergangenheit zu Füßen legte.

      Mikhael erzählte von seiner Mutter, die ihn verkauft hatte. Von seinem Leben unter Räubern und Mördern. Seinen Spielchen mit Frauen, auch seinem Schauspiel und Betrug an Laura. Von seiner Flucht vor Armirus, seiner Begegnung mit ihr, Aira und Molly. Er sprach von seinen Gefühlen für Molly. Ohne Schmerz in der Stimme erzählte er aus einer dunklen Vergangenheit.

      Ohne etwas zu sagen, hörte Serena zu.

       Wie hatte sie all das vergessen können? Diesen intimen Augenblick der Wahrheit, der Wirklichkeit. Wenn sich alles unecht anfühlte, musste dieser Moment die Realität sein und doch hatte Serena ihn aus Angst begraben. Serena schloss vor ihrer eigenen Feigheit die Augen. In dem Moment, als Mikhael ihr von Molly erzählt hatte, war ihr Herz übergequollen mit EIFERSUCHT. Sie war eifersüchtig auf Molly. Molly, die von Serenas eigener Mutter ermordet worden war. Scham erfüllte Serenas Sein. Sie war selbstsüchtig und egoistisch. Sie hatte nur ihr Leid gesehen, sich zurückgezogen und ihre Wunden geleckt. Keinen Gedanken hatte sie daran verschwendet, dass sie nicht die Einzige war, die litt. Keinen Gedanken hatte sie an Mikhaels Gefühle verschwendet, oder Airas.

      „Es tut mir leid“, entschlüpfte ihren Lippen eine nutzlose, bittere Entschuldigung.

      „Dir muss nichts leidtun. In jener Nacht hatte ich mich damit abgefunden, in der Gosse zu sterben. Dann kamst du. Wie ein rettender Engel aus Feuer, hast du deine brennenden Flügel um mich gelegt und mich wie einen Phönix aus der Asche auferstehen lassen. Ein Teil von mir ist in der Gosse gestorben und aus der Asche kam ich mit einem neuen Leben hervor, mit einem neuen Ich. Ich lebe, um bei dir zu sein. Nicht, weil es meine Pflicht ist, nicht weil ich es muss. Ich habe nichts anderes und will es nicht anders.“ Mikhaels Finger verschränkten sich ineinander, die Ellbogen auf den Knien gestützt. Ein Lächeln spielte um seinen Mund, das Licht der Kugel tanzte in seinen Augen.

      Serena erstarrte aus Ehrfurcht vor seinen Worten. Ehrlich und Wahrhaftig mussten sie die Realität sein, nach der sich ihr Herz sehnte.

      Die Antwort.

      „Ein neues Ich”, flüsterte Serena leise, als hätte sie Angst, dass die Erkenntnis ihren Geist verließ wie der Laut ihren Körper. „Veränderung. Ist es okay, sich zu verändern? Sich zu verlieren, wenn man sich noch nicht einmal gefunden hat?“ Fragen, die ihre Antworten bereits in sich trugen.

      „Veränderungen gehören zum Leben. Ohne Veränderungen gäbe es keinen Fortschritt, nur Stagnation. Wovor hast du Angst?“ Mikhaels Augen rissen sich vom Licht los, suchten Serenas Gesicht, tasteten es ab.

      „Wie konnte ich je Ich sein ohne Gefühle? Werde ich zu einer anderen Person? Wie kann ich all das empfinden und nicht in den Empfindungen untergehen, ein Mich verlieren, wo nicht einmal ein Ich ist?“ Waren die Worte auch verworren, leuchtete die Fragen klar heraus.

      „Du hattest stets Gefühle. Denk an deine Freunde, deine Familie. Menschen, die dich mochten und die dich mögen. Du bist stark, ehrlich, intelligent und selbstständig, lässt dich nicht von Vorurteil lenken. Hast einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn und bist wunderschön. Molly hat dich vergöttert. Aira weicht selten von deiner Seite und mich hast du verzaubert.

      Gefühle sind nicht immer so intensiv. Viele kann man ignorieren, viele versteht man nicht. Sie können lenken und führen. Sie können in der tiefsten Dunkelheit Licht schenken und einen in die höchsten Sphären emporheben, aber auch in die tiefsten und dunkelsten Höllen stoßen.

      Aber sie tun eines nicht.

      Sie lügen nicht. Man kann andere belügen, man kann versuchen, sich selbst zu belügen, aber Gefühle sind einfach da. Man kann selten etwas gegen sie tun. Dass du jetzt traurig bist über Mollys Tod, zeigt, dass sie dir etwas bedeutet hat und dass du vorher nicht gefühllos gewesen sein kannst. Dass du jetzt leidest, ist eine Erinnerung an die schönen Zeiten, die ihr zusammen verbracht habt. Etwas, das man nie hatte, kann man nicht vermissen.“

      Serena glaubte, zu verstehen, und der Nebel in ihrem Kopf lichtete sich ein wenig. Veränderung war nicht schlecht. Serena konnte selbst entscheiden, wer sie war und wer sie sein wollte.

      Sie war Serena, Tochter von Sieran, Freundin von Laura, Schülerin von Zorghk, Freundin von Molly, Gefährtin von Aira und Mikhael. Sie würde bald Mutter werden. Serena berührte sanft ihren leicht gerundeten Bauch. Egal, wessen Kind es war. In erster Linie war es ihres.

      Serenas Hände umklammerten ihren Bauch fester. Sie trug kein Wesen in sich, sondern ihr ungeborenes Kind. Sanft wie das Schlagen eins Schmetterlingsflügels berührte Serenas Bewusstsein das ihres Kindes und schenkte ihm im Schlaf die liebenden Gedanken einer Mutter: „Danke Kleines. Ich freue mich auf dich, mein Kind.“

      Pulsierende Wärme umfing Serena und sie fiel, an Mikhaels Schulter gelehnt, in einen tiefen Schlaf. Mutter und Kind träumten von bunt gestreiften Einhörnern und Regenbögen.

      Sie wussten nicht mehr, wie lange sie im verwunschenen Wald herumgeirrt waren. Vielleicht war es Zufall, vielleicht waren sie von den Bäumen geleitet worden. Was es auch war, nach unzähligen Tagen in der Wildnis sahen sie endlich Häuser. Ein Dorf! Die Stämme der Bäume waren verbogen, bildeten Aushöhlungen, ließen durch ihr Geäst Licht einfallen und boten jedoch gleichzeitig Schutz vor Regen. Einige Häuser waren einfach in einen Baum eingearbeitet. Andere bildeten verwobene Geflechte aus Wurzel, Stamm und Krone. Teile der umliegenden Erde waren umgegraben und bereit für die baldige Saat.

      Wie in einem Traum näherten sich die Gefährten dem Dorf, ängstlich saugten sich ihre Augen an den Blumenbeeten fest, den Häusern und schmalen Straßen. Mit Freude im Herzen näherten sie sich ihrer Erlösung. Sie würden sich ausruhen können. In richtigen Betten schlafen, ihre Vorräte aufstocken, sich neu formieren und Reittiere besorgen können. Die Sonne neigte sich zum Horizont und tauchte das Dorf in rosarote Töne, ließ es aussehen wie Watte.

      Unwirklich, wie eine Fata Morgana.

      In ihrer Euphorie bemerkten sie die Stille zu spät. Weder Vogelgesang, noch Hundegebell waren zu hören. Kein Kinderlachen und auch nicht das Gezeter von Erwachsenen erreichten ihre Ohren.

      Weder verschwanden die Häuser, noch verblassten sie wie Illusionen, als die Gefährten näher kamen. Doch nirgends war eine Regung zu sehen. Wie ein Stillleben schien das Dorf einfach nur zu existieren, nicht zu leben.

      In Alarmbereitschaft schlichen sie durch die leeren, ausgestorbenen Straßen. Keiner wagte, etwas zu sagen, aus

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