Kanonen für Saint Helena. Ole R. Börgdahl

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Kanonen für Saint Helena - Ole R. Börgdahl Falk-Hanson-Reihe

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hochseetüchtig? Kann es den Atlantik überqueren?«

      Ich nickte. »Das könnte es, Sire. Ich muss Ihnen allerdings mitteilen, dass mir die Faucon genommen wurde. Ich weiß nicht, wo sie sich gerade befindet und ob es sie noch gibt. Ich bin mit einem britischen Kriegsschiff hierhergekommen.«

      »Ach, das ist aber auch zu dumm. Ich hätte die Faucon gut gebrauchen können. Man will mich ebenfalls auf ein britisches Kriegsschiff bringen. Wir hätten fliehen können, bevor dies geschieht, und wir hätten den guten Doctor O'Meara als Geisel genommen.« Napoléon lachte. »Kennen Sie den Doctor?«

      »In der Tat habe ich heute seine Bekanntschaft gemacht«, sagte ich und nickte Doctor O'Meara zu, der das Nicken erwiderte.

      »Er könnte als Schiffsarzt auf der Faucon mitfahren, wenn wir weit genug vom Land entfernt sind und wir ihm gefahrlos die Fesseln abnehmen können.« Napoléons kurzes Auflachen ging in ein Husten über, aber er fing sich schnell wieder. »Alles nur Spaß. Ich werde mit Freuden auf die Bellerophon gehen. Sie bringt mich nach Plymouth. Ich hoffe zunächst in England bleiben zu können.«

      Ein kurzes Schweigen. Napoléon schien zu überlegen.

      »Sie tragen ja wieder Bernadottes Farben. Sind Sie in seinem Auftrag hier, Monsieur Major?«

      »So könnte man es sagen. Ich war Beobachter in Brüssel.«

      »Das habe ich mir beinahe gedacht, dass Sie wieder dabei waren. Sagen Sie mir, was ich gegen die Briten falsch gemacht habe, keiner hat mir das bisher sagen können.«

      »Ich war in Ligny«, erklärte ich. »Sie haben Feldmarschall Blücher geschlagen, Sie hätten ihn auch vernichten müssen, das war Ihr Fehler gegen die Briten.«

      »Das ist wenigstens eine Antwort, danke Monsieur.« Er kniff die Augen zusammen. »Aber das glaube ich noch nicht. Ich bin immer noch dabei, alles zu überdenken. Es wird noch lange dauern, weil so viel in so kurzer Zeit geschehen ist. Fakt ist, dass ich jetzt hier stehe und auf meine Einschiffung warte. Werden Sie mich begleiten, Monsieur Hanson.«

      »Das kann ich nicht entscheiden«, antwortete ich.

      »Doctor O'Meara, was muss ich tun, damit Monsieur Hanson mein Gast auf der Bellerophon ist?«

      Der Doctor zuckte mit den Schultern. »Die Entscheidung trifft Captain Maitland. Sie können ein Schriftstück mit Ihrer Bitte aufsetzen, welches Mister Hanson beim Captain einreicht. Ich fürchte jedoch, dass nicht mehr viel Zeit dazu bleibt. Ich habe gehört, dass heute abend die Flut günstig steht.«

      »Nein, nein, ich will Captain Maitland nicht mit solchen Forderungen belasten«, rief Napoléon. »Und Sie Monsieur Hanson sollen nicht gezwungen werden, mich zu begleiten. Ich habe genug Gesellschaft, ich hatte nur gedacht, weil … es war doch eine schöne Zeit auf …«

      Er beendete den Satz nicht, überlegte kurz und wandte sich dann ab. Er durchschritt das Zimmer und setzte sich an einen kleinen Schreibtisch.

      »Sie müssen mich jetzt entschuldigen, meine Herren. Doctor, wir sehen uns später. Monsieur Hanson, Ihnen sage ich vorerst Lebewohl.«

      Wie auf Befehl öffnete von außen ein Diener die Zimmertür. Doctor O'Meara nahm seine Tasche und begleitete mich hinaus. Wir verließen das Gebäude und gingen über die Straße zu einer Mauer, hinter der sanfte Wellen auf einen schmalen Strand liefen.

      »Mich hat die Audienz beeindruckt«, begann der Doctor, »Sie aber scheinen Napoléon Bonaparte ein wenig besser zu kennen.«

      »Das mag sein«, sagte ich nachdenklich.

      Ich starrte über das Wasser zum Horizont und begann meine Begegnungen mit Kaiser Napoléon aufzuzählen.

      Doctor O'Meara nickte schließlich. »Er wäre besser auf Elba geblieben, so ist seine Zukunft doch recht ungewiss.«

      Ich schüttelte den Kopf. »Es gab dort nichts zu tun, alles hatte sich nach wenigen Monaten abgenutzt. Wäre er zwanzig Jahre älter gewesen, hätte es eine Lösung sein können. Er hat die Zeit selbst in die Hand genommen. Jetzt wirkt er so, als sei er um zwanzig Jahre gealtert.«

      »Das ist nur vorübergehend«, bescheinigte der Doctor. »Er war in den letzten Tagen und Wochen etwas gehetzt. Die Überfahrt mit der Bellerophon wird ihm Ruhe bringen und in England …«

      »Was wird in England sein, was wird mit ihm geschehen?«, unterbrach ich Doctor O'Meara. »Nimmt ihn der König mit in seine Loge oder lädt ihn zu Festen ein, als ausländischen Ehrengast?«

      »Das weiß ich nicht, würde es aber verneinen. Ich denke Österreich und Preußen werden genau wissen wollen, was Napoléon künftig anstellt. Wir Briten müssen Garantien geben. Nach der Meinung vieler Leute sollte Napoléon ein Gefangener sein. Wir retten ihn nur vor der Haft, die ihm hier in Frankreich droht. Ich denke, man muss annehmen, dass die Bourbonen noch eine Rechnung mit den Bonapartes offen haben. Das könnte unschön werden, weil Rache nie ein guter Berater ist.«

      »Aber man könnte es doch verstehen«, warf ich ein. »Ludwig musste im März flüchten, hat sehr wahrscheinlich um sein Leben gebangt. Wenn er Napoléon jetzt in einen tiefen Kerker wirft und einen tonnenschweren Deckel darauflegt, wäre ein Problem gelöst.«

      Doctor O'Meara nickte. »Einmal davon abgesehen, dass so etwas nicht menschlich wäre und wir Briten es nicht zulassen dürfen, warum ist Ihrer Meinung nach nur ein Problem gelöst und nicht alle Probleme generell?«

      »Weil ich es bereits im letzten Jahr in Paris erlebt habe. Napoléon mag nur ein ganz normaler Mensch aus Fleisch und Blut sein, aber hinter ihm steht eine Idee, eine Ideologie, die von vielen seiner Anhänger weitergetragen wird. Es verselbständigt sich. Und die königstreuen Franzosen werfen den Weißen Terror dagegen. Bonapartisten gegen Royalisten. Ein Napoléon, der in England präsentiert wird, dort residiert, vielleicht sogar seine Anhänger empfängt und ohne es zu wollen für die Sache entzündet, kann für den schwelenden Konflikt nicht gut sein.«

      »Bonapartisten«, wiederholte der Doctor. »Diese Bezeichnung für die Anhänger Napoléons habe ich noch nie gehört. Anhänger, Verehrer, verklärte Bewunderung. Sie haben recht, dies darf keine Nahrung erhalten, in dem Napoléon greifbar, ja sichtbar bleibt.«

      »Genau das meine ich. Was will Ihre Regierung dagegen tun, was meinen Sie?«

      »Ich habe keine Vorstellung, aber ich glaube, unsere Regierung, die zuständigen Minister, ja selbst der Prinzregent, werden dies berücksichtigen. Napoléon wird in England keine Bühne erhalten, davon bin ich überzeugt.«

      »Was ist mit Übersee?«, fragte ich.

      »Übersee, sie sprechen von Terra Australis. Meinen Sie, man sollte Napoléon in eine Strafkolonie deportieren? Das wäre ja noch schlimmer, als ihn den Bourbonen zu überlassen, er wäre dann allerdings für niemanden mehr sichtbar.«

      »Ich hatte nicht Terra Australis gemeint«, sagte ich nachdenklich. »Aber ich hoffe, außer Ihnen kommt niemand auf diese Idee. Und wenn doch, ist Terra Australis in zwei Jahren entweder französisch und hat ein schlagkräftiges Heer oder hat Napoléon Bonaparte auf dem Gewissen.« Ich schüttelte den Kopf. »Nein, ich dachte an Louisiana, an Amerika.«

      »Das hat er mir auch erzählt«, antwortete der Doctor. »Ich soll Captain Maitland davon erzählen, aber Napoléon weiß nicht, dass der Captain in dieser Angelegenheit überhaupt keinen Einfluss hat. Die Bellerophon wird nach

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