Kanonen für Saint Helena. Ole R. Börgdahl

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Kanonen für Saint Helena - Ole R. Börgdahl Falk-Hanson-Reihe

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nach Antwerpen, weil ich das Schiff bekommen muss, das mich dort hinbringen soll, wo der Korse sich aufhält.« Der Ritmeester erhob plötzlich sein Glas. »Ich trinke auf das Wohl meines Herrn Wilhelm Friedrich von Oranien-Nassau, König der Niederlande, der mir höchstpersönlich diesen Auftrag erteilt hat, nachdem ich ihm den schlanken Billy wieder recht gesund nach Hause gebracht habe.«

      Natürlich stimmten Louis und ich in den Trinkspruch ein. Die Niederlande hatten nach Napoléons erster Abdankung eine Gebietserweiterung erfahren, weil Österreich seine Ansprüche auf Teile des Landes aufgab. Dies geschah vor allem, um mit dem neuen Staat ein Gegengewicht zu künftigen französischen Expansionsversuchen zu schaffen. Der schlanke Billy war niemand anderes, als der niederländische Kronprinz, der bei Quatre-Bras gekämpft hatte und verwundet wurde.

      »Ich verstehe nicht«, sagte ich schließlich. »Napoléon wird nach Antwerpen gebracht?«

      »Nein, nein.« Der Ritmeester schüttelte den Kopf. »Er kommt doch nicht hierher. Zunächst ist er auf sein Schloss geflüchtet, Malmaison, Schloss Malmaison, ja, so heißt es doch, aber da ist er schon wieder weg.« Der Ritmeester stutzte. »Ist vielleicht schon kein Geheimnis mehr, aber er ist mit seinem Tross weiter nach Süden an die Küste. Dort wartet er jetzt, hofft auf ein Arrangement mit der britischen Krone.«

      »Das klingt ja wie eine Verschwörung«, warf Louis ein. »Die Briten können nicht ohne die Preußen, die Russen und die Österreicher ein Arrangement mit dem gemeinsamen Feind treffen. Und vielleicht hat auch noch Schweden ein Wort mitzureden oder eben die Niederlande.«

      »Mag sein, mag sein, Meneer Majoor, aber die Sache ist doch noch gar nicht entschieden. Es sind doch nur Gerüchte, dass der Korse den Duc de Rovigo und den Comte de Las Cases vorgeschickt hat. Jedenfalls wissen die Briten wo der Korse jetzt steckt und das Schiff, auf das ich warte, soll ebenfalls dorthin segeln.«

      »Und auf welches Schiff warten Sie?«, fragte ich schnell.

      Der Ritmeester grinste, holte einen kleinen Zettel aus seiner Rocktasche und las vor. »His Majesty's Ship Myrmidon.«

      *

      Das trinkseelige Gespräch mit Ritmeester Vincent Dijk de Groot und seinen Kameraden lag sechs Tage zurück und seit fünf Tagen war ich nun schon an Bord der HMS Myrmidon, und zwar zusammen mit Ritmeester de Groot, aber ohne meinen Freund Louis. Er gehorchte den Befehlen von Överste Kungsholm oder glaubte zumindest, es sei der Wunsch unseres Vorgesetzten, dass wir nach Lübeck zurückkehrten. Und so nahmen wir an ein und demselben Tag jeder ein Schiff. Louis nach Norden und ich nach Süden. Ich erfuhr erst an Bord, dass die französische Hafenstadt Rochefort unser Ziel war. Aber wie war es mir überhaupt gelungen, Ritmeester Vincent Dijk de Groot zu überzeugen, mich auf diese durchaus geheime Mission als seinen offiziellen Begleiter mitzunehmen?

      Zunächst musste ich Captain Robert Gambier kennenlernen und ihn auf mich aufmerksam machen. Nachdem die Myrmidon am nächsten Morgen in den Hafen von Antwerpen eingelaufen war, fand zwischen Ritmeester de Groot und dem Captain ein Treffen statt, um alles für die Überfahrt zu besprechen. Sie hatten sich in unserem Gasthaus verabredet, was vom Ritmeester so arrangiert worden war und mir natürlich sehr entgegenkam. Ich drängte mich dann regelrecht auf, stolzierte in voller Uniform auf den Tisch zu, an dem die beiden saßen, ohne dass mich Freund Louis zurückhalten konnte.

      Auf diese Weise konnte mich der Niederländer dem Briten vorstellen. Ich versäumte es nicht, gleich zu Beginn die Waffenbrüderschaft zwischen Schweden und England zu betonen. Spontan fiel mir die Congreve’sche Rakete ein und da wurde Captain Gambier aufmerksam. Natürlich legte danach auch Ritmeester de Groot ein gutes Wort für mich ein und versäumte es nicht, die Geschichte von Blücher und mir zu erzählen, die dann wohl ausschlaggebend war. Captain Gambier entschied daraufhin, dass es seine Pflicht sei, auch einen Vertreter der schwedischen Krone an Bord zu nehmen.

      Und so schrieben wir den 14. Juli 1815. Die HMS Myrmidon war in den vergangenen fünf Tagen dank eines stetigen Windes recht gut vorangekommen. Wir hatten den Kanal in weniger als drei Tagen durchquert und waren weiter die französische Küste entlanggesegelt. Zur Mittagszeit umschifften wir die bretonische Halbinsel und schlugen Kurs Südsüdost ein. Das Backen und Banken wurde eingeläutet und nicht nur Teile der Mannschaft gingen zum Essenfassen, sondern auch Captain Gambier hatte zu Tisch in seine Kabine eingeladen. Neben dem Ritmeester und mir waren diesmal noch zwei weitere Offiziere sowie ein sehr junger Kadett anwesend.

      Die Suppe wurde gerade aufgetragen, als mich Captain Gambier aufforderte, eine Geschichte zu wiederholen, mit der ich die Tischgesellschaft in den vergangenen Tagen unterhalten hatte.

      »Ihren Kampf mit dem Bären müssen Sie unbedingt unserem jungen Freund erzählen, Mister Hanson.« Der Captain grinste den jungen Kadetten an. »Er hat nämlich etwas Angst vor großen Hunden, da wird es für ihn hilfreich sein, wenn er erfährt, wie man einen Bären von Angesicht zu Angesicht niederstreckt.«

      Ich legte meinen Löffel auf den Tisch neben meinen noch vollen Teller und schüttelte den Kopf. »Die einzige Lehre, die man aus dem Vorfall ziehen kann, ist es, künftig die Beine in die Hände zu nehmen und vor so einem Untier zu flüchten.«

      »Aber das haben Sie nicht getan, Sir?«, stellte der Junge fest und sah mich erwartungsvoll an.

      »In der Tat, ich hatte gar nicht die Gelegenheit zur Flucht, ich musste kämpfen, um mein Leben kämpfen. Ich hatte sehr großes Glück und kann daher auch kein Patentrezept für einen Kampf gegen einen ausgewachsenen Bären geben.«

      Dann erzählte ich alle Einzelheiten, wie der hungrige und verletzte Bär mich und mein Pferd angegriffen hatte und wie mein armes Reittier grausam zu Tode kam und wie es schließlich endete.

      »Dann war es ein Glücktreffer«, verkündete der junge Kadett.

      »Ich bitte Sie, ein gestandener und kampferprobter Soldat benötigt doch kein Glück«, rügte Captain Gambier seinen Untergebenen.

      »Doch, doch, es war Glück, sehr großes Glück. Und so kampferprobt war ich zu dieser Zeit noch nicht. Ich hatte kaum ein Vierteljahr in der Armee hinter mir und der Bär war der erste Feind, auf den ich gestoßen bin, wenn diese arme Kreatur überhaupt mein Feind war.«

      »Ein ehrenvolles Wort, darauf ein Toast«, rief der Captain.

      Wir stießen an, widmeten uns der Suppe, bevor diese kalt zu werden drohte und setzten das Mahl dann mit Nierchen und Pudding fort. Der Ritmeester erzählte währenddessen Anekdoten vom Schlanken Billy, blieb dabei aber immer respektvoll seinem künftigen König gegenüber. Die Runde wurde gegen Ende durch ein Klopfen an der Kabinentür unterbrochen. Der Steuermann trat ein, salutierte und meldete einen Segler, der auf die Myrmidon zulief. Captain Gambier entschuldigte sich, folgte dem Steuermann, kam aber nach fünf Minuten zurück, als gerade der Kaffee aufgetragen wurde.

      »Beim Sherry werden wir einen Gast an Bord begrüßen können«, verkündete der Captain. »Ein Bote der HMS Bellerophon wird gerade von seinem Tender zu uns übergesetzt.«

      Eine halbe Stunde später war der Tisch abgeräumt und tatsächlich stand je ein Glas Sherry vor Ritmeester de Groot und mir, während wir auf den angekündigten Boten warteten. Schließlich ging die Tür auf und Captain Gambier ließ einen älteren Offizier ein, der seinen Hut abnahm, sich umsah und uns dann begrüßte. Wir erhoben uns und salutierten.

      »Darf ich Ihnen Captain James Cook vorstellen.« Captain Gambier lächelte. »Weder verwandt noch verschwägert.«

      Alle lachten. Wir setzten uns, Captain Cook erhielt ebenfalls ein Glas Sherry und wurde aufgefordert, zu berichten, nachdem Captain Gambier versichert

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