Alvine Hoheloh. Amalia Frey

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Alvine Hoheloh - Amalia Frey Alvine Hoheloh - Blaustrumpf

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erlernen, denn nach hundert Jahren, zwei Weltkriegen und zwei Diktaturen, waren zwei oder drei der nötigen Dokumente verschwunden. Die allerbesten Voraussetzungen also!

      Amalia Frey ist mittlerweile 30-something und traut sich, diese Reihe auf die Welt zu lassen. Sie veröffentlicht außerdem feministische Romance und, unter ihrem Pseudonym Claudi Feldhaus, zeitgenössische Berlinromane und Fantasy. Sie ist Schwester im Nornennetz, ein Verband deutsch schreibender Fantastikautor*innen, Mitfrau der Autorinnenvereinigung Deutschland e.V. und im Bundesverband junger Autor*innen.

      Amalia Frey lebt, liebt und trinkt Kaffee in Berlin.

      

      

      

      

      

      

      

      

      

      

       Meiner Mutter

       und allen, die an die wahre Liebe glauben.

      Liebe Lesende,

      ich erzähle Ihnen die Geschichte von Alvine Hoheloh.

      Aber nicht nur von ihr, sondern von allerlei Menschen die in den Jahren, die wir neben der Heldin hergehen, ihren Weg kreuzen werden. Dazu nutze ich eine Perspektive, die ich gerne als die allmächtige Erzählerin bezeichne.

      Wenn ich Ihnen das Geschehen schildere, und alle Geschlechter meine, werde ich so gut wie möglich, auf entgenderte Sprache zurückgreifen, liebe Leser*innen.

      Wörtliche Rede versuche ich den Kindern der Zeit anzupassen, daher werden die Ihnen einiges im generischen Maskulinum erzählen, auch, wenn das den Lesefluss gehörig stört.

      Aber in der Zeit in der Alvine gelebt hat, war vieles noch nicht etabliert, was unser Leben heute so viel angenehmer macht. Frauenwahlrecht, Smartphones oder eben die sprachliche Anerkennung der Existenz von Frauen und nicht-binären Personen. Es war eine harte Zeit …

      Hinweise zu den teilweise recht aufwühlenden Inhalten, die möglicherweise auch Trigger aktivieren können, finden Sie als Liste auf den letzten Seiten dieses Buches.

      Ihre Amalia Frey

 Übersicht Alvines Beziehungen

      Prolog

      September 1907: Die aufgehende Sonne hing noch hinter den Baumkronen, doch Alvine war bereits wach und kletterte aus dem Bett. Sie riss einen der Vorhänge auf, einzelne Sterne waren noch sichtbar, so verrichtete sie dürftig die Morgentoilette im Schein ihrer elektrischen Nachttischlampe. Keine Zeit für Eitelkeiten, wenn sie die Gunst der frühen Stunde nutzen wollte. Rasch warf sie die von ihr bevorzugte seidige Unterwäsche über, darunter eine knappe Form der neumodischen Unterrockhosen, und sie schnürte ihr Mieder. Zum Reiten trug sie gerne eines. Am längsten dauerte es wie immer, ihrer dunkelbraunen Mähne mit etlichen Bändern und Spangen Einhalt zu gebieten.

      Und dann stieg sie in die Unaussprechlichen – in ihre Jungenhosen. Damen von weit niederem Stand bereiteten vor allem ihre Hosen Schnappatmung. Es fiel Alvine schwer, ihren Unmut über die Engstirnigkeit ihrer Mitmenschen zu verbergen, aber wie hieß es doch gleich im Buch ihrer Konfession?

       »In aller Demut und Sanftmut, in Geduld. Ertragt einer den andern in Liebe.«

      Demut, Sanftmut, am wenigsten Geduld – keine der drei zählte zu ihren Eigenschaften. Dafür war sie in Liebe aufgewachsen und wollte ihre Familie nie enttäuschen. Fast nie, jedenfalls.

      Alvine zurrte noch ein paar Haarbänder fest und entschlüpfte ihren Gemächern, bevor Greta hätte wach werden und sie erwischen können. Sie schlich barfüßig über den Läufer, durch die langen Gänge des Landhauses und schließlich hinaus. Der Gutshof, das Gestüt und einige Gärten zählten zu dem Anwesen, das seit Generationen liebevoll Friedgolds Hof genannt wurde.

      Ihr Pferd Strumpf witterte sie, lange bevor sie die Stallungen erreicht hatte. Er stellte die buschigen Öhrchen auf und blies erwartungsvoll Luft aus den Nüstern. Alvine zog ihre kniehohen Stiefel an, und lief aus der Tür. Ihre Absätze klapperten auf dem gepflasterten Boden. Sie musste sich mit all dem Gewicht ihres gertenschlanken Körpers gegen die große Stalltüre pressen, ehe der Spalt breit genug war, sodass ihr Liebling mit ihr hindurchpasste. Der vierjährige Fuchs, der seinen Namen dem schneeweißen linken Vorderbein verdankte, legte genauso wenig Gelassenheit an den Tag, wie die Reiterin selbst, und für beide stellte das Satteln einen rechten Geduldsakt dar.

      Als die Sonne langsam die Schatten der Nacht vertrieb und der Hahn krähte, um den restlichen Hof zu wecken, galoppierte Alvine auf Strumpf durch das Gutstor.

      Der Nebel hing auf der Wasseroberfläche, der See war ruhig, sodass keine Welle das Boot bewegte. Allein durch das Gewicht Theodors, der in seiner vollen Länge von einsneunzig ausgestreckt auf dem blanken Boden unter den Sitzbrettern lag, drehte es sich langsam im Kreis. Er döste, die klare Luft des Morgens tat ihm gut. Aufgestanden war er, als sich die allerersten zartrosa Streifen über den Baumwipfeln abgezeichnet hatten und die dünne silberne Mondsichel noch deutlich erkennbar gewesen war. Die Kraftanstrengung, die es mit sich gebracht hatte, das Boot ins Wasser zu hieven, den Fluss hinauf zu rudern und dann den halben See zu überqueren, sollte ihn besänftigen.

      Warum hatte er sich eingebildet, sich vor dem Wehrdienst drücken zu können? Was könnte ihn verschonen, Kaiser und Vaterland dienen zu müssen? Lautstark hatte er gegen die Einberufung gewettert. Die Mutter hatte geweint und der Vater schickte ihn hierher. In der kleinen Pension, die sie oft besucht hatten, als er noch ein Knabe war, sollte er sich darauf besinnen, wie dankbar er sein könne. Lieber wäre er der drallen Wirtstochter dankbar gewesen, nur leider war die seit dem Frühling schwer verheiratet und ihr Mann außerordentlich humorlos.

      So blieb Theodor kaum etwas übrig, als einer seiner Lieblingssportarten nachzugehen und die Seen und Flüsse der Umgebung im Ruderboot zu erkunden, bis die Sonne sein Haar blassblond gebleicht hatte. Doch so sehr die Arme vor gesundem Muskelkater schmerzten, Dankbarkeit wollte sich keine einstellen. Aber wie hieß es schon in dem Buch, mit dem er oft geschlagen worden war?

       »In aller Demut und Sanftmut, in Geduld. Ertragt einer den andern in Liebe.«

      Ob er verdient hatte, in Liebe zu leben, wusste er nicht. Die drei Eigenschaften waren jedoch essenzieller Bestandteil seines Charakters. Er wollte sich wie so oft ein Beispiel an diesem Psalm nehmen und sein Schicksal ertragen.

      Sein Dösen wurde von wildem Hufgetrappel aus der Ferne unterbrochen, und als er sich erhob, sah er sie am Ufer entlangreiten. Es dauerte einen Moment, bis der Anblick zu seinem bisherigen Weltbild passte: Ein Mädchen, sie mochte so alt sein wie er, mit hellbrauner Haut, breitbeinig und in Hosen, ritt ein stürmisches Pferd. Wer war sie?

      Theodor griff nach den Rudern. Ohne über ein Weshalb und Woher nachzudenken, schwang er

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