Alvine Hoheloh. Amalia Frey

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Alvine Hoheloh - Amalia Frey Alvine Hoheloh - Blaustrumpf

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sie vorschlug: »Und was ist mit Ihrer Frau? Beschenken und verziehen Sie die nicht?«

      »So eine Frau will ich nicht. Mein Weib soll sicher auch unseren Stand genießen, aber ich möchte, dass sie eine Abenteurerin ist wie ich, sich in erster Linie selbst verwirklicht und, so hoffe ich, mit mir arbeitet. Meinen Kreis, wie ich es nenne, erweitert, die Geschäftsfreundschaften mit mir pflegt, das Unternehmen repräsentiert. Letztlich das tut, was die Aufgabe von Unternehmergattinnen ist: gesellschaften«, sinnierte Alfred.

      »Man sagt, ich sei ganz großartig im Gesellschaften.«

      »Ist das so?«

      Nun erst wurde ihr gewahr, wie das geklungen haben musste. Doch sie lachten zusammen und wechselten das Thema. Als er am nächsten Tag abfuhr, da verkniff sie sich tapfer die Tränen.

      Nach einigen Wochen des zehrenden Wartens ereilte sie endlich ein Brief von ihm. Wie angekündigt befand er sich wieder im Orient. Wenige Tage später erhielt sie ein Päckchen, darin zwei Kaschmirschals, Teeblüten und – zu ihrer besonderen Freude – gepresste Orchideenblüten in allen möglichen Varianten. Kurz darauf sandte er ihr ein Buch über Orchideenpflege in englischer Sprache, dazu ein Fachwörterbuch.

      Sie musste schallend lachen und sehr zum Ärger ihrer Eltern, umgaben ihren Kopf unsichtbare Luftwurzeln.

      »So gerne würde ich Ihnen lebende Orchideen jeder Sorte, Größe, Farbe und Form schicken«, schrieb er ihr. Die Tinte glühte sichtlich. »Aber die Hoffnung, dass die armen Pflanzen diese Reise überleben würden, wäre genauso töricht wie verschwenderisch! Und sicher wären Sie mir am Ende böse, wenn Ihre erste eigene Orchidee bereits vertrocknet bei Ihnen ankäme.«

      »Wie könnte ich jemals böse mit Ihnen sein?«, schrieb sie zurück, ihr Herz bis zum Halse schlagend.

      »Nie ist mir ein Mensch begegnet, der gütiger und aufgeschlossener auftritt als Sie! Ich kann nicht umhin, es Ihnen zu gestehen – die Enge in den Köpfen der Menschen hier erdrückt mich zunehmend. Vor allem nun, da ich weiß, was dort weit hinter den Feldern meines Onkels liegt. Mir ist bewusst, dass es sündig ist, das zu sagen. Ich liebe doch meine Eltern und die Wälder und ja, auch die Weizenfelder. Aber dennoch bezweifle ich, dass, böten Sie mir an, mit Ihnen zu gehen, ich widerstehen könnte. Wenngleich mein Herz ohnehin schon bei Ihnen weilt – aus der großen Stadt, wollte es erst recht nicht mehr hinaus! Ich will mit Ihnen reisen, möchte für Sie gesellschaften. Ich will an Ihrer Seite arbeiten und die Sicherheit unserer Angestellten wahren. Ich will repräsentieren, fleißig sein, Reichtum genießen. Ich werde Ihre Königin sein und schwöre Ihnen eine kleine kluge Prinzessin zu schenken. Sie wird meine Locken haben und Ihre Haarfarbe und wir werden sie Alwine nennen, nicht wahr, Alfred?«

      Sie erwachte nun aus der Entrückung. Ein Traum! Sie schickte diesen Brief nicht ab.

      Als er wieder zu Hause war, ließ er per Eilpost Backwaren aus der großen Stadt auf Friedgolds Hof kommen – ausreichend, um ihren gesamten Provinzfreundeskreis sattzukriegen. Und da sie am nächsten Tag gewiss nicht mehr genießbar wären, lud Dorothea sie alle ein.

      Ihre Patentante, die natürlich genau wusste, dass eine baldige Verlobung unausweichlich war, nahm sie, an einem Spritzring knabbernd, zur Seite und flüsterte ihr ins Ohr: »Du wirst uns fehlen, Kind.«

      Alfred Hoheloh kam einige Wochen später zu Besuch, um die Fortschritte in der kleinen Schuhfabrik zu inspizieren und gedachte daher erst am Nachmittag auf Friedgolds Hof vorzusprechen.

      Dorothea stürmte an diesem Tag jedes Mal zum Fenster, wenn der Wind durch die Äste strich, sodass ihr Vater in regelmäßigen Abständen erbost befahl, sie solle sich setzen. Doch das hatte nur zur Folge, dass sie nervös auf dem Sofa hin und her rutschte und beim nächsten Geflatter einer Taube wieder aufsprang.

      »Um Himmels willen, Kind!«, polterte nun ihre Mutter, »setz dich gefälligst ans Fenster. Es ist gewiss würdelos, dort zu wachen wie ein Hund, aber allemal besser, als der Tanz den du uns hier aufführst!«

      »Fräulein Friedgold«, hauchte Alfred zärtlich, »erlauben Sie mir die Bemerkung, dass Sie noch schöner sind, als ich Sie in Erinnerung habe.«

      Missmutig hatten ihre Eltern den beiden einen Spaziergang zu zweit erlaubt, wenn sie in Sichtnähe des Hauses blieben.

      Dorothea errötete pflichtbewusst und knickste zum Dank. »Auch Ihnen, das muss ich zugeben, scheint die asiatische Sonne gutgetan zu haben.«

      »Ich hoffe, Sie nicht zu brüskieren. Aber zu dieser Hautfarbe hat die Sonne nur wenig beigetragen.«

      »Wie darf ich das verstehen?«

      »Schon seit hundert Jahren besteht meine Familie aus Handelsreisenden, auch in den Kolonien unserer Nachbarn haben wir Geschäftskontakte … und private Bekanntschaften, wenn Sie verstehen. Meine Großmutter hatte ihre Wurzeln in Ceylon. Ihre Haut war wie Rauchquarz und Gold. Und meine Nase … alle, die ihr abstammten, haben ihre Nase.«

      »Wunderschön«, hauchte Dorothea, erhob ihre Hand und war im Begriff seine flachen, breiten Nasenflügel zu streicheln. Doch als sie seinem beseelten Blick begegnete, spürte sie ihre Ohren heiß werden und senkte die Hand.

      Beide lachten peinlich berührt und, um abzulenken, fragte sie Alfred nach seiner Reise, der nur erwiderte: »Ich hoffe, meine Geschenke wurden Ihnen nicht lästig. Erst zu Hause, als ich bei der Buchhaltung vorsprechen musste, wurde mir gewahr, wie viele es waren.«

      »Herr Hoheloh, ich bitte Sie! Wie könnte es mir lästig sein, durch Sie an einem für mich völlig fremden Flecken der Erde teilzuhaben? Ihre Geschenke sind meine Abenteuer.«

      »Das beruhigt mich. Sind Sie also weiterhin einverstanden, wenn ich Ihnen schreibe?«

      »Ich wäre hoch erfreut! Ihre Briefe sind das, was mich vor dem Engegefühl der weiten Felder zu retten vermag.«

      »Ich verstehe«, gab er schmunzelnd zurück.

      »Bitte schreiben Sie mir sooft, wie Sie wollen. Aber lassen Sie es mich wissen, sollten wiederum meine Zeilen Sie stören. Mir ist bewusst, dass es einen Mann von Welt langweilen wird, die Erlebnisse und Gedanken einer Landpomeranze zu erfahren«, sprach sie dann aus, wovor sie sich insgeheim so sehr ängstigte.

      »Fräulein Friedgold …«, eine quälende Pause entstand, so überrascht war er. »Ihre Briefe habe ich mir per Eilboten zusammen mit meiner Geschäftspost schicken lassen, sodass ich mich jedes Mal aufs Neue gezwungen sah, Zweiteres zu übergehen, um erst Ihnen zu antworten. Ihre Zeilen sind das, was mein Herz rasten lässt, Ihre Gedanken das, was meinen Geist beflügelt und Ihr Alltag das, was mich herausfordert. Sie beschreiben ein Heimatgefühl, das ich nie hatte.«

      Überwältigt zwang sie sich, die Konversation noch einmal abzuflachen, als sie fragte: »Das Reisen wird Ihnen lästig?«

      »Das auch. Vor allem der Wunsch nach einer steten Heimat, und sei sie nur im Herzen, ist übermächtig. Ich reise seit meinem fünfzehnten Lebensjahr umher, seit meinem neunzehnten ohne meinen Vater. Es ist einsam, elendig einsam, das Dasein, das ich friste. Wie unersetzbar sind mir da Ihre Briefe. Ich wünsche, dass sie auf ewig meine Begleiter sein werden.«

      »Und wie sagten Sie doch?«, hakte Dorothea nun kess nach, »was man sich wünscht, wird auch in Erfüllung gehen, allein weil man es sich vorstellen kann.«

      Er stoppte seinen langsamen Gang und sah sie an.

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