Alvine Hoheloh. Amalia Frey

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Alvine Hoheloh - Amalia Frey Alvine Hoheloh - Blaustrumpf

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war, ihr glattes Haar glänzte und ihr Körper viel früher als der der anderen weiblich anmutete, so wirkten ihre ruckartigen Bewegungen, die Art wie sie ging und saß und vor allem ihre raue Stimme erschreckend maskulin. Zudem war sie ein Hitzkopf, da nahmen sie und Alvine sich nichts.

      »Was hat Frau Lange gesagt?«, fragte Emmi im Hinblick auf Alvines jüngste Begegnung.

      »Mehr oder minder ist sie traurig. Das kann ich ihr wohl kaum verübeln.«

      »Und … hast du dich erklärt?«

      »Das war mir nicht möglich. Ich möchte nicht, dass sie sich gezwungen sieht, mich zu einer Nachprüfung vorladen zu lassen.«

      Emmi sah sie scharf an. »Winnie! Du bist die klügste Frau, die ich kenne. Weshalb in Gottes Namen willst du denn nicht studieren?«

      Alvine biss sich auf die Unterlippe. Sie hatte es als Wink der höheren Macht verstanden, dass ihr Vater genau dann krank geworden war, als sie sich für das Studium hätte vorbereiten sollen. Und so, was außerhalb der Familie keine*r wusste, hatte sie die Geschäfte geleitet.

      Von Kindesbeinen an hatte Alfred Hoheloh sie mit in die Schuhfabriken genommen, sie unterrichtet, in Zahlen und Kalkulation, in Führung von Angestellten, in Auftreten und Haltung und so ihren Unternehmeringeist gestärkt. Und schließlich übte er mit ihr, seine Unterschrift in smaragdgrüner Tinte zu kopieren. Da diese nur 'A. Hoheloh' lautete, war es nicht einmal eine Sünde.

      Gewiss hätte ihre Gönnerin darüber geschwiegen, aber Alvine hatte geschworen und ihrem alten Vater bei der Familienehre gelobt, das Geheimnis zu wahren. So war es am besten für die Geschäfte und ihre Arbeiter*innen.

      »Ich will nicht noch weniger Zeit mit meinem Vater verbringen. Vor allem nicht jetzt, da er kränker wird und ich erwachsen genug bin, ihm all die Wertschätzung zu zollen, der ich mich bei ihm schuldig gemacht habe.«

      Emmi sah verbissen fort. Ihr Vater, ja, auch ihre Mutter, hatten sie nie großartig wertgeschätzt. Auf die höhere Töchterschule und auf das Lyzeum hatte man sie nur geschickt, weil es ihren Wert auf dem Heiratsmarkt steigern sollte.

      Ihr Weg war vorbestimmt: Sie sollte eine gute Partie machen und nur für ihre Familie da sein. Aber sie wollte Lehrerin werden und die Geister der künftigen Generationen formen. Von ihren Eltern wurde dieser Wunsch verlacht und sie hatte keine Unterstützung zu erwarten. Sie sollte heiraten, Kinder kriegen und sich zurückhalten, so verstand ihr Vater die Rolle der Frau.

      Vermutlich wurde Emmi nur von Alvine gemocht, von ihrer Winnie. Und von ihrem Dienstboten, dem zwölf Jahre älteren Rupprecht, der seit ihrer frühesten Kindheit im Haus ihrer Eltern angestellt war. Die hatten damals wohl gehofft, dass sich die Kleine vor dem Jüngling mit einer Haut so schwarz wie Kohle fürchten würde. Aber sie hatte in sein Herz geblickt und gewusst, dass sie einen Verbündeten gefunden hatte.

      Emmi sah Alvine nun böse an: »Du vertust die Gelegenheit deines Lebens, Winnie! Sosehr dein Vater dich auch liebt, die Fabrik und alles wird er Karl oder eher noch Eduard vermachen und dann musst du doch heiraten.«

      »Meine Brüder werden mich einstellen. Wir leiten das Unternehmen zusammen, sollte es, was Gott verhüte, eines Tages so weit sein. Und wie du weißt, gehört mein alter Herr zum zähen Leder, wie jede Hoheloh. Zudem ist mir unser Schwur ernst. Ich gedenke, niemals zu heiraten!«

      »Das musst du mir nicht sagen«, schnaubte Emmi verächtlich, mit Blick auf zwei passierende Soldaten in Preußischblau, die sie lüstern anlinsten. »Das Mannsvolk ist durch und durch übel und letztlich sind auch dein Vater und deine Brüder ihresgleichen, wenn sie mir jedoch die kleinsten Übel ihrer Gattung zu sein scheinen.«

      »Emmi bei aller Freundschaft: Ich verbiete dir, meine Familie mit denen über einen Kamm zu scheren!«

      Alvine deutete mit einem Nicken in Richtung der kleinen Garde, die sich offenbar nicht sattsehen konnte. Damit erhob sie sich und Emmi tat es ihr gleich. Sie suchten eiligst das Weite quer durch die Grünanlagen. Erst am Goldfischteich verlangsamten sie ihre Schritte. Erfahrungen, die sie bis dato mit den geilen Böcken des kaiserlichen Heeres gemacht hatten, würde sie auf ewig zu einem Gefühl des Unbehagens in deren Nähe verleiten.

      Alvines Unterleib rebellierte, sie musste sich bald frisch machen. Doch ehe sie eine Toilette aufzusuchen gedachte, wollte sie das Thema mit Emmi klären. So setzte sie gleich zum Nächsten an: »Wie kannst du nur alle Männer für so einfältig halten? Das, da du weißt, dass es Ausnahmen gibt?!«

      »Gerade nach den kecken Cochonnerien dieser Kommissköpfe fragst du mich das? Sie sind alle gleich. Dreiste, eitle Pinsel, die alles für sich vereinnahmen wollen«, entgegnete ihr Gegenüber.

      »Es ist doch aber genauso verurteilenswert, wie die Art jener Männer, das weibliche Geschlecht als minderwertig, schwachsinnig und hysterisch abzutun!«

      »Dein Vater sieht es so, nun gut. Deine Brüder auch, weil sie es ihm nachtun. Aber welcher Kerl bitte sonst?«

      »Bebel!«, konterte Alvine.

      »Lass den aus dem Spiel. Auf ihn kommen alle Männer des Reiches, die es nicht so sehen.«

      »Nun gut, dann: Rupprecht!«

      Ihr Gegenüber schwieg und lief ebenso hellrot an wie ihr Haar, das vor Hitze, Schweiß und Zug zerzaust um sie fiel. Ihre Sommersprossen gingen in dieser Färbung unter.

      Alvine kam nicht umhin, ihrer Verwunderung einen Gesichtsausdruck zu schenken, der, wie Emmi nun sah, einer höchst undamenhaften Fratze glich. So starrten sie einander an und schließlich brachen sie in schallendes Gelächter aus.

      Es folgte eine schwesterliche Umarmung, bei der die eine der anderen ins Ohr flüsterte: »Verzeih, du hast so recht. Deine Männer sind großartig.« Als sie sich voneinander lösten, setzte sie nach: »Ich bin gespannt, wann wir einen Weiteren treffen, der von ähnlicher Größe, sowohl in Intellekt als auch Charakter, ist.«

      »Oder einen, der mich erst einmal kennenlernen will und nicht nur meine Mitgift sieht.«

      Emmi lächelte zu der einen Kopf größeren Alvine hinauf. Heimlich bewunderte sie sie für die Vielzahl ihrer Verehrer. Aber wie wäre es anders zu erwarten, bei einer so reichen Tochter? Dann schnappte sie sich Alvines Hut und legte ihn ihr haltlos auf die Frisur.

      »Vielleicht möchte dein Vater, dass du ihn trägst, weil du damit fast beängstigend erscheinst. Da halten wenigstens nicht die Kleinen um dich an.«

      Eine Antwort verstummte unter dem wilden Hufgetrappel, das sich ihnen näherte. Selten, ja eigentlich nie, ritt man dermaßen ungebändigt durch diese Parkanlage und die Flanierer*innen sprangen erschrocken aus dem Weg.

      Nur Alvine bemerkte ihn zu spät und so preschte der Reiter nur eine Elle entfernt an ihr vorbei. Ihr schwerer Hut wurde von dem Luftzug mit Leichtigkeit emporgewirbelt, sodass sie schlagartig begriff, welche Kraft dahinter gesteckt hatte und sie wohl knapp dem Tod entkommen sein mochte. Der Hut drehte sich in der Luft ein paar Mal um sich selbst, ehe er hinabpfiff und mit einem seichten Platscher ufernah im Goldfischteich landete.

      »Was für ein unverschämter …«, setzte Emmi lautstark an, als ihnen und den Umstehenden gewahr wurde, dass der Gemeinte schlagartig sein Pferd gestoppt hatte und es kurzerhand ins Nass lenkte.

      Wie Alvine nun sah, schien er fast zwei Meter hochgewachsen zu sein, sodass es ihm genügte, sich im Sattel sitzend

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