Tod eines Agenten. Lars Gelting

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Tod eines Agenten - Lars Gelting

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      Ein langer Kühl-LKW donnerte in einer Gischtwolke vorbei, zog seinen Blick hinter sich her. Er würde es nicht mehr rechtzeitig schaffen. Die Erkenntnis schmerzte geradezu. Bengtson war eine vorsichtige Ratte. Der würde sich kaum ein zweites Mal herauslocken lassen.

      Erik sandte ihm eine SMS, bat um Zeitverlängerung. Die Antwort kam prompt: „Ok, bis achtzehn Uhr dreißig.“ Es war siebzehn Uhr siebenunddreißig. Kaum eine echte Chance. Verdammt noch mal, was sollte das für ein Spiel sein?

      Er stieg wieder ein, rief sein Navi auf, änderte das Routenprofil auf „kürzeste Strecke“ und gab „Arvika“ ein. Unbekannte Gegend, Dunkelheit und heftiger Regen, was sollte da schon passieren? Er entschloss sich, alles auf eine Karte zu setzen, schloss die Wagentür, und fuhr wieder zurück auf die Straße.

      „Nach zweihundert Metern rechts abbiegen.“

      Na also. Seine Laune hellte sich im gleichen Maße auf, in dem es allmählich dunkel wurde.

      Er bog ab, folgte nach wenigen Minuten der neuen Anweisung und war dann auf der Straße nach „Lenungen“ und zum „Naturreservat Glaskogen“.

      Das Navi wusste offenbar, was er bevorzugte: asphaltierte, gerade verlaufende Straßen und möglichst kein Verkehr. Er jagte den BMW die Straße entlang, schien das einzige Fahrzeug auf dieser Strecke quer durch den Wald zu sein. Misstrauisch machte ihn diese Tatsache erstmal nicht.

      Vier Kilometer später war jedes Misstrauen überflüssig. Übergangslos wechselte der Straßenbelag von Asphalt zu Schotter. Er ahnte sofort, dass er sich verpokert hatte: Regen, Dunkelheit und Schotterstraße quer durch den Wald. Das war wohl die mieseste aller Karten, und er musste sie auf Gedeih und Verderb spielen

      Inzwischen leuchteten die Scheinwerfer eine Regengasse zwischen den Bäumen aus, in der nur sichtbar wurde, was das Licht erfasste. Immer wieder tauchten Kurven überraschend vor ihm auf, zwangen ihn zu hektischen Reaktionen. Die Zeit saß ihm im Nacken, die Fahrt wurde allmählich anstrengend und er verfluchte sein Navi.

      Die Scheibenwischer! Ihr hastiges Hin- und Herhudeln nervte ihn, machte ihn kribbelig. Außerdem beschlugen die Scheiben. Er tastete nach dem Schalter der Klimaanlage. Im gleichen Augenblick huschte etwas durch sein Blickfeld. Sein Blick zuckte hoch: Im bisher dunklen Rückspiegel bewegten sich die Scheinwerfer eines anderen Fahrzeugs, undeutlich und noch weit hinter ihm. Er ließ den Heckscheibenwischer arbeiten.

      Das Gebläse der Klimaanlage lief auf Hochtouren, und er sah wieder in den Rückspiegel. Die Scheinwerfer kamen näher. Solange er auf dieser Schotterpiste fahren musste, mochte er nicht überholt werden und dann eine Dreckschleuder vor sich haben. Er erhöhte die Geschwindigkeit noch etwas, sah in den Spiegel; das Fahrzeug hinter ihm kam dennoch näher heran.

      Vor ihm tauchte die nächste Kurve auf. Der BMW rauschte durch eines der gefühlt zwei Millionen Schlaglöcher, das Wasser spritzte hoch bis an die Seitenscheiben, und gleichzeitig tauchte am Rand der Straße ein kleines, weißes Haus auf. Das Scheinwerferlicht huschte nur rasch über eine Wand, er erkannte eine kleine Treppe zur Haustür und ein einzelnes erleuchtetes Fenster. Dann war er vorbei. Im Scheinwerferlicht vor ihm lag wieder die aufgeweichte Straße.

      Erik sah in den Rückspiegel, zurück zur letzten Kurve. Sah schon den Lichtschein, und sofort danach tauchten in der Kurve die Scheinwerfer auf. Sein Verfolger kam ihm unerbittlich näher, und das machte ihn nervös. Deutlich konnte er jetzt erkennen, dass es sich um ein höheres Fahrzeug handeln musste, einen Geländewagen.

      Und auf einmal war er zu schnell. Die Kurve raste im Regen auf ihn zu. Er war viel zu nah dran, drohte den BMW zu verlieren. Bäume, nur noch Bäume tauchten vor ihm im Scheinwerferlicht auf. Fluchend zog er das Lenkrad herum, weg von den Bäumen. Von unten schlugen Steine gegen den Boden, während er den Wagen durch die Kurve zwang. Eine gefühlte Ewigkeit lang raste er am Rand der Straße entlang, bis er endlich aus der Kurve hinausfuhr, wieder Gewalt über den Wagen bekam.

      Angespannt riskierte er einen schnellen Blick in den Spiegel. Der Kurvenbereich hinter ihm war schon hell beleuchtet.

      Etwas in ihm schlug Alarm.

      Sein Blick fiel zurück zur Straße und gefror.

      Mitten auf der Straße stand jemand. Stand auf dieser aufgeweichten, verdammten Schotterstraße wie ein Wesen aus einer anderen Welt.

      Und er raste darauf zu, unfähig, zu reagieren. Starrte nur auf das Wesen in seinem langen, weißen Gewand, auf den alten Korbkinderwagen, den es quer über die Straße vor sich herschob, im Regen, im Scheinwerferlicht, wie über eine Bühne.

      Dann schoss Panik in ihm hoch. Er schrie, schrie seine Angst heraus, riss das Lenkrad herum. Instinktiv, kein klarer Gedanke. Alles in ihm wollte fort von diesem Wesen, das ihm nun entgegensah, den Mund erschreckt weit aufgerissen, die Augen groß wie Wagenräder.

      Der schwere Wagen rutschte daran vorbei, zu nah, räumte irgendetwas mit dumpfem Aufprall zur Seite.

      Er spürte es, spürte diesen Aufprall geradezu schmerzhaft und stemmte den Fuß auf die Bremse. Stemmte das Pedal nieder mit dem Gewicht seines Körpers, umklammerte das Lenkrad mit beiden Händen. Und dann riss es ihn hoch vom Sitz, als ein Baum seine Fahrt jäh stoppte.

      Das trockene Krachen, mit dem der Wagen an einer Fichte aufschlug, drang ebenso wenig in sein Bewusstsein wie das Auslösen des Airbags, der verhinderte, dass sein Kopf gegen den Holm oder die Scheibe krachte.

      Dann war Stille.

      Ein – zwei Sekunden lang saß er nur da, starrte ins Nichts. Kein Gedanke.

      Die Beifahrertür wurde aufgerissen. „Sind Sie okay?“

      Eine Frauenstimme. Die Innenbeleuchtung war angegangen, er konnte dennoch nur den dunklen Umriss einer Kapuze erkennen.

      ‚Die Frau auf der Straße‘!

      Erik war wieder da. Löste hastig den Gurt, strich mit schnellen Bewegungen kleine Glasbrocken von seiner Kleidung und kletterte über die Mittelkonsole und den Beifahrersitz nach draußen in den Regen. Alles ohne klaren Gedanken.

      „Sind Sie verletzt?“ Die Fremde stand im Dunkeln vor ihm, umgeben von dichtem Buschwerk und nur eine Armlänge entfernt. Nur ihren regentriefenden Wachsmantel konnte er erkennen. Zwischen den tropfenden Büschen hindurch sah er auf der Straße den vor sich hin brabbelnden Geländewagen, einen Range Rover.

      „Halloo – haben Sie sich verletzt?“ Sie sprach laut jetzt, beugte sich etwas vor, um ihn sehen zu können.

      „Ich habe eine Frau angefahren.“ Er ließ sie stehen, hastete an ihr vorbei zur Straße, zum Geländewagen.

      „Hier ist keine Frau.“ Sie hatte ihn eingeholt, sah ihn forschend an. „Außer uns beiden ist hier niemand.“

      „Doch, verdammt noch mal. Sie war hier. Genau hier.“ Seine Hand wies in einen Bereich der Straße, direkt vor den Geländewagen. Im Scheinwerferlicht waren noch die Spuren zu erkennen, die sein schleudernder Wagen im aufgeweichten Schotterboden hinterlassen hatten.

      „Genau hier. Eine große Frau in einem weißen Kleid. Sie schob einen Kinderwagen. So einen uralten kleinen Korbkinderwagen.“ Er sah sie an, sah ihre gefurchte Stirn. „Ja. Ich weiß, das hört sich alles verrückt an. Aber genau so verrückt war es auch. Und ich bin sicher, dass ich sie angefahren habe.“ Der Regen lief ihm in die Augen, er wischte, sah

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