Seal Team 9. Sarah Glicker
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„Kimberley wird Sie nun auf den neusten Stand bringen“, verkündet mein Chef und bedeutet mir, dass ich einen Schritt nach vorne machen soll.
Ein letztes Mal atme ich tief durch, ehe ich mich neben ihn stelle. Dabei kann ich jedoch nicht für mich behalten, dass ich nervös bin.
Ich hasse es, Vorträge halten zu müssen. Und wenn man es genau nimmt, ist es das. Schon in der Schule wollte ich mich am liebsten jedes Mal davor drücken und habe es so oft es nur ging, den anderen überlassen, Referate vorzutragen. Und auch jetzt ist genau das wieder der Fall.
Mir ist allerdings klar, dass keiner meiner Kollegen das übernehmen wird. Und genauso schlagartig wird mir klar, wieso sie wollten, dass ich das übernehme. Ihnen ging es nicht darum, dass ich zu denen gehöre, die am längsten daran sitze und nach ihrer Meinung am meisten darüber weiß. Auf jeden Fall nicht allen. Bei Amelie und Damian kann ich mit Gewissheit sagen, dass sie wollten, dass ich mich blamiere. Schließlich ist es kein Geheimnis, dass ich das nicht gerne mache.
Als ich nun Amelies Blick begegne, erkenne ich das herausfordernde Glitzern darin. Um ihr zu signalisieren, dass mir durchaus klar ist, was sie vorhat, ziehe ich meine Augenbrauen ein Stück nach oben, bevor ich mich auf die Männer konzentriere.
„Wir sind einem internationalen Drogenring auf der Spur. Dieser kommt aus Mexiko, Kuba und dem Nahen Osten. Ein paar Mal hatten wir nun schon die Chance, sie zu schnappen. Allerdings konnten sie sich kurz vorher jedes Mal wieder ins Ausland absetzen“, erkläre ich den Männern souverän und lasse mir dabei nichts anmerken. „Vor drei Wochen haben wir nur noch das bereits startende Flugzeug gesehen und hatten keine Chance mehr, noch einzugreifen. Man kann behaupten, dass es das einzige Mal war, dass wir uns ihnen bis auf wenige Meter nähern konnten. So nah waren wir ihnen bis jetzt noch nie gekommen.“
Ich kann nicht für mich behalten, dass ich nicht sehr froh darüber bin. Allerdings bin ich der Meinung, dass es den meisten so geht. Schließlich haben wir schon viel Zeit in diese Ermittlungen investiert und sind noch keinen Schritt weiter.
Zumindest keinen großen.
Während ich von unseren Fehlschlägen berichte, versuche ich so sachlich wie möglich zu klingen. Dies gelingt mir allerdings nicht so gut, wie ich es gerne hätte. Und das vor allem aus dem Grund, weil Ryan mich keine Sekunde aus den Augen lässt.
Dieser Mann hat eine Wirkung auf mich, die es mir schwermacht, mich auf meine Arbeit zu konzentrieren. Ich kann mich ihm nicht entziehen, egal wie sehr ich es versuche. Ich muss aber auch zugeben, dass ich gerade nicht die nötige Kraft dazu habe.
Bereits jetzt kann ich erahnen, dass die nächste Zeit nicht leicht für mich werden wird. Dennoch werde ich versuchen, es so professionell wie möglich zu halten. Auch wenn mein Gefühl mir sagt, dass es nur ein Versuch bleiben wird. Eine leise Stimme in meinem Kopf flüstert nämlich, dass er es mir nicht leicht machen wird.
Woher ich diese Gewissheit nehme, weiß ich nicht. Doch sie ist da und hält sich beharrlich.
3
Ryan
In dem Moment, in dem ich die Polizistin gesehen habe, habe ich beschlossen, dass ich mir einen Spaß daraus machen werde, dass sie so unsicher ist. Und das sie unsicher ist, hat man auf den ersten Blick erkannt. Schon alleine aus dem Grund, weil sie nicht wusste, wie sie sich verhalten soll, als sie wiederum auf mich aufmerksam geworden ist.
Mit großen Augen hat sie mich überrascht angesehen, während sie von ihren Kollegen dazu gedrängt wurde, in eine Rolle zu schlüpfen, die ihr anscheinend nicht gefällt. Zumindest hat mir das ihr Gesichtsausdruck gesagt.
Während ihres Vortrags hat sie ihren Blick nicht von mir abgewendet. Ich konnte erkennen, dass sie eine Weile gebraucht hat, bis sie verarbeitet hat, dass ich wirklich hier sitze.
Und genauso habe ich gemerkt, dass ihr nicht Wohl dabei war, das Wort zu übernehmen. Und ja, ich habe es nicht besser gemacht, da ich sie schief angegrinst habe. Mehrmals habe ich gemerkt, dass sie kurz davor stand, den Faden zu verlieren. Doch mir gefällt es, dass ich sie so leicht aus der Ruhe bringen kann.
Doch je mehr sie erzählt, umso größer wird meine Wut. Und je mehr von ihr kommt, umso mehr spüre ich die Wut, die von ihr ausgeht. Doch Kimberley ist auch genervt, was ich aber verstehen kann.
Sie ist nicht glücklich darüber, dass sie nach den letzten Wochen und Monaten noch keinen Schritt weiter sind und sie sich nun sogar Hilfe von außerhalb holen mussten. Wenn man es genau nimmt, stehen sie trotz intensiver Arbeit am Anfang. Ich kann nachvollziehen, dass sie nicht begeistert davon ist. Auch wir hatten schon mit harten Fällen zu tun, daher weiß ich, dass es irgendwann nur noch frustrierend ist.
Das erkenne ich genau an ihrem Gesichtsausdruck und den angespannten Muskeln.
Der Unterschied besteht allerdings darin, dass wir es auch so schaffen.
Diesen Gedanken behalte ich allerdings für mich. Vor allem auch deswegen, weil uns noch andere Möglichkeiten zur Verfügung stehen.
Jeden Tag sterben unzählige Menschen an diesem Zeug. Schwangere Frauen nehmen es und machen so schon ihre ungeborenen Kinder abhängig. Mütter und Väter sterben an einer Überdosis und lassen ihre Kinder alleine und schutzlos zurück. Obwohl ich sagen muss, dass sie bei ihren Eltern in diesem Fall wahrscheinlich auch nicht sehr viel Schutz genossen haben. Ich kann mir nämlich nicht vorstellen, dass sie noch in der Lage waren, ihre Kinder zu verteidigen.
Männer, die eh schon als gewalttätig eingestuft werden sollten, gehen auf ihre Frauen und Kinder los, bringen sie unter Umständen sogar um. All das nehmen die Menschen in Kauf, die nur Dollarzeichen in den Augen haben.
Sie weisen die Schuld von sich und erkennen nicht, dass sie genauso schuldig sind wie die Täter. Und das nur aus Profitgier.
„Für mich hört sich das an, als würde es einen Spitzel geben“, erklärt Sean und sieht jeden der Polizisten nacheinander an, nachdem sie geendet hat. Und mit dieser Feststellung spricht er auch den ersten Gedanken aus, der mir im Kopf herumgegangen ist.
Plötzlich ist es still im Raum. Keiner sagt etwas oder bewegt sich. Es dauert eine Ewigkeit, bis einige Sekunden vergangen sind. Auch wenn ich nicht glücklich darüber bin, müssen wir uns vor Augen halten, dass es durchaus so sein könnte.
Ich lasse sie ebenfalls nicht aus den Augen. Daher erkenne ich, dass jeder von ihnen große Augen bekommt. Ein wenig macht es den Anschein auf mich, als hätten sie vorher noch nicht darüber nachgedacht. Und ich muss sagen, dass ich das von Polizisten sehr naiv finde. Wenn Einsätze gegen die gleiche Organisation immer wieder schiefgehen, drängt sich dieser Gedanke einem schließlich auf. Er sollte mit als einer der ersten Vermutungen ausgesprochen werden.
Oder sie haben ein Problem damit, dass Sean diesen Verdacht einfach ausspricht und dabei nicht den Anschein macht, als würde es ihm leidtun.
Allerdings kenne ich meinen Kollegen lange genug, um zu wissen, dass es ihm wirklich nicht leid tut. Dafür hat er aber auch keinen Grund. Schließlich ist es sein Job.
Als ich einen Blick auf Kimberley werfe, erkenne ich, dass sie keine Ahnung hat, wie sie auf diesen Gedankengang reagieren soll. Ihr Blick huscht immer wieder zu mir, als würde