ZAHLTAG IN DER MORTUARY BAR. Eberhard Weidner

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ZAHLTAG IN DER MORTUARY BAR - Eberhard Weidner

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Elend, aber vermutlich kein Bombengeschäft. Nicht in dieser heruntergekommenen Gegend, die seiner Meinung nach die ideale Kulisse für einen Endzeitfilm wäre und nicht einmal dann erfolgreich wiederbelebt werden könnte, wenn man zig Millionen Euro an Steuergeldern hineinpumpen würde. Was in seinen Augen allerdings eine riesige Fehlinvestition wäre. Abreißen wäre die bessere Alternative. Dabei würde wenigstens einer etwas verdienen, und zwar der Abrissunternehmer.

      Angesichts der allmählich verfallenden Häuser ringsum erschien es ihm immer wahrscheinlicher, dass sich jemand einen bösen Scherz mit ihm erlaubt hatte. Neider, die ihm seine geschäftlichen Erfolge missgönnten, und Trottel, die er in den finanziellen Ruin getrieben hatte, gab es mittlerweile wie Sand am Meer. Max fragte sich nur, wie der Anrufer an seine geheime Privatnummer gekommen war.

      Sei’s drum! Er beschloss, nicht noch mehr Zeit sinnlos zu vergeuden, sondern so schnell wie möglich wieder von hier zu verschwinden und stattdessen in eine der momentan angesagten Diskotheken oder Szenekneipen in der Innenstadt zu gehen, die er in einer Nacht wie dieser ohnehin bevorzugte. Irgendwo würde er schon zwei oder zur Abwechslung vielleicht auch mal drei willige blutjunge Frauen finden, die er mit seiner prall gefüllten Brieftasche und seinem guten Aussehen – das er nicht nur seinen Genen, sondern auch den geschickten Händen der weltweit besten und teuersten Schönheitschirurgen zu verdanken hatte – beeindrucken konnte und die ihn anschließend im Schlafzimmer als Gegenleistung für die spendierten Drinks die vertane Zeit vergessen lassen würden.

      Er griff bereits nach dem Zündschlüssel und wollte den Motor starten, als urplötzlich in der Finsternis links von ihm ein blendend rotes Licht zum Leben erwachte. Max wandte erschrocken den Kopf und sah an der Fassade eines baufälligen dreistöckigen Hauses einen roten Neonbuchstaben leuchten. Es handelte sich um ein großes M. Nach fünf Sekunden erlosch das Neon-M, und ein zweiter Buchstabe rechts daneben leuchtete stattdessen auf. Diesmal war es ein o, das ebenso zügig von einem r abgelöst wurde. So ging es munter weiter, bis schließlich der elfte und letzte Buchstabe, ebenfalls wieder ein r, aufschien und verblasste. Nach einer kurzen Phase der Finsternis leuchteten dann alle Buchstaben gleichzeitig auf und bildeten zwei Worte.

      »Mortuary Bar«, las Max leise den roten Neon-Schriftzug und runzelte die Stirn. Soweit er wusste, bedeutete Mortuary übersetzt Leichenhalle. Was für ein bescheuerter Name für ein Nachtlokal? Aber wenigstens handelte es sich eindeutig um eine Bar. Und da Max keine zweite entdecken konnte oder auch nur insgeheim in dieser gottverlassenen Gegend vermutete, musste es sich um exakt die Lokalität handeln, in die der geheimnisvolle Anrufer ihn bestellt hatte, der ausdrücklich von einem Bombengeschäft gesprochen hatte.

      Die Hand noch immer am Zündschlüssel überlegte Max, ob er nicht doch besser wieder wegfahren sollte. Die heruntergekommene, menschenleere Gegend und der makabre Name der Bar verhießen nichts Gutes. Wer nannte seine Bar schon Leichenhalle? Und wer zum Teufel verkehrte eigentlich freiwillig in einem Nachtlokal, das so hieß?

      Andererseits passte der Name in dieses Viertel wie das Tüpfelchen aufs i. Und Max hatte in seiner Laufbahn schon an den ungewöhnlichsten und unwahrscheinlichsten Orten wahre Geldadern aufgespürt. Außerdem, was hatte er schon zu verlieren? Die Sache war doch denkbar einfach: Er marschierte in die Bar, redete ein paar Takte Klartext mit demjenigen, der ihn herbestellt hatte, und stellte so rasch fest, was wirklich hinter dem vermeintlichen Bombengeschäft steckte, denn dafür hatte Max einen Riecher und dabei machte ihm niemand so leicht etwas vor. Wenn es sich nur um die Hirngespinste eines Großmauls oder Träumers handelte, stieg er einfach wieder in seinen Wagen und ließ dieses Ruinenviertel so schnell wie möglich hinter sich, ohne einen einzigen Blick zurückzuwerfen und je wieder einen Fuß hineinzusetzen. Alles in allem würde ihn die ganze Aktion einschließlich An- und Abfahrt höchstens eine Stunde seiner kostbaren Zeit kosten.

      Wenn sich andererseits tatsächlich ein richtig gutes Geschäft dahinter verbarg und er nun einfach wegfuhr … Max wagte den Gedanken nicht einmal zu Ende zu denken, denn der Ärger über eine verpasste Gelegenheit, seine geschäftliche Überlegenheit zu demonstrieren und seinen Reichtum zu mehren, wäre um ein Vielfaches größer als die Verschwendung einer einzigen Stunde seiner Zeit.

      Damit war die Entscheidung gefällt.

      Max zog den Zündschlüssel ab und stieg aus. Nach dem Absperren überprüfte er noch einmal, ob die Türen des Porsche tatsächlich verriegelt waren. In dieser Gegend war Vorsicht besser als Nachsicht, auch wenn er den Eindruck hatte, dass sogar die Autodiebe dieses Viertel mieden und an besseren Orten auf Beutezug gingen. Anschließend näherte er sich mit vorsichtigen Schritten der Neonbeleuchtung an der Wand. Glasscherben knirschten unter den Sohlen seiner Schuhe. Er sah sich aufmerksam nach allen Seiten um, konnte jedoch noch immer niemanden entdecken.

      Unmittelbar unter dem Schriftzug aus leuchtenden Neonröhren führten mehrere steinerne Stufen in die Tiefe. Sie wurden vom blutroten Schein der Leuchtbuchstaben erhellt und wirkten dadurch wie der Zugang zur Unterwelt. Am Ende der Treppe befand sich eine schartige dunkle Holztür.

      Max war nicht der Typ, der sich von vermeintlichen Omen beeindrucken ließ oder in allen Dingen düstere Vorzeichen sah. Es fröstelte ihn zwar leicht, doch er zuckte nur mit den Schultern und schüttelte damit das leichte Unbehagen, das ihn bei dem unheimlichen Anblick befallen hatte, mühelos ab.

      Dann machte er sich vorsichtig an den Abstieg. Das rote Licht ließ die Konturen der Stufen vor seinen Augen verschwimmen und undeutlich werden. Er wollte jedoch keinen Fehltritt tun und die Stufen hinunterfallen und ging langsam. Noch immer knirschte Glas unter seinen Schuhen. Ein Sturz würde ihm nicht nur Prellungen, sondern vermutlich auch Schnittwunden einbringen, von einer möglichen Blutvergiftung gar nicht zu sprechen.

      Auf dem Weg nach unten konnte Max bereits leise Musik hören, die durch die geschlossene Tür gedämpft wurde. Als er sie erreicht hatte, zögerte er keinen weiteren Augenblick, sondern legte die Hand auf die Türklinke und zog die erbärmlich in ihren Angeln quietschende Tür entschlossen auf. Schwacher gelber Lichtschein fiel nach draußen, und sofort wurde auch die Musik ein bisschen lauter.

      Max betrat den dämmrigen Raum, der voller Schatten war, während die Tür hinter ihm laut krachend ins Schloss fiel.

      Unbemerkt von menschlichen Augen gab das leuchtende Neon-O über der Treppe in diesem Moment zischende Geräusche von sich. Funken sprühten in alle Richtungen, dann zersprang die runde Leuchtröhre mit einem klirrenden Laut. Die Scherben regneten zu Boden und fielen zu den anderen in der Gasse und auf den Stufen.

      Einen Augenblick später erloschen auch die übrigen Buchstaben, die den Schriftzug Mortuary Bar gebildet hatten. Die Gasse und der verlassene Sportwagen versanken in noch tieferer Finsternis als zuvor. Und nichts deutete nun noch darauf hin, dass in der schmutzigen Seitenstraße eine Bar existierte.

      Nachdem die Tür hinter ihm zugefallen war, blieb Max eine gute Minute reglos stehen und musterte aufmerksam das Innere der Bar, in der er gelandet war.

      Die Musik war hier drinnen nur unwesentlich lauter als draußen vor der geschlossenen Tür und überstieg damit nicht den Pegel, bei dem man sich noch problemlos unterhalten konnte, ohne schreien zu müssen. Der Raum war sogar für ein Nachtlokal extrem düster und wurde von entschieden zu wenig verborgenen Lichtquellen nur unzureichend erhellt. In der schummrigen Beleuchtung, die mehr schattige Bereiche als helle Lichtoasen erschuf, konnte Max in der Mitte des Raumes eine ringförmige Theke erkennen, die von hohen Barhockern umzingelt und belagert wurde wie eine Wagenburg von einer Horde angreifender Indianer. Drei Hocker waren belegt. Aufgrund der schlechten Lichtverhältnisse konnte Max die anwesenden Gäste allerdings nur schemenhaft erkennen und keine Einzelheiten ausmachen. Er konnte nicht einmal sagen, ob es sich um Männer oder Frauen handelte. Rechts und links vor den Seitenwänden des rechteckigen Raumes reihten sich mehrere Sitznischen aneinander, die aus zwei gegenüberliegenden Bänken

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