ZAHLTAG IN DER MORTUARY BAR. Eberhard Weidner

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ZAHLTAG IN DER MORTUARY BAR - Eberhard Weidner

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daran interessiert, auch noch die anderen Gäste näher in Augenschein zu nehmen oder besser kennenzulernen. Stattdessen war er dankbar für die schlechte Beleuchtung, die die meisten Details seiner Umgebung und die anderen Gäste gnädigerweise vor seinen Blicken verbarg.

      »Na, wie steht’s jetzt mit dem Drink, Hübscher?«, rief sich die Vogelscheuche neben ihm in Erinnerung.

      Verdammte Scheiße!, fluchte Max still in sich hinein. Gevatter Tods hässliche Schwester lässt einfach nicht locker!

      Die verfluchte Alte würde wahrscheinlich erst dann Ruhe geben, wenn sie ihren verdammten Gratis-Drink bekam. Also beschloss Max widerwillig, das erste Mal seit langer Zeit etwas herzugeben, ohne dafür eine angemessene Gegenleistung zu verlangen. Aber wenn die Frau ihn dann nicht länger mit ihrem grässlichen Aussehen und ihrem infernalischen Gestank belästigte, war ihm das ausnahmsweise Lohn genug. Außerdem wollte er ohnehin nur noch allerhöchstens zehn weitere Minuten auf seine Verabredung warten. Wenn der Armleuchter bis dann immer noch nicht aufgetaucht war, würde Max diesen schrecklichen Ort schneller hinter sich lassen, als der knochendürre Barmann »Beehren Sie uns bald wieder!« nuscheln konnte. Vorausgesetzt, der Kerl war überhaupt in der Lage, sich verständlich zu artikulieren. Max befürchtete nämlich ernsthaft, die Vogelscheuche neben ihm könnte ansonsten auf den wahnwitzigen Gedanken kommen, sie müsste sich für den spendierten Drink in irgendeiner in seinen Augen eher perversen Art und Weise bei ihm erkenntlich zeigen. Dabei hatte Max schon Albträume, wenn er nur daran dachte, sie und er könnten … Brrr, da bekam er ja gleich Schüttelfrost!

      Er hob die Hand, um den klapprigen Barkeeper auf sich aufmerksam zu machen, zeigte auf die Frau neben sich und machte die in allen Bars dieser Welt verständliche Geste des Trinkens. Auch wenn der Barkeeper nicht gerade der kommunikativste Vertreter seiner Zunft war, kapierte er dennoch sofort, was Max wollte, und machte sich an die Arbeit. Außerdem schien er genau zu wissen, welchen Drink die Frau bevorzugte, denn er fragte nicht einmal nach. Nach ihrem grässlichen Aussehen zu urteilen, gehörte sie ohnehin zum Inventar der Mortuary Bar.

      »Das ist wirklich ausgesprochen freundlich von dir«, bedankte sie sich umgehend und zog sich zu Max’ grenzenloser Erleichterung wieder etwas mehr ins Halbdunkel zurück, in dem sie saß und das ihre verunstalteten Züge unsichtbar werden ließ.

      Max atmete erleichtert auf, als der widerliche Geruch sogleich weniger intensiv wurde. Er warf einen Blick auf seine Uhr, eine Patek Philippe Sky Moon Tourbillon aus Platin, von der pro Jahr nur zwei Exemplare hergestellt wurden und die beinahe eine Million Schweizer Franken gekostet hatte. Von dem Geld hätte er vermutlich das ganze Stadtviertel mit all seinen Bewohnern kaufen können. Wo, zum Teufel, blieb nur der verdammte Kerl, dem er diesen Trip in den Abort der menschlichen Zivilisation zu verdanken hatte?

      Der Barkeeper materialisierte wie ein Geist im Dämmerlicht hinter der Theke, stellte, gesprächig wie immer, ein Glas vor die Frau und verschwand lautlos. Max wollte lieber gar nicht wissen, wie das eitergelb gefärbte Gesöff hieß, schmeckte oder roch. Aber vielleicht bekamen die Stammgäste ja Besseres kredenzt. Oder sie hatten sich an die ekelhafte Brühe, die hier ausgeschenkt wurde, längst gewöhnt und ihre Speiseröhren und Mägen durch jahrelanges intensives Training gestählt und abgehärtet.

      Die Frau hob das Glas vom Tresen und nahm einen großen Schluck. Es schien ihr zu schmecken. »Ich heiße übrigens Anna«, stellte sie sich vor, nachdem sie das Glas wieder abgesetzt hatte.

      Das blöde Miststück gibt einfach keine Ruhe!, dachte Max verärgert. Die Alte will wohl unbedingt mit mir quatschen. Aber warum eigentlich nicht? Im Augenblick hatte er nichts Besseres zu tun. Außerdem würde er, so wie es aussah, in wenigen Minuten ohnehin den Abflug machen und keine dieser erbärmlichen Gestalten jemals wiedersehen.

      »Hallo, Anna. Ich heiße Max.«

      »Max«, wiederholte Anna nachdenklich, als würde sie sich den Namen wie eine Speise auf der Zunge zergehen lassen, um zu prüfen, ob sie ihr schmeckte oder nicht. »Freut mich echt, dich hier zu treffen, Max

      Max hütete sich davor, etwas Ähnliches zu äußern. Eher hätte er sich die Zunge abgebissen. Stattdessen stieß er ein unverbindliches Brummen aus, das man so oder so deuten konnte. Außerdem würde er sich vermutlich erst dann wirklich freuen können, wenn er wieder in seinem Wagen saß und die Gegenwart dieser Schreckschraube nicht länger ertragen musste.

      »Eins musst du wissen, Max: Ich hab früher mal echt toll ausgesehen«, sagte Anna unvermittelt.

      Ja, ja, dachte Max gelangweilt und unterdrückte ein Gähnen, wer’s glaubt, wird selig. Das muss aber schon ein paar Jahrhunderte her sein! Wenigstens war ihr bewusst, dass sie mittlerweile alles andere als echt toll aussah. »Ach ja?«

      »Ja. Außerdem war ich damals auch beruflich noch erfolgreich.«

      Nun, sieht ganz danach aus, als seien die fetten Jahre jetzt vorbei!, dachte Max und verkniff sich nur mit Mühe ein Lachen über sein gedankliches Wortspiel. Laut fragte er: »Und was machst du jetzt so, Anna?«

      »Na ja, momentan hänge ich eher so herum«, antwortete Anna und gackerte lauthals los, als hätte sie soeben einen köstlichen Witz erzählt, obwohl Max beim besten Willen nichts Komisches an ihrer Äußerung entdecken konnte. Ein paar der anderen Gäste lachten ebenfalls, während der Barkeeper seine ausdruckslose Miene beibehielt, als wäre er nicht nur stumm, sondern auch taub, und weiter Gläser abtrocknete.

      Verdammt! Können diese Arschlöcher sich nicht um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern, anstatt fremde Gespräche zu belauschen?, dachte Max verärgert.

      »Ich hatte damals ein eigenes Geschäft«, fuhr Anna, nun wieder ernsthaft, fort. »Nichts Großartiges, nur eine kleine Modeboutique, aber es reichte und verschaffte mir ein gutes Auskommen. Außerdem blieb jeden Monat noch etwas Geld übrig, das ich auf die hohe Kante legen konnte, um meine Altersversorgung zu sichern.«

      Verdammt, jetzt erzählt sie mir auch noch ihre gottverdammte Lebensgeschichte. Max warf einen verstohlenen Blick auf seine Uhr. Allerhöchstens noch fünf Minuten, dann bin ich unwiderruflich weg. Länger ertrage ich ihr Gewäsch sowieso nicht mehr.

      »Irgendwann wollte ich mir mit meinen Ersparnissen ein kleines Häuschen auf dem Land kaufen. Das war schon immer mein Traum gewesen.«

      Max beobachtete die schattenhafte Gestalt auf dem Barhocker neben ihm aus den Augenwinkeln, während sie sprach. Nun hatte sie es doch noch geschafft, sein Interesse zu wecken, denn er war selbst ein paar Jahre in der Baubranche tätig gewesen. Das hatte ihm ein paar leicht verdiente Millionen eingebracht. Er dachte immer wieder gern an diese Zeit und an die zahlreichen Träumer zurück, die ihm ihr Geld und ihr Vertrauen geschenkt hatten. Dummköpfe! Er hatte sie um beides betrogen und sie am Ende in ihren halb fertiggestellten Bauruinen zurückgelassen. Max lächelte verträumt, als er an die damaligen Bombengeschäfte zurückdachte. Damals war für ihn fast jeden Tag Zahltag gewesen, er hatte das Geld gar nicht so schnell zählen können, wie es in seine Taschen geflossen war.

      »Ich wandte mich damals an einen Bauträger, der mir versprach, ein wunderschönes Einfamilienhaus ganz nach meinen Vorstellungen zu bauen. Und das zu einem verhältnismäßig günstigen Preis. Meine Ersparnisse reichten dafür nicht, also musste ich einen großen Teil finanzieren. Aber mit der Boutique im Rücken war es kein Problem, einen Kredit zu bekommen.«

      Interessiert hörte Max zu. Er konnte sich schon jetzt lebhaft vorstellen, wie diese für einen weniger herzlosen Menschen gewiss rührende Geschichte ausgegangen war.

      »Die Firma begann mit dem Bau, doch schon

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