Schicksalhafter Kompromiss. Christine Feichtinger

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Schicksalhafter Kompromiss - Christine Feichtinger

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aufgestauten Hass auf sie, den er in nüchternem Zustand unterdrückte, bekam sie in seinem betrunkenen Zustand, wenn die Hemmschwelle gefallen war, wie schmerzliche Herzstiche zu spüren. In seiner Hassliebe nörgelte er ständig an ihr herum und beschimpfte sie.

      Wenn er ihr diese Herzstiche wenigstens aus Eifersucht zugefügt hätte, hätte sie das verstanden und sich damit getröstet. Seine unbedachten Aussagen im betrunkenen Zustand „Die Welt wäre so schön, nur nüchtern sollte man nicht werden. Alle haben so schöne Ehefrauen“, ärgerten sie maßlos. Das brachte ihr Selbstwertgefühl ins Wanken. Das konnte nur heißen, dass er sie im nüchternen Zustand nicht anschauen konnte. Sie war ihm entweder zu hässlich oder zu alt. Niemand brauchte ihr zu sagen, wie alt sie aussah. Immer öfters war sie verbittert und hasste ihren Beruf mehr und mehr. Sie wusste selbst am besten, wie sehr die seelischen und körperlichen jahrelangen Strapazen auf der Straße an ihr nagten, welche Folgeschäden dadurch entstanden waren und ihre einstige Schönheit verwelken ließen. Patrik ließ keine Gelegenheit aus, um sie zu demütigen. Als wäre sie ein Zirkuspferd, extra zu seinem Nutzen geschaffen, prahlte er sich augenzwinkernd in weinseliger Runde vor seinen Freunden mit seinem „Rennpferdchen“, bezeichnete sie als treue Dienerin ihres Herren. Um seine unangetastete Macht über sie zu demonstrieren, riss er ihr die Kleider vom Leib, gab seiner Alten einen Klaps auf den Hintern, als wäre sie sein Eigentum, mit dem er machen könne was er wolle. Wehe, wenn sie nicht pünktlich zu Mittag mit dem Geld da war. Dann beschimpfte er sie als unzuverlässige Schlampe. „Ich muss mir eine zweite Einkommensquelle zulegen. Mit dir geht es bergab.“

      In solchen Augenblicken verwünschte sie ihn. Wäre sie ihm nur niemals begegnet. Wo war ihr Stolz geblieben? Wie tief war ihre Abhängigkeit? Gab es ein Entrinnen? Wo waren ihre guten Vorsätze hingekommen, hier Geld zu verdienen, ihre Familie in der Heimat zu unterstützen und im Alter, finanziell unabhängig, zurückzukehren zu ihren Wurzeln in der Heimat?

      Noch schlimmer war es für Angelique, wenn er bewusst seine grauenhafteste Taktik vor seinen Freunden anwandte, um sie zu demütigen und zu kränken. Dann sprach er, als wäre sie nicht da, über junge hübsche Newcomer auf dem Markt, die ihn anhimmelten. Immer dann schürte er ihre Eifersucht und ihr Selbstwertgefühl sank ins Bodenlose. Schürte er ihre Eifersucht, um sie absichtlich zur Weißglut zu bringen? Wollte er sie loswerden und traute sich nicht, den ersten Schritt zu machen? Blieb er nur des Geldes wegen bei ihr und amüsierte sich hinter ihrem Rücken?

      Die immerwährende Eifersucht und Angst, er würde sie bald wegen einer jüngeren, schöneren Frau verlassen, bohrte in ihr und verbreitete sich wie ein Krebsgeschwür. Amüsierte er sich mit ihrem Geld schon mit einer anderen und verprasste ihr schwer verdientes Geld mit ihr? Sie fühlte, wie sie ihn immer mehr verlor und er die Fassade nur wegen ihres Geldes aufrecht hielt. Ihre Liebe zu ihm schien nie zu versiegen und verwies sie auf den schwächeren Posten. Sie sehnte jede Versöhnung herbei. Denn nach jedem Streit, wenn er wieder nüchtern war, ließ Patrik nichts unversucht, sich wieder mit ihr zu versöhnen. Er ließ seinen ganzen Charme spielen, brachte ihr Blumen, führte sie in elegante Restaurants zum Essen aus und bekräftigte, wie sehr er sie liebe.

      Würde sie jemals die Kraft haben, sich von diesem Parasiten zu trennen?

      Als Patrik Lerner aber dann jeden Tag mit Fredy spielte und süchtig nach den Spieltischen wurde, das Geld viel zu schnell ausging und er immer mehr Geld von Angelique forderte, häuften sich die Streitereien.

      Dass Angelique ihrer Familie kein Geld mehr schicken konnte, bedrückte sie. Die Bettelbriefe ihrer Familie aus Rumänien taten ihr weh. Sie beantwortete die Briefe stets mit der Lüge, sie könne kein Geld schicken, da sie krank wäre und derzeit nichts arbeiten könne. Gut, dass sie ihren Landsleuten hier auswich, damit ihre Familie in Rumänien nichts von ihrem Hundeleben, welches sie als Prostituierte führte, erfahren konnte. Sie hätte sich sonst nie mehr getraut, in die Heimat zu fahren, zu ihren streng religiösen Eltern.

      „Du verspielst und verprasst das ganze Geld und bist nie zufrieden mit dem, was ich dir gebe. Ich habe dich verhätschelt und verwöhnt wie einen Märchenprinzen. Du nimmst das Geld als etwas Selbstverständliches an. Nirgends sonst kannst du ohne Mühe und ohne zu arbeiten so viel Geld verprassen.“ Patrik erwiderte nichts.

      Angelique fühlte sich durch ihn immer mehr ausgenützt. Anfangs, in ihrer Verliebtheit, hatte sie es nicht wahrgenommen, dass er die Frechheit hatte, sie zu instruieren, mehr zu verdienen, damit seine Einnahmen größer wurden. Sie schob ihm so viel Geld in seinen gefräßigen Rachen und dennoch war es zu wenig. Mit der Zeit erkannte sie, dass alle seine Schmeicheleien und Heucheleien eigennützig, nur ihrem Geld geschuldet waren. „Ich werde dir in Zukunft das Geld vorteilen und jeden Tag nur Geld für zwei Bier geben“, drohte sie.

      Patrik wurde zornig. „Das war der Deal. Du gehst anschaffen, bringst das Geld nach Hause, dafür bekommst du von mir meinen Familiennamen und die österreichische Staatsbürgerschaft, außerdem wirst du von mir beschützt“, schrie er lautstark.

      „Du bist undankbar, du weißt nicht, wie schwer ich das Geld verdienen muss und wie es jeden Tag schwieriger für mich wird, diesen Job zu machen. Wie lange werde ich diesen Job noch machen können? Was dann, ohne Geld?“, bohrte sie weiter.

      Nach einer Weile klagte sie, dass ihre Kunden immer extravaganter und brutaler werden würden und ihr das Letzte abverlangen würden. Insbesondere die junge Kundschaft verlange nur noch harten Sex. Ohne Schnaps halte sie dieses Leben sowieso nicht aus. Abends, wenn sie anschaffen gehe, fürchte sie diese brutalen, oft blutjungen Rocker, die den harten Sex zum ersten Mal mit ihr ausprobieren wollten. Dazu kam die Angst, in ein fremdes Auto einzusteigen und nicht mehr lebend herauszukommen. Sie kannte einige Prostituierte, welche ermordet worden waren. Deswegen schätzte sie jedes Mal ihre Freier im Wagen ab, wie weit sie in ihrer Perversität gehen würden. Welche brutale Taktik wird er anwenden? Wird dieser Freier mich fesseln und würgen, um an meiner Todesangst Befriedigung zu finden? Oder wird dies allein noch keine Befriedigung für ihn sein?

      Ungerührt, als wäre Patrik taub, schaltete er den Fernseher ein und machte es sich auf der Couch bequem.

      Wieder einmal ärgerte sie sich über seine Gleichgültigkeit. „Ich schiebe dir schon das ganze Geld in deinen gefräßigen Rachen, sodass ich mir für meine alten, kranken Tage nichts beiseitelegen kann. Was, wenn ich geschlechtskrank werde und nichts mehr verdienen kann?“

      Er konnte nichts erwidern, denn er war inzwischen seelenruhig eingeschlafen.

      Als sie kurze Zeit später ihren Schmuck im Dorotheum versetzen musste und auch ihr sauer verdientes, erspartes Geld wie Schneeschmelze in der Sonne dahingeflossen war, machte sie ihn allein dafür verantwortlich. Zudem plagte sie die Eifersucht und ihre Existenz- und Zukunftssorgen meldeten sich wie ein Krebsgeschwür zurück. Insbesondere, wenn sie neue, blutjunge, unverbrauchte Mädchen aller Hautfarben als Konkurrentinnen auf dem Straßenstrich sah, welche am liebsten bei ihrem Eintritt alle anderen verdrängt hätten, wurde ihr klar, dass es wegen ihres alternden, verwelkten Körpers mit dem Geldsegen bald vorbei sein könnte. Bei jedem blutjungen Mädchen am Straßenstrich fühlte sie sich älter. Sie merkte deutlich, wie das Alter an ihr nagte und sie immer unattraktiver wurde. Was sollte sie tun, wenn sie für keinen Freier mehr begehrenswert war?

      Bisher konnten sie nur ihr Erspartes und ihre Heimkehr nach Rumänien zu ihrer Familie über ihre Existenz- und Zukunftssorgen hinwegtrösten. Jetzt, ohne Geld, konnte sie das vergessen. Wenn sie ohne Geld heimkam, war sie nur eine Belastung für ihre Familie.

      Sie fürchtete das Alter, die Krankheit, das Siechtum und die Vorstellung, auf der Straße allein und mittellos zugrunde gehen zu müssen. Ihr gespartes Geld war bisher ihre äußerste Notreserve. Was war aus ihrem Traum geworden, ihren Lebensabend in Rumänien bei ihrer Familie zu verbringen?

      Niemand wusste, wie schwer

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