Schicksalhafter Kompromiss. Christine Feichtinger

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Schicksalhafter Kompromiss - Christine Feichtinger

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entrüstet stotterte: „Hast dein Oltn (Mann) schon unter die Erd’ bracht, möchst mich auch dorthin bringen?“

      Patrik wurde erst nach einer Mutprobe als ihr Freund aufgenommen. Dass die Buben vorher beschlossen hatten, ihm quasi als Aufnahmsprüfung eine Mutprobe aufzuerlegen und ihn erst nach Bestehen dieser Prüfung als Freund aufnehmen würden, wusste er nicht.

      Meist am Sonntagnachmittag trafen sich die älteren Frauen, welche im Dorf verächtlich die Kopftuchmafia genannt wurde, nach dem Rosenkranzbeten. Die Frauen waren mit ein paar Kitteln übereinander bekleidet. Sie trugen keine Unterhosen und saßen auf einer Bank neben der Kapelle etwas außerhalb des Dorfes.

      Es hatte sich im Dorf unter den betrunkenen Männern im Gasthaus herumgesprochen, dass diese Weiber einen obszönen Diskurs führen würden, was die Buben gehört hatten. Vor der Kapelle machten die Frauen ein Knickserl und das Kreuzzeichen und sogleich fing ein paar Schritte weiter auf der Bank der Tratsch und die Verurteilung der Dorfleute, wie bei einem öffentlichen Tribunal, statt. „Die Kopftuchmafia tagt schon wieder, um andere Leute auszurichten und von der eigenen Schande abzulenken“, lachten ihre Gegner im Dorf.

      Unweit dieser Bank befand sich ein Schacht, darüber ein Gitter. Das Gitter hoben die Buben vor dem Eintreffen der Frauen hoch und krochen in den Schacht, um die Weiber zu belauschen. In diesem dunklen Schacht voller Ungeziefer, Mäuse und Ratten hischalten (fröstelten) die Buben lauernd zusammengekauert, um den Tratsch und sonstige Geheimnisse zwischen Eheleuten, einer geheimen Aufklärung gleich, zu erhaschen.

      Und so erzählten die Tratschweiber als enge Vertraute einander lüsterne Geheimnisse, wobei jede der Zuhörerinnen versprechen musste, kein Sterbenswörtchen zu verraten, nicht wissend, dass sie jugendliche Zuhörer im Schacht hatten. Im Normalfall hätten sie nie vor Buben und Mädchen einen solchen obszönen Diskurs geführt, sondern die Kinder immer vorher verjagt. Die eine erzählte, dass die Pfarrersköchin, im Gegenteil zu ihnen, Unterhosen trage und wahrscheinlich jeden Tag wechsle, da sie dies an der aufgehängten Wäsche abzählen könne. Die andere erzählte, dass sie befürchtete, ein Rauschkind auf die Welt zu bringen, denn wenn ihr Mann auch noch so betrunken sei und demzufolge den Kopf kaum in die Höhe brachte, aber unten immer noch tüchtig wäre.

      Die andere sagte: „Gut, dass ich so einen fleißigen, braven Mann habe. Ich brauche nicht in der Hitze auf dem Feld arbeiten und kann mich daheim ausrasten.“

      „Wie machst du das?“, fragte eine andere neugierig.

      „Ich sage ihm, dass ich ihm eine gute Jause und einen Wein nachbringen werde und verspreche ihm, ihn abends für seinen Fleiß im Ehebett zu belohnen. Und dann arbeitet er fleißig allein auf dem Feld. Wenn er dann müde nach Hause kommt, ist er ohnehin zu erschöpft für die Liebe.“ Und alle lachten.

      Der Höhepunkt für die Buben im Schacht war, und dies war der eigentliche Grund, warum sie im Schacht waren, wenn eine Frau in den Schacht urinieren ging und sie im Schacht stehend einen Blick auf deren Geschlechtsteil erhaschen konnten, während sich diese erleichterte. Dass die Frauen unter ihren vielen Kitteln keine Unterhosen trugen, wussten sie. Dann, als eine Frau urinierte, kam ihnen ein stinkendender Geruch wie bei einem toten Fisch, zusammen mit dem Urinstrahl entgegen. Sofort drückten die Buben Patrik unter den Urinstrahl, welchen er mit einem weinerlichen Gesicht und geschlossenen Augen lautlos ertrug und war fortan aufgenommen in ihren Freundeskreis.

      „Das alles bleibt unter uns. Nichts für ungut“, sagten die Frauen beim Abschied, wenn sie ihren Heimweg antraten, während die stillen Mitwisser im Schacht sich versteckt ins Fäustchen lachten.

      Nach dieser Mutprobe gehörte Patrik dazu und hatte durchwegs auch schöne Erlebnisse. Immer, wenn er sich in einem unbeobachteten Moment heimlich davonschlich, hatte er mit den Dorfbuben interessante Erlebnisse. Sie nahmen ihn mit, wenn sie nachts ihre Bubenstückl ausführten, um eine Hetz zu haben.

      Lächelnd erinnerte sich Patrik an den Gründungstag des Verschönerungsvereines im Dorf zurück, an dem sogleich beschlossen wurde, dass die vor den Häusern stehenden alten Zwetschkenbäume entfernt werden müssten, um „neumodische“ Sträucher und Blumen zu pflanzen. Es wurde heftig dabei gestritten. Und am nächsten Tag, als alle Zwetschkenbäume von den Buben umgeschnitten waren, wurde darüber gerätselt, wer dies getan haben könnte. Versonnen erinnerte er sich, wie sie sich heimlich in die Bergkeller schlichen, mit dem Weinheber aus Kürbisgewächs Wein aus den Fässern saugten und sich mit dem Wein betranken. Das rund ums Haus aufgestellte Kukuruzstroh oder die Kukuruzbeikerl (aufgestellte Kukuruzmandl) warfen sie um, verstreuten vom Misthaufen viel Mist auf den Höfen oder versteckten Werkzeug und Holz.

      Freundlich boten sich die Buben bei den Bauern an, die Milch zum Abrahmen in die Milchsammelstelle zu bringen, um den Rahm heimlich abzuschöpfen und ihn zuhause als Süßrahm zu verzehren. Aber auch, um Milch von den fremden Milchkannen in die eigene Milchkanne zu schütten. Sie kletterten mittels einer Räuberleiter oder Steigeisen auf die Bäume und nahmen die Jungen aus den Krähen- und Wachtelnestern oder richteten Krahschrecker aus Stroh vor den Stalltüren auf, sodass diese den Bauern frühmorgens im Dunkeln entgegenfielen. Oder sie warfen Strohtristen um, stahlen das Obst von den Obstbäumen und rissen die Weintrauben von den Reben.

      Und so beschloss Patrik an jenem Abend, nachdem er zusammengeschlagen wurde und voller Schmerzen auf Angelique wartete, seinem Leben eine Kehrtwendung zu geben, in geordnete Bahnen zu lenken und mit ihr aufs Land zu ziehen.

      Ich lasse mich nie wieder zusammenschlagen und werde nie wieder Angst vor einer Schlägerei haben. Deswegen werden wir aufs Land gehen, um ein ruhiges Leben zu führen. Und als am selben Abend noch dazu Angelique wieder einmal vorjammerte, wie schwer ihr Leben auf dem Straßenstrich verlaufen würde, teilte er ihr seinen Entschluss mit. In einem Anflug von Wut, Resignation und Selbstmitleid beteuerte er, er hätte die Nase voll von diesem lasterhaften Leben in dieser Stadt, welches ihn auszehren und krank machen würde. Er erzählte ihr, dass er öfters davon träume, ein neues, bescheidenes Leben mit ihr auf dem Land beginnen zu wollen.

      „Seit einiger Zeit überlege ich, zusammen mit dir ein ruhiges Leben zu beginnen. Ich werde keinen Alkohol mehr trinken und das Geld nicht mehr sinnlos verprassen. Das ruiniert nur meine Gesundheit. Ich möchte mit dir ein neues Leben auf dem Land mit Kindern und Tieren beginnen“, erklärte er sichtlich geläutert, während er seine blauen Flecken betrachtete. „Das Leben auf dem Land ist langsamer, erholsamer, als wärest du im Urlaub. Da habe ich keine Feinde und brauche mich nicht fürchten, niedergeschlagen zu werden“, versuchte er Angelique zu überzeugen.

      „Ich gehe nicht aufs Land und auf gar keinen Fall kriege ich ein Kind“, verneinte Angelique entschieden. Am liebsten hätte sie ihm entgegengeschmettert, dass kein Mann der Welt wert sei, für ihn ein Kind auszutragen.

      Dass er auf derart großen Widerstand stieß, befremdete ihn. Wütend darüber, schrie er: „Du willst die Hurerei gar nicht aufgeben, obwohl du immer jammerst. Dir gefällt es immer, abwechselnde Männer im Bett zu haben. Ein Mann allein genügt dir nicht. Du kriegst nie genug. Weißt du überhaupt, wie viele Freier du schon gehabt hast?“

      In ihrem Zorn, unterstützt durch ihre aufgestaute Wut, funkelte sie ihn an: „Eine ganze Kompanie. Ich könnte mit meinen Freiern eine Leitung rund um die Stadt legen.“

      Einen Augenblick überlegte Patrik. Dann erklärte er, um Versöhnung bemüht: „Ein Kind könnte neues Leben in unsere Beziehung bringen.“

      „Nein, nie und nimmer.“

      Weshalb hätte sie ihm sagen sollen, dass sie durch die vielen Infektionen und Aborte unfruchtbar geworden war?

      „Vor vielen Jahren habe ich einen Sohn bekommen, den ich zur Adoption freigab. Ich habe seitdem

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