Schicksalhafter Kompromiss. Christine Feichtinger

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Schicksalhafter Kompromiss - Christine Feichtinger

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vor Scham anlief.

      Während Patrik und Angelique damals nach dem Besuch bei Großmutter nebeneinander schlenderten, war Patrik sehr schweigsam. Warum soll ich dir von Großmutters Macken erzählen? Das würde nichts ändern. Trotz ihrer Hirngespinste liebte er seine Großmutter wie eine Heilige, so wie sie ihn abgöttisch liebte. Keine andere Frau hatte je den Stellenwert, den seine Großmutter hatte.

      Damals hatte Patrik beschlossen, mit Angelique nie wieder seine Großmutter zu besuchen. Wie zum Trotz hatten Patrik und Angelique geheiratet, als hätten sie sich gegen Patriks Großmutter verschworen. Die Welt ständig schön getrunken, geblendet vom täglichen Geldrausch lobte Patrik bald Angeliques einzigartige Schönheit und Geschäftstüchtigkeit, sodass sie bald glaubte, sie sei durch ihn eine besonders begehrenswerte Frau geworden.

      Das Rotlichtmilieu war Patriks wirkliche Heimat geworden. Hier ging sein Stern auf und seine Leuchtkraft strahlte im zwielichtigen Dunstkreis dieser niederträchtigen Scheinwelt. Hier regierten zweifelhafte, gierige, geile Typen der Unterwelt, mit ihren eigenen, selbst geschaffenen Gesetzen, erhaben über jede Weltordnung vor der Tür, denen Patrik ebenbürtig sein wollte. Sie waren Herrscher in ihrem eigenen Reich. Einmischung und Widerspruch wurde nicht geduldet. Patrik bewunderte ihre unantastbare Autorität. Er sah, wie sie geliebt, verehrt und zugleich gefürchtet wurden von den unterknechteten, dienenden, ausgebeuteten, meist weiblichen Lakaien.

      Wie gerne hätte er an ihrer Stelle jeden Tag das Geld als seines gezählt und das Schwarzgeld sichergestellt.

      Und dennoch traten bald dunkle Schatten in Patriks Leben auf. Immer öfters machte Patrik betrunken Ärger, wenn er beim Spiel viel Geld verlor.

      An einem Donnerstagabend, als er wieder einmal von den Schlägertrupps des Rotlichtmilieus zusammengeschlagen, nackt, blutend im Straßengraben mit blauen Flecken übersät lag, dann langsam voller Schmerzen heimhumpelte, überlegte er verbittert, sein aufreibendes, kriminelles Leben in der Stadt zu beenden und ein ruhiges Leben mit Angelique auf dem Land zu führen. Vielleicht würden sich die Kameraden im Dorf wieder freuen, wenn er sie wieder besuchen würde. Sie könnten die alten Erinnerungen und Bubenstücke wieder auffrischen.

      Großvater mit seiner Besserwisserei und Großmutter mit ihrer unleidlichen Überheblichkeit, Angeberei und Überfürsorglichkeit beschämten ihn und machten ihn anfangs zum Außenseiter, sodass er gemieden und ausgelacht wurde von den Dorfbuben. Deshalb war er oft böse auf seine Großeltern.

      Eigentlich durfte er zufolge des Verbotes seiner Großmutter nicht mit den dummen Bauernlümmeln beisammen sein.

      Sobald sich neugierige Bauernkinder, Kleinkinder, von älteren Geschwistern am Rücken getragen, mit ausgewetzten, geflickten Schürzen und Schuhen ihm näherten und hinter vorgehaltener Hand kicherten, stieß Großmutter sie hochnäsig weg. „Geht weg ihr stinkenden Bauernkinder. Wir sind aus der Stadt. Wir sind was Besseres. Ihr stinkt vom Misthaufen, von der Jauche und vom Stall. Unser Patrik ist vornehm und gebildet. Er darf nicht spielen mit euch. Wir wollen mit euch nichts zu tun haben.“

      Im nächsten Moment betrachtete er seine Narbe an der Hand, die er den Dorfbuben zu verdanken hatte.

      Plötzlich breiteten sich seine schlimmen Erinnerungen mit den Buben ungehindert aus, welche wie ein Brandmal an ihm hafteten. Unweigerlich musste er daran denken, wie ausgelacht und verhöhnt seine Großeltern und er von den Buben, den Dorfleuten und ihren Verwandten wurden. Nicht genug, dass er oft von den Buben wegen seiner Großeltern gehänselt wurde, wurde er oft auch als Sündenbock und Bauernopfer missbraucht. Patrik war es äußerst peinlich, wenn seine Großmutter ihn als Grund dafür vorschob, Forderungen an ihre Verwandten zu stellen. „Unser Patrik ist was Besseres. Er ist es nicht gewohnt, in einem Federnbett zu schlafen. Das Brot essen wir nur vom Bäcker. Die Eier, das Fleisch und die Milch müssen gekauft werden, denn von den dreckigen, stinkenden Ställen essen wir keine Produkte. Dass wir die Notdurft im von Hühnern verdreckten Abort im Freien verrichten müssen, ist eine Zumutung für uns“, erklärte sie vor ihren Verwandten.

      Wenn Patrik hinfiel, sich seine Knie aufschürfte, glich dies einem Weltuntergang. „Der arme Bub hat sich verletzt und schuld dran seid nur ihr, weil ihr ihn verführt habt. Es hätte viel schlimmer ausgehen können, er hätte tot sein können“, schimpfte sie die Dorfbuben.

      „Diese Bauernkinder sind rückständig und zu gewöhnlich für dich. Du brauchst dich nicht abgeben mit ihnen“, belehrte sie Patrik vor den anwesenden Buben.

      Die Buben äfften seine Großmutter nach. „Deine Großmutter tut so, als wärest du ein Prinz.“

      Ebenso durfte Patrik nie auf einen Baum klettern, da seine Großmutter Angst hatte, er könne sich verletzen. Als Vorsorge musste er immer, bei jeder Hitze, lange Hosen über seine kurze Lederhose und lange Hemden tragen.

      Die Eltern der Bauernkinder hitzten (hetzten) ihre Kinder gegen Patrik auf. „Zeigt es dem verwöhnten Städter, dass die Bauernbuben stärker sind. Seine Großmutter hält ihm immer die Stange (nimmt ihn in Schutz). Der hat eh nur eine große Goschen, sonst ist er feig, er traut sich nichts. Verpasst ihm eine Abreibung. Ihr seid viel stärker“, stachelten sie ihre Buben an. Dann lachten die Buben über ihn: „Du bist ein wehleidiges Weichei, du Städter traust dich nichts, du tust nur groß reden. Und deine Großeltern sind erst komische Vögel. Die gehören ausgestopft und im Museum ausgestellt. Und dabei bilden sie sich noch ein, sie seien etwas Besseres wie wir.“

      Immer, wenn die Buben etwas angestellt hatten, machten sie Patrik zum Sündenbock. Nie konnte er sich sicher sein, ob sie ihn nur deshalb mitnahmen, um ihn als den Schuldigen und als ihr Bauernopfer zu missbrauchen. So kam es vor, dass sie ihn nach einer Missetat in die Selch oder in den Abort von Bauern einsperrten, wobei er jedes Mal durch dessen Hund verraten wurde. Und wenn die Bauern ihn im Versteck fanden, verfolgten sie Patrik mit der Mistgabel und die Buben lachten.

      Oder sie stellten eine Leiter an die Obstbäume und zogen diese weg, wenn er auf dem Baum war, liefen fort, sodass ihn die Besitzer beim Stehlen erwischten und ihre Hunde auf ihn hetzten. Versteckt beobachteten sie ihn, wenn er in ein Dornengebüsch sprang, sich verletzte, um zu fliehen.

      Patrik wollte dazugehören und mit den Buben auch Spaß haben. Und so bemühte er sich, ihnen zu gefallen, um sie als Freunde zu gewinnen. Sobald die Luft rein war, lockte er die Buben in das Haus seiner verkalkten Urgroßmutter, um sie zusammen mit den Buben zum Narren zu halten.

      Meist saß seine Urgroßmutter im schönsten Gewand beim Fernsehen. „Warum haben Sie sich so schön angezogen?“, fragten die Buben, worauf sie antwortete: „Die da drinnen im Fernsehen sind auch alle schön angezogen. Sie schauen auch immer auf mich, ob ich ordentlich angezogen bin.“ Oder Patriks Urgroßmutter fragte die Buben: „Ist das alles wahr, was im Fernsehen zu sehen ist?“ Ein anderes Mal fragte sie entrüstet, warum beim Fußballmatch nur ein Ball im Spielfeld wäre und alle Spieler nur dem einen Ball nachlaufen würden, sie sollten doch mehr Bälle ins Feld werfen, sodass alle lachten.

      Dann erzählte Patriks Urgroßmutter, dass sie schon überall gewesen sei, in Amerika-Bergen und auch sonst überall in der Welt. Als sie dann gefragt wurde, ob sie auch schon im Esels-Berg gewesen wäre, antwortete sie: „Ja, ja, dort war ich auch schon.“

      Wenn sie ihre kleine Rente vom Briefträger ausbezahlt bekam, war es immer ein lustiges Theater für die Buben. Wenn sie einen lichten Moment hatte und der Briefträger ihr die Rente auszahlte, so jammerte sie ihm vor, das könne nicht wahr sein, dass sie nicht mehr Rente bekomme, ihre Nachbarin habe auch nicht mehr gearbeitet als sie und würde mehr bekommen. Da stimme etwas nicht, er müsse sich irren. Der Briefträger erklärte geduldig, er könne nicht mehr auszahlen, als auf dem Pensionsabschnitt stehe. Sie erwiderte: „Wozu habe ich so viel gearbeitet und mich

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