Schicksalhafter Kompromiss. Christine Feichtinger

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Schicksalhafter Kompromiss - Christine Feichtinger

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willst du gehen?“

      „Ich gehe meinen Vater suchen“, hatte er trotzig erklärt.

      Seinen Vater kannte er nicht. In der Schule wurde er oft deswegen gehänselt.

      Solange er sich zurückerinnern konnte, versuchte er sich vorzustellen, wer sein Vater war und wie er aussah. War er verheiratet? Hatte er Kinder? Warum hatte er sich nie bei ihm gemeldet?

      „Du wirst ihn nicht finden, bleib da. Du bist ein undankbarer Bengel. Wer wird sich um mich kümmern, wenn ich krank bin? Du bist es mir schuldig. Dein Großvater würde sich im Grabe umdrehen, wenn er wüsste, was aus dir geworden ist. Er war ein angesehener Beamter und wollte nur das Beste für dich“, weinte sie hemmungslos. Das war das Letzte, was Patrik hörte, nachdem er die Tür, in der Hand den Koffer mit seinen Habseligkeiten, zugeknallt hatte und sein unbekanntes Ziel anstrebte.

      Immer, wenn seine Großmutter nicht weiter wusste, redete sie ihm, so lange Großvater am Leben war, ins Gewissen, anständig zu sein und ebenso einen Beamtenberuf wie Großvater zu ergreifen oder drohte ihm mit Großvater. Ich werde ihm alles erzählen und dann wirst du schon sehen.

      Ja, mein Großvater war ein Beamter, aber auch ein Tyrann. Er behandelte dich von oben herab, befahl und du hattest zu gehorchen, denn er war der Brotverdiener und Patriarch, sinnierte Patrik. Das wolltest du nie wahrhaben, hast immer den schönen Schein nach außen hin bewahrt und jetzt verdrängst du es noch immer.

      Nach diesem Streit war Patrik lange Zeit verschwunden. Zurück ließ er seine besorgte Großmutter, die nun nicht nur wegen seiner Mutter, sondern auch seinetwegen einsam und verlassen oft weinte und betete.

      Patriks bittere Lehrjahre auf der Straße, auf sich allein gestellt, im Kampf um jede Begehrlichkeit, hatten ihn hart und unnachgiebig in seinem Bestreben gemacht. Damals, als er zum Mann reifte, die grenzenlose Freiheit genoss, hatte er für leicht verdientes Geld die verschiedensten Gelegenheitsjobs angenommen, in welchen er meist mit einem Bein im Gefängnis stand.

      Seine Devise war: Erlaubt ist alles, nur erwischen darf man sich nicht lassen. Dennoch hatte er sich bei einem Raubüberfall erwischen lassen und landete im Gefängnis. Er bezeichnete später diesen Raubüberfall, bei dem er Schmiere stand, immer als besoffene Geschichte und Jugendsünde. In einer Bar soff er mit einigen ihm unbekannten Kumpeln. Diese Kumpel luden ihn und Fredy, den er dort kennen lernte, ein, und zahlten ihre Zeche. Dann, zu später Nachtstunde, trat einer dieser Saufkumpel an Fredy und ihn heran und fragte, ob sie sich ohne Anstrengung schnell ein paar Kröten verdienen und vor einem Haus Schmiere stehen würden, um ihnen sofort zu melden, wenn die Polizei käme. Einer von ihnen hätte noch eine offene Rechnung mit dem Hausbewohner offen. Draufgängerisch und enthemmt durch den Alkohol, stimmten Fredy und Patrik zu. Geld brauchte Patrik immer. Und so standen Patrik und Fredy Schmiere, während diese Saufkumpel mit einem Koffer in der Dunkelheit der Nacht die fremde Tür aufbrachen und ins Haus schlichen. Tatsächlich kam die Polizei und nahm Patrik als Mitbeteiligter an diesem Einbruch fest. Erst später, als Patrik vor Gericht stand, erfuhr er, dass dieser ihm unbekannte Einbrecher, dessen Scheidungsverfahren lief, bei seinen dort wohnenden reichen Schwiegereltern einen Goldbarren und ihre Münzensammlung rauben wollte. Während Patrik gefasst wurde, konnte Fredy entkommen. Fredys Teilnahme am Raubüberfall verriet Patrik nie. Was hätte es ihm genützt, wenn auch Fredy ins Gefängnis hätte gehen müssen. Er war ihm in Freiheit, in seiner Schuld, besser dienlich. Sobald ich von ihm etwas brauche, werde ich ihn daran erinnern, dass er in meiner Schuld steht und mir noch einen Gefallen schuldig ist. Sollte er nicht spuren, werde ich ihn verpfeifen.

      Als sich endlich die Gefängnistore für Patrik öffneten, überlegte er, wohin er gehen sollte. Zuerst war er versucht, seiner Großmutter einen Besuch abzustatten. Er liebte seine Großmutter über alles, genauso wie sie ihn abgöttisch liebte. „Du, mein Liebling, bist die Sonne meines Herzens und der Grund, warum ich morgens gerne aufstehe. Mache uns keine Schande“, hatte sie ihm immer seit Kindheitstagen gepredigt. Diese Predigten hatte er sich in seiner einsamen Zelle oft vergegenwärtigt. Und oft hatte er bereut, sie so enttäuscht zu haben. Auf einer Bank sitzend, überlegte Patrik, wie sehr er sie enttäuscht, verletzt und das von ihr erwünschte Idealbild zerstört hatte mit seinem Gefängnisaufenthalt. Wie sollte er ihr jemals wieder unter die Augen treten? Soll ich zu ihr gehen? Zuerst würde seine Großmutter ihm glücklich um den Hals fallen, froh, ihn wieder zu sehen. Sogleich würde sie ihm Vorwürfe machen, wie viel Sorgen sie sich um ihn gemacht hätte und dass er nie wieder spurlos verschwinden dürfe. Aber dann würde gleich das befürchtete Verhör beginnen. Wo warst du so lange? Ihr von seiner Beteiligung an einem Raubüberfall und seinem Gefängnisaufenthalt zu erzählen und ihr so viel Leid auferlegen, wollte er nicht. Gut, dass seine Tätowierung am Rücken, von einem Gefängnisinsassen angefertigt, unter seinem Hemd nicht sichtbar war. Er sah ihr enttäuschtes Gesicht förmlich vor sich, wenn er auf ihre Fragen, ob er einen Job habe und ein anständiges Mädchen kennen gelernt hätte, verneinen musste. Vielleicht sollte er sie anlügen und sagen, er hätte eine lange Reise gemacht. Aber dann hätte sie ihn gelöchert, wo er gewesen war, und Fotos verlangt. Er kannte ihre Unnachgiebigkeit und ihre Fähigkeit, ihn zu durchschauen. Sie hatte ihn noch bei jeder Lüge erwischt. Trotzdem hättest du mir eine Karte schicken können, hätte sie gesagt. Vielleicht wusste sie inzwischen, dass er im Gefängnis war und er konnte es nicht abstreiten? Wenn sie von seiner Straftat und seinem Gefängnisaufenthalt inzwischen erfahren hätte, hätte sie ihm vorgeweint, dass er ihr damit das Herz brechen würde. Wie schwer es für sie wäre, zuschauen zu müssen, wie sehr er ihre gute Erziehung und ihre Lehren verschmähte und wie undankbar er wäre. So wie sie öfters jammerte: „Du vergeudest dein Leben und wirfst deine Zukunft weg. Hör endlich mit dem Spielen auf und beginne ein neues, anständiges Leben.“ Dann würden unweigerlich Vorwürfe wie „Du machst mir so große Sorgen. Du hast mich so schwer enttäuscht wie deine Mutter, die auch abgehauen ist“, kommen. „Und gerade bei dir wollte ich mich bemühen, dass sich das nicht wiederholt. Und nun machst du mir die gleichen Sorgen.“ Und zum Schluss würde sie wie immer die Schuld bei sich selber suchen und in Selbstvorwürfe verfallen: „Meine Bemühungen, aus dir einen anständigen Jungen zu machen, sind gescheitert, du bist undankbar, du lohnst mir mein Bemühen nicht. Das habe ich nicht verdient. Ich habe versagt, du wirst noch in der Gosse landen“, was ihn am meisten gekränkt hätte.

      Und so hatte er die Wahl gehabt, entweder heim zu Großmutter zu gehen, sich ihren moralischen Vorstellungen und Vorwürfen zu unterwerfen, oder die Laufbahn eines Kriminellen einzuschlagen oder sich andere lukrative Einkünfte zu suchen. Er entschied sich für das Abenteuer und die unbegrenzte Freiheit der Straße.

      Patriks Affären als Lebenselixier

       Einfache Genüsse sind die letzte Zuflucht komplizierter Menschen

       Lord Kitchener

      Diese lehrreiche Zeit, wo er zum Mann reifte und von erfahrenen Damen in die Liebe eingeführt wurde, bezeichnete er später immer als seine glücklichste Zeit, in der er äußerst amüsante Erfahrungen sammelte und das Leben aus einer leichtlebigen, anrüchigen Sicht kennen lernte.

      Er musste insgeheim lächeln, als er an seine wilde Zeit im Jahre 1968 in der Flowerpower-Zeit im Jugendalter zurückdachte.

      Sofort schwelgte er in Nostalgie. Er erinnerte sich gerne zurück an seine „Goldenen Zeiten“, wie er diese Zeit der erwachten Manneskraft und der entdeckten höchsten Lust- und Befriedigungsgefühle immer nannte, so wie man sich an einen schönen Film gerne zurückerinnert.

      Als er nach seiner Entlassung seine erste Nacht im Park verbrachte, stieß er auf eine Gruppe von langhaarigen, selbstlosen Straßenmusikanten mit Handtrommeln und Flöten, Malern, selbsternannten Künstlern, Schauspielern, die von Luft, Liebe,

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