Schicksalhafter Kompromiss. Christine Feichtinger

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Schicksalhafter Kompromiss - Christine Feichtinger

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verabschiedeten sich Patrik und Angelique, während Patriks Großmutter ein Stoßgebet zum Himmel schickte. Herrgott, hilf. Frieda, du hast es dir leicht gemacht, bist einfach abgehauen und hast mir das ganze Schlamassel hinterlassen. Er ist genauso liederlich und leicht verführbar für alle sündhaften Reize wie du.

      Angelique gab Großmutter mit ihrem süßesten, hinterlistigsten Lächeln die Hand. Du siehst mich nicht wieder.

      Auf dem Heimweg ärgerte sich Angelique und verhöhnte seine Großmutter.

      „Denk doch daran, dein Großvater war Beamter, wir verkehrten nur in besseren Kreisen“, äffte Angelique seine Großmutter nach, während Patrik die Augen empört verdrehte.

      Hunderte Male hatte Patrik das schon gehört.

      „Die hat einen Vogel im Hirn. Nur weil ihr Mann ein Beamter war, bildet sie sich ein, etwas Besseres zu sein. Sie glaubt, alle seien unter ihrer Würde, und dass sie deshalb alle beleidigen kann“, lästerte Angelique.

      „Sie ist alt, lass sie doch“, verteidigte Patrik seine Großmutter.

      „Sie ist unter deiner Würde. Wirf dein Leben nicht weg. Ich bete immer für dich, Patrik, dass du ein anständiges Leben führen sollst. In welchem Jahrhundert lebt diese alte Dame eigentlich?“

      „Sie, als gläubige Frau, hat eben ihre Moralvorstellungen.“

      „Sie verachtet mich. Sie lebt in einer bereits untergegangenen Welt. Die sieht mich nie wieder. Sie kennt die harten Gesetze der Straße nicht. Lieber würde sie ehrenvoll verhungern, als mit einem Mann für Geld zu schlafen“, beklagte sich Angelique entrüstet.

      „Sie kennt es nicht anders“, versuchte Patrik Angelique zu beruhigen.

      „Die hat einen Knall, du brauchst sie nicht zu entschuldigen.“

      Das brauchst du mir nicht zu sagen. Das weiß ich sowieso, dachte Patrik. Ja, seine Großmutter war komisch. Sie war stolz und abgehoben. Patrik kannte die Eigenheiten seiner Großmutter am besten und schämte sich oft ihretwegen.

      Als eingebildete, ehemalige Beamtengattin gab sie sich nur mit besser gestellten Menschen ab, als wären alle anderen, egal wie fleißig sie waren und wie viel sie sich erwirtschaftet hatten, unter ihrem Stand. Es schien, als hätte sie sich dieses Trostpflaster als Ausgleich für ihre unglückliche Ehe zurechtgelegt. Niemand wusste besser als Patrik, wie oft er wegen seiner Großmutter ausgelacht wurde. Er hatte sich wegen seiner Großmutter schon viele Hänseleien während der Schulzeit anhören müssen. Denn sie hatte ihn so verwöhnt und bis zur Schulzeit so kindisch mit ihm gesprochen, dass er vieles in der Schule nicht verstand und deswegen verhöhnt wurde. Zufolge ihrer Sparsamkeit kaufte sie ihm selten neue Hosen, so dass er mit viel zu kurzen Hosen und Hemden herumlief und auch deshalb ausgelacht wurde. Als Gattin eines Beamten glaubte seine Großmutter ob ihrer vermeintlichen Besserstellung alle Rechte zu haben. Am liebsten ließ sie sich vom Chef persönlich bedienen in den Geschäften, Lehrlinge waren unter ihrer Würde. Wenn sie Schuhe kaufen wollte, trug sie die Schuhe heim zum Probieren und als sie einmal die Schuhe nicht zeitgerecht zurückbrachte, griff der Schuster zu einem Trick und gab ihr nur immer einen Schuh zum Probieren mit nach Hause. Niemals hätte sie ein Brot oder sonstige Lebensmittel angefasst, die vorher von einem Mann angegriffen worden waren, da Männer mit denselben Händen ihre unreinen Körper-stellen anfassten. Jedes Holzstück für das Heizen im Ofen, das ihr Mann aus dem Keller holte, musste er vorher im Keller mit einer Bürste abbürsten.

      Jedes Mal, wenn sie von der heiligen Messe heimkam, bürstete sie ihren Faltenrock aus und gab ihn in Truhe. Dann bürstete sie den alten Anzug, insbesondere die Nähte, ihres Gatten aus und hängte diesen in den Kasten. Sie verurteilte Frauen ohne Manieren, weiters Frauen, die Tischwäsche oder Geschirrtücher neben den Unterhosen an der Wäscheleine aufhängten. Dies war für sie obszön. Sie war eine hypochondrische Simulantin und eine eingebildete Kranke, die immer behauptete, Rheuma zu haben und deshalb immer mit eingebundenem Kopf und Händen herumging. Großmutter, hast du Kopfweh, hatte sie Patrik oft besorgt gefragt. „Nein, aber der Kopf könnte anfangen zum Wehtun“, hatte sie oft erwidert.

      Nie hätte sie mit bloßer Hand ihre Kredenzgriffe oder Türklinken benützt, sondern hatte immer ein Geschirrtuch in der Hand, um sich ihre Hände nicht am kalten Griff zu verkühlen. Und abends nahm sie das Fernglas, besichtigte wichtigtuerisch die Himmelsgestirne, reimte sich allerlei Unheil bringende, künftige Vorkommnisse zusammen, um der Astrologie zu frönen.

      „Was für eine Schande. Wir sind bessere Leute. Unsere Verwandten und alle im Dorf werden lachen über dich“, verhöhnte Angelique Patriks Großmutter wieder und riss Patrik aus seinen Gedanken.

      „Ja, das war ihr sehr wichtig, dass alle in ihrem Heimatdorf am Land den Eindruck gewannen, sie hätte sich von ihrer Herkunft als einfaches Bauernmädchen verabschiedet, mit ihrer Heirat einen Glücksgriff gemacht und gehöre mit ihrem Beamtengatten der höheren Schicht an“, erwiderte Patrik.

      Ja, Großmutter würde sich schämen vor ihren Verwandten im Dorf wegen ihrer alten, verwelkten Schwiegertochter mit ihrer vulgären Art.

      Aber wie sehr sie und sein Großvater von ihren Verwandten verhöhnt und verlacht wurden im Dorf und er sich dafür schämte, wusste Großmutter nicht.

      Jedes Mal, wenn er als Kind mit seinen Großeltern im Heimatdorf seiner Großmutter mit dem Bus ankam, wo sie zu Hochzeiten und Geburtstagsfeiern bei ihren Verwandten eingeladen waren, spielte sich Großmutter als Beamtengattin auf und Patrik schämte sich sowohl ihretwegen als auch wegen seines Großvaters.

      Sobald sie im Dorf auftauchten, spotteten die Leute: „Die Städter mit ihrem Vogel sind wieder da.“ Und bald gab es ein Gelächter unter den Bauern. Mit ihrem Aufzug und ihrem Benehmen machten sie sich im Dorf lächerlich. Beide Großeltern waren immer in dieselbe altmodische Kleidung gekleidet. Sobald sie in ihrer altmodischen Kleidung und Schuhen, Hüten mit Federn, ins Dorf kamen, waren sie dem Gespött der Dorfbewohner ausgesetzt. Im Winter trugen sie ihre Jacken unterhalb ihrer Mäntel aus Angst, dass die Jacken derweil zuhause gestohlen werden könnten. Wenn Großmutter mit ihren Stöckelschuhen auf der Gasse in den Gatsch oder auf die Exkremente der Gänse, Hühner, Enten, Hunde stieg, wurde sie wütend und scheuchte alle Tiere weg.

      Sowohl Großmutter als auch Großvater trugen in ihren Rucksäcken ihre wertvollsten Gegenstände und Barvermögen mit, aus Angst, zuhause ausgeraubt zu werden, und ließen diese Rucksäcke nie aus den Augen, damit sie nicht gestohlen werden konnten. Zuhause hatten sie vor ihrem Weggang alle Schränke verbarrikadiert, um einen eventuellen Dieb aufhalten zu können, bis er entdeckt werden würde. In der einen Hand trug Großvater den Käfig mit dem Papagei, in der anderen Hand eine Topfpflanze, da sie niemanden bitten konnten, den Papagei oder die Topfpflanze zu betreuen, weil ihre Bekannten alle unter ihrer Würde waren. Großvater sah mit seinem Schnauzer, seinen Hosenträgern, in seiner Hose mit einem eingesetzten Zwickel am Gesäßteil, seinen Ärmelschonern, Nickelbrille und zwei Hüten übereinander so komisch aus, als wirke er zusammen mit Charly Chaplin in einem Stummfilm aus längst vergangenen Zeiten mit.

      „Sie ist verrückt und hochnäsig. Sie benimmt sich so, als wäre sie die Königin von England“, schimpfte Angelique wieder.

      Als hätte sie wie bei einer Gedankenübertragung Patriks Gedanken erraten. Tatsächlich kannte er diese Bezeichnung für seine Großmutter von den Verwandten am Land. Heimlich musste er lächeln.

      Sobald Patrik sich von seinen Großeltern entfernte und seine Großmutter außer Sicht- und Hörweite war, hörte er die Verwandten über sie lästern.

      „Unsere Königin von

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