GRABESDUNKEL STEHT DER WALD. Eberhard Weidner

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GRABESDUNKEL STEHT DER WALD - Eberhard Weidner

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Cora so deutlich in Erinnerung geblieben, obwohl sie sich nur ein einziges Mal begegnet waren, sondern in erster Linie aus dem Grund, weil Anja Spangenberg nach Coras Ehemann Markus suchte, der beinahe auf den Tag genau vor drei Monaten von einem Tag auf den anderen spurlos verschwunden und seitdem nicht wieder aufgetaucht war.

      »Frau Eichholz? Sind Sie noch dran?«

      Cora stieß die Luft aus, die sie erneut angehalten hatte, ohne es überhaupt zu bemerken. »Natürlich bin ich noch dran!«, versetzte sie dann in einem aggressiveren Tonfall, als sie es eigentlich beabsichtigt hatte.

      Die Polizistin erwiderte nichts darauf und hüllte sich in Schweigen. Nicht einmal das Geräusch ihres Atmens war durch die Telefonverbindung zu hören. Zweifellos hatte sie von den Angehörigen der Vermissten, nach denen sie tagtäglich suchte, schon so manches zu hören bekommen und wusste daher auch damit umzugehen, ohne es den Leuten übelzunehmen, die oft unter enormem emotionalen Stress standen und nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen konnten.

      »Entschuldigen Sie«, sagte Cora nach einem Moment des Schweigens und Nachdenkens. »Ich habe nur …« Sie verstummte, weil sie selbst nicht wusste, was sie eigentlich sagen wollte.

      »… nicht mehr mit einem Anruf von der Vermisstenstelle gerechnet?«, vollendete Anja Spangenberg den Satz an ihrer Stelle.

      Cora nickte. »Ja. Das wird es wohl sein.« Sie seufzte tief, bevor sie schließlich die alles entscheidenden Fragen stellte. »Weswegen rufen Sie an? Gibt es etwa … Neuigkeiten über meinen Mann?«

      »Genau deswegen rufe ich Sie an. Es gibt tatsächlich Neuigkeiten.«

      »Und um welche Neuigkeiten handelt es sich?«, fragte Cora zaghaft.

      Entweder hatte die Polizistin die Angst in ihrer Stimme gehört, oder sie wusste aus Erfahrung, wie Angehörige in solchen Fällen reagierten, denn sie sagte: »Keine Angst, Frau Eichholz! Es handelt sich um gute Neuigkeiten.«

      »G…g…gute Neuigkeiten?« Coras Stimme stotterte und zitterte, während sie die Worte ungläubig wiederholte.

      »Ja. Eigentlich sind es sogar sehr gute Neuigkeiten, denn …« Die Ermittlerin machte eine kleine Pause, als wollte sie die Spannung steigern, bevor sie schließlich weitersprach: »… wir haben Ihren Mann gefunden.«

      Cora glaubte, den Boden unter den Füßen zu verlieren, als hätte sich von einer Sekunde zur anderen eine Falltür unter ihr geöffnet. Das Gefühl, ins Leere zu stürzen, wurde geradezu übermächtig, noch dazu, weil ihre Knie gleichzeitig weich wurden, als bestünden sie aus Gummi. Sie musste sich an der Kommode festhalten, auf der das Ladegerät des schnurlosen Telefons stand, um nicht umzukippen und auf den Dielen aus gebürsteter Eiche zu landen, die den Boden des Hausflurs im Erdgeschoss bildeten.

      »Gefunden?«, echote sie tonlos, um nach einer kurzen Pause, in der sie so vehement nach Luft schnappte, als wäre sie am Ersticken, hinzuzufügen: »Sie meinen, er ist … tot?«

      Anja Spangenberg antwortete nicht sofort, als wäre sie von Coras Reaktion enttäuscht. »Ich sagte doch, dass es sehr gute Neuigkeiten sind«, erwiderte sie dann. »Ihr Mann ist nicht tot. Er lebt!«

      2

      Cora hatte nicht länger das Gefühl, jemand zöge ihr den Boden unter den Füßen weg und sie würde in einen tiefen Abgrund stürzen. Stattdessen drehte sich plötzlich alles um sie herum im Kreis, als säße sie in einem Karussell. Außerdem klopfte das Herz in ihrer Brust so schnell und heftig, als mobilisierte es noch einmal seine letzten Kräfte, bevor es für immer seinen Dienst einstellte. Der Schweiß brach ihr aus und ihre Sicht verschwamm, während sie gegen heftigen Schwindel ankämpfen musste und hinter ihrer Stirn ein stechender Schmerz heranwuchs.

      Das ist entweder ein Herzinfarkt oder ein Schlaganfall … oder beides zugleich, durchfuhr es sie panisch, während die letzten Worte der Polizistin noch immer wie das Läuten einer Totenglocke durch ihren Verstand hallten.

      Ihr Mann ist nicht tot. Er lebt! Ihr Mann ist nicht tot. Er lebt! Ihr Mann ist nicht tot. Er lebt! Er lebt! Er lebt! Er …

      Hör sofort damit auf!, gellte ihre innere Stimme durch ihren Verstand und übertönte mühelos die Litanei. Doch sie meinte damit nicht nur die sinnlose Wiederholung dessen, was die Kriminalhauptkommissarin gesagt hatte, sondern auch ihre körperlichen Reaktionen darauf.

      Und tatsächlich, ihr Körper gehorchte dem mentalen Befehl. Ihr Herzschlag verlangsamte sich, ihre Sicht klärte sich, und das heftige Schwindelgefühl verschwand. Nur der Kopfschmerz widersetzte sich hartnäckig ihrer Anweisung und wurde sogar jeden Augenblick stärker.

      Als ihr bewusst wurde, dass sie nicht an einem Herzinfarkt oder Schlaganfall sterben würde, zumindest nicht an Ort und Stelle, wich auch ihre Angst, und sie bemühte sich, mehrmals tief und gleichmäßig durchzuatmen und ihre Gedanken zu ordnen.

      Ihr Mann ist nicht tot. Er lebt!

      Sie konnte es noch immer nicht glauben, dass Anja Spangenberg diese Worte tatsächlich ausgesprochen hatte. Doch da sie sich gewissermaßen in ihr Gedächtnis eingebrannt hatten, musste es tatsächlich so gewesen sein. Dennoch konnte sie es nicht fassen.

      Vielleicht ist das alles nur ein Irrtum.

      Nachdem sie sich wieder einigermaßen von dem Schock erholt hatte, wurde ihr bewusst, dass sie noch immer im Flur stand. Die Fingernägel ihrer linken Hand hatten sich in die Oberfläche der Kommode gebohrt und kleine Halbmonde im Holz hinterlassen, so fest hatte sie sich dort festgekrallt, um nicht umzufallen. Und ihre andere Hand hielt noch immer das Telefon umklammert – so fest, dass das Plastikgehäuse bereits unter der Belastung knirschte – und presste es gegen ihr Ohr, das sich so heiß anfühlte, als hätte sie eine Serie heftiger Ohrfeigen verpasst bekommen. Sie nahm ihre Hand von der Kommode und lockerte den Griff ums Telefon, bevor sie bemerkte, dass eine Stimme aus dem handlichen Gerät kam und zu ihr sprach.

      »Warten Sie«, sagte sie und unterbrach die Stimme mitten in einem Satz, den sie weder bewusst gehört noch verstanden hatte. »Können Sie das bitte noch einmal wiederholen. Ich … Tut mir leid, aber ich habe nicht zugehört.«

      Die Polizistin am anderen Ende der Leitung seufzte, allerdings nicht aus Verärgerung, sondern aus Mitgefühl. »Kein Problem, Frau Eichholz. Ich verstehe ja, dass diese Nachricht ein Schock für Sie sein muss. Ein positiver Schock zwar, aber dennoch eine schockierende Nachricht, weil Sie sich vermutlich mittlerweile zwangsläufig auch mit dem Gedanken beschäftigt haben, dass Ihr Mann tot sein könnte. Immerhin war er drei Monate lang spurlos verschwunden, und wir alle mussten mit dem Schlimmsten rechnen.«

      »Ja. Genauso ist es.« Cora wusste nicht, was sie sonst darauf erwidern sollte, spürte allerdings aufgrund der erwartungsvollen Stille in der Leitung, dass die Beamtin eine bestimmte Reaktion von ihr erwartete. Sie durchstöberte ihr Gehirn, das plötzlich wie leer gefegt war, nach den passenden Worten, und wurde endlich fündig. »Wo … wo haben Sie … ihn eigentlich gefunden?«

      »In Regensburg.«

      »In Regensburg?« Wenn die Kommissarin gesagt hätte, Markus wäre auf dem Mond wieder aufgetaucht, hätte Cora vermutlich weniger verblüfft reagiert, denn Regensburg war gerade einmal 125 Kilometer von München und damit nur anderthalb Stunden entfernt.

      »Ja. Er wurde in einem Discounter beim Diebstahl erwischt. Da er keine Angaben zu seiner Person machen wollte, wurde er der dortigen Polizei übergeben. Die Kollegen bemühten sich, herauszufinden, wer er ist, und stießen im Zuge

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