Passion between us. Sarah Glicker
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Ich will wissen, was in ihrem Kopf vor sich geht. Denn wenn es etwas mit meinem Bruder zu tun hat, will ich lieber darauf vorbereitet sein.
„Ich muss zugeben, dass ich selber Schuld daran bin, was passiert ist. Ich wusste, worauf ich mich bei Mason einlasse, beziehungsweise ich hätte es wissen müssen. Schließlich habe ich es davor oft genug miterlebt. Und wenn ich nach seinen letzten Besuchen gehe, weiß ich, dass er sich noch immer nicht geändert hat.“
Als ich an einer Kreuzung stehen bleiben muss, drehe ich mich überrascht zu ihr. Für einen Moment kommt es mir so vor, als würde ich träumen. Ich habe damit gerechnet, dass sie laut schimpft und mich fragt, wieso ich es ihr nicht schon eher mitgeteilt habe. Doch das habe ich nicht erwartet.
„Also gehe ich richtig in der Annahme, dass ihr euch nicht streiten werdet, wenn ihr euch über den Weg läuft?“ Skeptisch ziehe ich die Stirn kraus.
Mit dieser Frage lehne ich mich vielleicht zu weit aus dem Fenster. Doch ich muss sie stellen. Alleine schon um zu wissen, auf was ich mich einstellen muss.
„Ich werde zumindest nicht damit anfangen. Sollte er einen blöden Kommentar von sich geben, kann ich für nichts garantieren. Du weißt, dass ich nicht still sein kann.“
„Das weiß ich“, sage ich noch, ehe ich mich wieder nach vorne schaue.
Ich nehme mir vor, dass ich die beiden nicht alleine lassen werde. Denn obwohl sie gesagt hat, dass sie sich nicht mehr mit ihm streiten will ich verhindern, dass sie es vielleicht doch machen. So schön die Vorstellung auch ist, dass es die nächsten Wochen ruhig zwischen den beiden ist, muss ich mich dennoch darauf vorbereiten, dass es eventuell nicht so ist.
„Aber du hattest recht. Mehr musstest du nicht erwähnen, damit ich doch den einen oder anderen Sekt trinke.“
„Es wird ein lustiger Abend werden.“
Noch bevor ich die Straßenecke erreicht habe, an der ich Lana herauslasse, hat sie den anderen bereits eine Nachricht geschrieben, die sofort begeistert sind.
„Wir treffen uns heute Abend bei dir“, verabschiedet sie sich ein paar Minuten später von mir und grinst von einem Ohr bis zum anderen. Ihre gute Laune ist zurückgekehrt, worüber ich froh bin.
Ein letztes Mal lache ich noch, ehe ich mich auf den Heimweg mache. Ein merkwürdiges Gefühl macht sich in mir breit. Es hat nichts mit meinem Bruder zu tun. Ich freue mich darauf, ihn zu treffen, nachdem wir in den letzten Monaten nur miteinander geschrieben haben. Es ist auch nicht der plötzliche Sinneswandel von Lana. Sondern eher ein Punkt, den ich ihr verheimlicht habe. Und das, obwohl ich nicht weiß, wieso ich es nicht erwähnt habe. Doch ich weiß selber nicht, wie ich mich deswegen verhalten soll.
Es ist nämlich so, dass er einen seiner Freunde im Schlepptau hat, der auch die nächsten Wochen bei uns verbringen wird. Ich kenne ihn nicht, weiß nicht seinen Namen. Allerdings bin ich den meisten Freunden meines Bruders schon über den Weg gelaufen. Aus diesem Grund kann ich mit Gewissheit behaupten, dass es nicht einen einzigen gibt, mit dem ich mich verstehe. Sie alle sind aufdringlich, laut und ich bezweifle sogar, dass sie überhaupt erzogen wurden. Alles in einem kann man feststellen, dass sie gerne die Regeln so auslegen, wie es ihnen gerne passt. Ich mache einen riesigen Bogen um sie, um meine Ruhe zu haben. Doch dieses Mal wird das nicht gehen.
Es sei denn, ich ziehe in der Zeit zu einer meiner Freundinnen.
Wobei sie bestimmt kein Problem damit hätte. Dennoch ist es eine bescheuerte Idee. Schließlich bin ich kein kleines Kind mehr und sehr wohl in der Lage, mich vernünftig mit ihm zu unterhalten. Ich klammere mich auch ein wenig daran, dass er nicht so ist, wie die anderen Jungs, mit denen Mason für gewöhnlich abhängt. Auch, wenn diese Chance doch eher sehr gering ist.
Als ich in unsere Einfahrt biege, entdecke ich als Erstes den großen schwarzen Geländewagen, der sich direkt vor mir befindet. Es ist nicht der meines Bruders und auch sonst kenne ich niemanden, der so einen fährt. Deswegen gehe ich davon aus, dass dieser hier seinem Kumpel gehört.
Nicht nur der Lack ist schwarz. Auch die Fenster sind so dunkel, dass man kaum einen Unterschied zwischen ihnen und der Karosserie erkennt. Da er rückwärts in der Einfahrt steht, erkenne ich, wie aggressiv er von vorne wirkt. Und ich habe das Gefühl, als würde das auch auf seinen Besitzer zutreffen. Es sorgt nicht unbedingt dafür, dass ich Lust habe, auszusteigen.
Diese Erkenntnis sorgt dafür, dass sich ein Kloß in meinem Hals bildet. Beinahe verzweifelt versuche ich ihn wieder loszuwerden, als ich merke, dass ich kaum noch atmen kann. Doch es bringt nichts. Es kommt mir sogar eher so vor, als würde es noch schlimmer werden. Ich versuche mir vor Augen zu halten, dass mein Bruder bestimmt niemanden anschleppen würde, der sich überhaupt nicht benehmen kann. So genau kann ich das aber nicht sagen.
Um mich abzulenken, steige ich aus und schließe den Wagen hinter mir ab. Ich bin aber darauf bedacht, dass ich den anderen nicht mehr beachte und am besten auch nicht in seine Nähe komme.
Mit langsamen Schritten gehe ich auf die Haustür zu und hoffe inständig, dass ich mich irre. Seitdem ich erfahren habe, dass Mason nicht alleine kommt, habe ich es geschafft, mich nicht damit auseinanderzusetzen. Nun kann ich dem aber nicht mehr aus dem Weg gehen. Hinzu kommt, dass ich mich immer auf mein Bauchgefühl verlassen kann. Deswegen halte ich es für unwahrscheinlich, dass ich mich irre.
Leise, um möglichst unauffällig in meinem Zimmer verschwinden zu können, öffne ich sie. Ich hätte mir aber auch denken können, dass ich nicht weit komme. Ich habe noch keinen Fuß ins Innere gesetzt, als mein Bruder bereits mit energischen Schritten auf mich zu kommt.
„Cady, Schwesterherz“, ruft er und schließt mich als Nächstes in seine Arme. Fest drückt er mich an sich und sorgt so dafür, dass ich für einen kurzen Moment keine Luft mehr bekomme.
„Mason“, keuche ich, als ich endlich wieder in der Lage bin, wenigstens einen Ton von mir zu geben.
„Oh, entschuldige bitte. Ich wollte dich nicht umbringen. Ich freue mich nur so, endlich meine kleine Schwester wieder in die Arme schließen zu können.“
Glücklich strahlt er mich an. Er macht ein wenig den Eindruck auf mich, als würde er etwas im Schilde führen. Es gibt immer etwas, was in ihm vor sich geht. Deswegen kann ich mich auch täuschen.
Ungefähr so, wie bei Lana. Ich ziehe es vor, diese Worte für mich zu behalten.
„Ich freue mich auch.“ Während ich spreche huschen meine Augen immer wieder hin und her. Auch wenn ich es nicht will, so halte ich dennoch Ausschau nach seinem Freund.
Innerlich versuche ich mich vorzubereiten, auch wenn ich aus Erfahrung weiß, dass man das bei seinen Freunden nicht kann. Sie haben alle eine große Klappe und vor allem prügeln sie sich genauso gerne, wie sie sich besaufen.
Ich muss mich korrigieren, man kann sich darauf vorbereiten. Das heißt aber nicht, dass ich das gerne mache.
Doch nachdem ich meinen Blick durchs Wohnzimmer habe gleiten lassen, stelle ich fest, dass von ihm weit und breit bis jetzt nichts zu sehen ist.
Ich kann nicht sagen, ob ich erleichtert darüber bin, oder nicht. Es ist nämlich so, je eher ich weiß, worauf ich mich einstellen muss bei ihm, umso besser ist das für mich und meinen Seelenfrieden. Doch