Parasit. Lars Burkart

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Parasit - Lars Burkart

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brummte, wie von zuviel Alkohol. Doch er glaubte nicht, dass es davon kam. Irgendetwas hatte sich verändert, er konnte jedoch nicht definieren, was es war. Die Sonnenstrahlen brannten auf seiner Haut, der Tag war geräuschvoller. Aber er hörte es nicht nur mit den Ohren, sondern fühlte es in seinem Kopf. Jede noch so kleine Erschütterung spürte er bis in seine Eingeweide hinein. Die Sinne schienen abnormal gesteigert zu sein.

      Als er aufstand, drehte sich alles in seinem Kopf und ihm wurde schwindelig. Benommen und schwach fiel er aufs Bett, zog die Decke über den Kopf und lag einfach nur da.

      Bis weit nach Sonnenuntergang lag er so da.

      Obwohl er ziemlich sicher war, nicht mehr geschlafen zu haben, fühlte er sich frisch und ausgeruht. Genau genommen konnte er sich an kein vorheriges Nickerchen erinnern, welches erholsamer gewesen wäre. Ihm fehlte auch jeglicher Appetit auf Bier, Zigaretten und was man sonst so zum Überleben braucht.

      Etwas, das sich tief in seinem Kopf befand, drängte ihn das Haus zu verlassen. Er tat es augenblicklich, ohne auch nur eine Sekunde darüber nachzudenken.

      Seine Schritte führten ihn geradewegs in den Stadtpark, obwohl er ihn für gewöhnlich nicht besuchte. Er fragte sich, warum er ausgerechnet dorthin ging. Seine Füße schienen die Antwort zu kennen. Sie trieben ihn zielsicher voran, so als gehören sie zu jemand anderem.

      Im Stadtpark angekommen, ging er zum unbeleuchteten Abschnitt, in dem sich nachts nur Junkies und Huren rum trieben, setzte sich dort unter einen großen Baum und starrte wie gebannt auf das Gras zu seinen Füßen. Immer noch rätselte er, was ihn hierher verschlagen hatte.

      Obwohl ihn nicht nach einer Zigarette verlangte, zündete er sich eine an. Die Macht der Gewohnheit. Doch der Rauch kratzte und brannte in seinem Hals. Schon nach dem ersten Zug schnippte er sie im hohen Bogen fort. Er verfolgte ihre Flugbahn gebannt mit den Augen und war kein bisschen überrascht, als er in der Dunkelheit plötzlich seinen neuen Herren erkannte. Dieser kam langsam auf ihn zu. Doch Richie spürte keine Angst, nur Ehrfurcht und einen bedingungslosen Gehorsam, dessen Ausmaße ihn selbst überraschten.

      Das Wesen aus dem Sarg, die Kreatur, die in dem Körper des Verstorbenen William Backer wandelte, hockte sich neben ihn ins Gras, legte sanft seine Hand auf Richies Stirn. Augenblicklich wusste dieser was zu tun war. Er kannte seine Aufgabe.

      Wenig später zog es seine Hand zurück, daraufhin verlor Richie das Bewusstsein. Und als er es endlich zurück gewann, war er unterwegs zu seinem ersten Opfer. Richie konnte sich nicht erklären, wie er ohne Bewusstsein soweit laufen konnte. Den Stadtpark hatte er bereits weit hinter sich zurück gelassen. Allerdings war ihm das auch völlig gleichgültig.

      Auch als er sich Zutritt ins Haus des Polizeichefs verschaffte, war es ihm gleichgültig. Ein bisschen fühlte er sich wie in einem Film, in dem er alles sah, was er tat. Als handelte dieser Film von seinem Leben und er spielte sich selbst.

      Als er mit der geballten Faust die Scheibe in der Garage einschlug schepperte es zwar, aber nicht sehr laut. Er hangelte sich durch die neu geschaffene Öffnung, es interessierte ihn dabei nicht, dass er sich an den hervorstehenden Glassplittern die Haut einriss. Der Schmerz gelangte nicht in sein Empfinden.

      Die Tür, die die Garage vom Rest des Hauses trennte, war schnell überwunden. Ein kräftiger Tritt und sie sprang auf. Auch hierbei machte er sich keine Gedanken wegen des Lärms. Sein Meister hatte ihm gesagt, dass er nicht entdeckt werden würde. Und das glaubte er.

      Zielsicher lenkte er seine Schritte durchs Haus, geradewegs durch die Küche, dann in den Korridor, dort die Treppe in die obere Etage, schließlich noch zur zweiten Tür auf der linken Seite. Er fand es gar nicht merkwürdig, dass er sich in diesem fremden Haus so gut auskannte. Auch das hatte er von seinem Meister.

      Vor der Tür blieb er stehen, und lauschte auf die Geräusche von hinter der Tür. Es war still. Er hörte nur seinen eigenen Atem. Er war aufgeregt und konnte mit seinen inneren Augen beinahe sehen, wie sie ahnungslos in ihrem warmen Bett lagen.

      Mit kräftigem Tritt trat er auf die Tür ein, die krachend nachgab und beinahe aus ihren Angeln sprang. Dann war er mit einem einzigen raubtiergleichen Sprung auf der erschrockenen Frau. Noch bevor sie überhaupt etwas registrierte, packte er ihren Kopf und drehte ihn brutal nach rechts, bis ihr Genick laut brach. Dann wandte er sich dem Mann zu und packte auch ihn, allerdings hatte der Meister für den Polizeichef ein anderes Schicksal auserkoren.

      Richies Hände drückten den Kopf fest zusammen, sie griffen zu wie Schraubstockbacken. Im selben Moment explodierten rasende Schmerzen in dessen Schockumwölkten und immer noch müden Verstand. Fassungslos starrte er in die Augen seines Gegenübers, doch was er sah war nichts als grenzenlose Bosheit und abgrundtiefer Wahnsinn. Er erschlaffte und wäre auf den Boden gestürzt, hätte Richie ihn nicht mit seiner unmenschlichen Kraft gehalten.

      Richies Mund öffnete sich unnatürlich und etwas, das wie eine Schlange aussah, glitt aus ihr heraus. Nur einen kurzen Augenblick war es zu sehen, dann kroch es eilig in den Mund des Polizeichefs, von dort in die Speiseröhre um dann endlich den Magen zu erreichen. Dort legte es ein einziges Ei ab und zog sich dann ebenso schnell wieder in den Körper seines Wirtes zurück.

      Es war vollbracht. Der Polizeichef, der nun nicht mehr gehalten werden musste, fiel wie ein Sack Mehl zu Boden.

      Richie beobachtete interessiert, wie sein Opfer trotz der tiefen Ohnmacht am ganzen Körper zitterte. Seine Arbeit war getan, also drehte er sich um, ging wortlos fort. Er musste sie noch an einen anderen Ort wiederholen.

      Nur wenig später schlüpfte aus dem Ei ein weiteres dieser schlangengleichen Kreaturen. Schließlich wurde die Ohnmacht des Polizeichefs ein tiefer Schlaf.

      Richie lief gedankenverloren durch die einsamen, dunklen Straßen der Stadt. Er wusste nicht, wohin ihn seine Füße diesmal trugen. Es kümmerte ihn auch nicht. Ein heftiger Regenschauer prasselte auf ihn ein, doch er bemerkte ihn kaum.

      Endlich kamen seine Füße vor einem Bordell zum stehen, und als er in einer Pfütze das Spiegelbild der roten Neonreklame sah, verstand er den Plan seines Meisters. Ein Lächeln huschte über seine rissigen Lippen. Ein wissendes, wahnsinniges Lächeln, das nichts Menschliches mehr an sich hatte.

      Richie ging hinein, nahm sich die erste Prostituierte und begann das Spiel von neuem.

      Nachdem auch diese Arbeit erledigt war und sie bewegungslos am Boden lag, verging er sich an ihr. Er war geil. Und warum auch nicht? Er hatte es sich verdient.

      Er verließ ihr Arbeitszimmer mit zufriedenem Gesichtsausdruck und hängte das „Besetzt“ Schild an die Türklinke.

      Für heute hatte er sein Nachtwerk beendet.

      Richard Hagemann, wie der hiesige Polizeichef hieß, erwachte erst frühmorgens aus seinem Schlaf.

      Auch er hatte eine Aufgabe. Und er wird mit ihr beginnen, sobald er in der Polizeistation ist. Jedoch musste er vorher noch den Leichnam seiner Frau beiseite räumen. Er hob sie also auf, trug sie durch das gemeinsame Haus. Ihr Kopf hing, wegen dem gebrochenem Genick und dem verdrehten Hals, unnatürlich wippend zwischen den Schulterblättern. Dann warf er sie lieblos in den Schrank, ohne sich dabei an die vielen gemeinsamen Jahre zu erinnern. Zu guter letzt zog er seine Uniform über, stieg ins Auto und brauste gutgelaunt pfeifend zur Arbeit.

      Da die Streifenpolizisten an diesem Tag viele Einsätze fahren mussten, (unter anderem wurde die Leiche eines frisch Verstorbenen vor seiner Bestattung aus dem Sarg entwendet – auf Ideen kommen die Leute) stand sein Vorhaben unter keinem guten Stern. Sie waren ständig außerhalb

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