Sky-Navy 08 - Der Wrack-Planet. Michael Schenk
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Die ausführende Hand des Schiffes hatte tatsächlich eine Art Wunder vollbracht.
Es war Nacht und die Kandahaar stand in einer kleinen Senke, die ringsum von sanft ansteigenden Hügeln umgeben wurde. Trotz der schweren Schäden war es dem Piloten gelungen, den Kreuzer auf ebenem Kiel zu landen. Hen-Talar starrte mit Schaudern auf den Rumpf. Große Segmente waren herausgebrochen, durch die zerstörerische Wirkung des Zersetzers verschwunden oder durch die Überbeanspruchung der Zelle aus dieser gelöst. Rings um den Kreuzer und unter ihm lagen Teile dieser Segmente, dazu Stücke von Wänden oder Decken sowie ein paar Einrichtungsteile. An beiden Kugeln waren mehrere der Ebenen freigelegt. Nur der Mittelteil schien von Allem seltsam unberührt.
Inzwischen war die Besatzung dabei, den Kreuzer zu räumen.
Insgesamt hatten 267 Norsun überlebt, die sich nun außerhalb des Schiffes einrichten mussten. Mancher war mit dieser Entscheidung von Hen-Talar nicht glücklich, doch der junge Kommandant ließ keinen Zweifel, dass er seine Befehle unter allen Umständen durchsetzen würde.
„Man kann sehen, wie stark die Stabilität beeinträchtigt ist“, hatte er der angetretenen Besatzung erklärt. „Mancher mag glauben, dass unser Schiff ihm noch immer ein schützendes Heim bieten kann, doch lasst euch nicht täuschen. Jede kleine Erschütterung des Untergrundes kann die Zelle in Schwingungen versetzen. Schwingungen, welche unsere Kandahaar endgültig zusammenbrechen lassen können. Wollt ihr von ihren Trümmern erschlagen werden oder eure jeweiligen Stammwelten wiedersehen?“
Die Norsun hatten sich betroffen angesehen und erregt aufeinander eingeredet. Alle trugen noch ihre Luftanzüge, hatten die Helme jedoch auf den Rücken zurückgefaltet.
„Hier draußen ist es gefährlich“, hatte einer gerufen.
„Hier gibt es keine Töter, die uns gefährlich werden können“, widersprach Sker-Lotar. „Im Wrack ist es viel gefährlicher, als hier draußen.“
„Außerdem haben einige unserer Hände ihre Stabwaffen“, wandte Londar, einer der Worte des Schiffes ein. Neben Hen-Talar als Hoch-Wort hatten immerhin sieben weitere Offiziere überlebt, denen es langsam gelang, mehr Ordnung in die Besatzung zu bringen.
Die kurze Phase nach der Landung war chaotisch gewesen. Alle versuchten das Schiff schnellstens zu verlassen, griffen nach Teilen der Notausrüstung und rannten über die herabgelassenen Rampen auf den Boden der Quarantäne-Welt. Fort von dem Schiff, von dem sie fürchteten, es werde über ihren Köpfen auseinander fallen.
Dann hatten die Fliehenden sich langsam gesammelt und festgestellt, dass es ziemlich dunkel und sehr kalt war. Ein steter Wind ging, der die Luft mit Staub und Körnern feinsten Gesteins füllte. Da war der Anblick des Wracks nicht mehr erschreckend, sondern verhieß Schutz vor einer fremden Welt.
Viele wollten daraufhin zurück an Bord. Hen-Talar und die Worte des Schiffes mussten mit Gewalt drohen, um sie daran zu hindern. Sie sammelten jene um sich, die sich rechtzeitig mit Stabwaffen versehern hatten. Dies ernüchterte die ängstlichen Besatzungsmitglieder, denn es waren Fälle bekannt, in denen Hoch-Worte Gewalt gegen die eigene Mannschaft angewendet hatten. Hen-Talar beabsichtigte das durchaus nicht, doch er wusste auch, dass, zum Überleben auf einer fremden Welt, Disziplin erforderlich war. Die Stärkeren würden sich um die Schwächeren kümmern müssen, bis das Rettungsschiff sie abholte.
„Fügt euch den Worten“, befahl Hen-Talar mit erhobener Stimme und drohend aufgerichteten Kopffühlern. „Es wird nicht lange dauern, bis man uns abholt, doch bis dahin müssen wir ein Lager errichten. Teile unserer Notfallausrüstung wurden im Schiff zurückgelassen. Wir brauchen sie. Sker-Lotar, unsere Hand des Wissens, wird eine Gruppe an Bord führen und entscheiden, welche Bereiche noch betreten werden können und was an Brauchbarem zu bergen ist. Londar wird den Aufbau des Lagers beaufsichtigen. Wir werden es dort, auf jenem Hügel, errichten. Er bietet gute Sicht und…“
„Es ist kalt“, kam eine jammernde Stimme.
Eigentlich war es das nicht, denn die isolierten Luftanzüge verhinderten, dass man fror.
„Hier gibt es jede Menge Buschholz. Sammelt es und entzündet es mit einer Stabwaffe. Feuer werden euch wärmen und sie werden es dem Rettungsschiff erleichtern, uns zu finden“, behauptete Hen-Talar. „Und jetzt folgt den Worten und erledigt eure Arbeiten.“
Die ausführende Hand des Schiffes gesellte sich zu ihm, während sich die Mannschaft zerstreute und den Befehlen der Offiziere folgte. „Es wird ihnen Mut machen, Hoch-Wort“, meinte der Pilot. „Auch wenn ich mir sicher bin, dass man aus dem Orbit die kleinen Wärmefeuer nicht erkennen kann.“
„Ich weiß“, räumte Hen-Talar ein.
„Da die Maschinen abgeschaltet sind, können wir auch das Kurzsprechgerät nicht benutzen, um mit der Orbitalstation in Verbindung zu treten.“
„Auch das weiß ich.“
„Verzeih, Herr, ich meine nur, dass wir vielleicht einen der Energiespeicher im Schiff wieder aktivieren sollten, um das Sprechgerät zu besetzen. Wenigstens bis wir Kontakt bekamen.“
„Beim Feuerfall von Istwagh, ich wünschte wirklich, das könnten wir. Aber es ist nicht möglich.“ Hen-Talar wandte sich zur Seite. „Ausführende Hand der Maschine!“
Der Systemkontrolloffizier stapfte über das feine Geröll heran. Seine Schritte verursachten ein vernehmliches Knirschen. „Hoch-Wort?“
„Können wir die Speicherzellen nutzen?“
Die ausführende Hand rollte beunruhigt die Fühler ein. „Herr, wie ich dir zuvor schon berichtete, sind viele der Kristalle inzwischen trübe oder zeigen sogar Risse. Nur wenige könnten noch benutzt werden. Doch da sie in Reihe geschaltet sind, könnte ich nicht garantieren, dass wir auf einen intakten Speicher zugreifen. Aktivieren wir einen der defekten, dann…“ Er zögerte kurz. „Es brächte Verheerung über das Schiff oder vielmehr das, was von ihm noch übrig ist.“
„Kann man nicht einen einzelnen Speicherkristall gezielt anzapfen?“, bohrte die ausführende Hand des Schiffes nach.
Nun wurde die Furcht des Technik-Offiziers deutlich. „Man müsste einige Zyklen in einem der beiden Maschinenräume arbeiten, um eine Speicherzelle aus dem Verbund zu lösen. Herr, hast du nicht das Knacken und Stöhnen des Schiffes gehört?“
Der Norsun übertrieb nicht. Die durch den Flug durch die Lufthülle aufgeheizte Außenhülle kühlte rasch ab und die Geräusche der Kandahaar waren furchteinflößend. Umso weniger verstand Hen-Talar den Wunsch jener Besatzungsmitglieder, die unbedingt wieder ins Schiff hinein wollten. Die ausführende Hand der Maschine war mutig genug, diesem Wunsch zu widerstehen, doch sicher zu entmutigt, um einem Befehl Folge zu leisten, der sie wieder hinein zwang. Hen-Talar war sich sicher, dass sein Untergebener einen entsprechenden Befehl unterlaufen würde, indem er das Schiff kurz betrat und dann rasch wieder verließ, um von neuen furchtbaren Schäden zu berichten.
Der Kommandant verfluchte die Tatsache, dass es im Volk der Norsun diese hohe Spezialisierung des Wissens gab. Keiner verstand so viel vom Energiesystem des Kreuzers, wie die ausführende Hand der Maschine, von der ausführenden Hand der Kristalle einmal abgesehen. Doch ausgerechnet dieser Spezialist gehörte zu den direkten Opfern des Zersetzers.
„Verzeih, Herr, wenn ich beharrlich bin, doch