Karibien. Xaver Engelhard

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Karibien - Xaver Engelhard

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dich genauso gerne wie mich. Außerdem hab’ ich dir schon tausendmal gesagt, dass du nicht doof bist und dich nicht immer selbst so runtermachen sollst. Und ich sag’ dir noch eins: Mein Leben ist im Moment kompliziert genug, auch ohne dass du mich mit einem Mädchen zu verkuppeln versuchst, das dir imponiert, weil es dir zweimal die Woche dein Bier bringt.”

      „Fertig?” Schmiss hielt den Kopf geduckt wie ein geschlagener Hund.

      Rodney nickte und fügte an:

      „Ich hoffe, es reicht für ‘s Erste.”

      Schmiss schniefte, aber sein betrübtes Gesicht hellte sich schnell wieder auf.

      „Da kommt sie schon wieder zurück! Mit ‘nem Tablett voll Bier!”

      „Ich wette, sie verbietet ‘s ihm. Er hat das Geld längst abgehoben, will bei der Zeitung anrufen und die Anzeige aufgeben, aber sie lässt ihn nicht“, behauptete Sylvie mit feuchter, undeutlicher Aussprache. Ein grüner Turban wand sich um ihren Kopf; die Lippen waren violett wie die einer Erfrorenen. Sie saß am Küchentisch in Rodneys Trailer und hatte ein Glas und eine Flasche Pfefferminz-Schnaps vor sich. „Sie is’ doch eh nur auf sein Geld aus! Mein Geld! Besser hätt’ sie selbst es gar nich’ planen können, wird sie sich denken!”

      „Vielleicht ist irgendwas passiert. Vielleicht ist der Brief in der Post verloren gegangen.” Rodney war gerade mit einem großen Pappkarton zur Tür hereingekommen, in dem er kaputte Elektrogeräte aufbewahrte, die er aus dem Müll fischte oder auf Flohmärkten für ein paar Cent kaufte und dann um des Vergnügens Willen reparierte. Draußen blies ein Sturm die letzten Blätter aus den Buchen und Espen. Durch jede Ritze drang frostige Luft. Im Schuppen war es mittlerweile trotz des dortigen Franklin-Ofens zu kalt zum Arbeiten. Außerdem meinte Rodney, Sylvie in dieser schwierigen Situation Gesellschaft leisten zu müssen. Er stellte den Karton auf den Boden und setzte sich zu ihr an den Tisch.

      „Ich hab’ zwei Briefe geschickt, oder?! Unmöglich, dass beide verloren gehen! Einer, vielleicht! Aber zwei? Nein nein, da steckt was dahinter. Von Anfang an hatte sie ‘s auf ihn abgesehen. Wollte ihn mir wegnehmen! Wir hatten grad mal fünf Monate. Fünf lausige Monate!” Sylvie hielt ihm die runden, mit allerlei aus dem Haus ihres Vaters gestohlenen Ringen geschmückten Finger der rechten Hand hin.

      „Vielleicht hat er die ganze Sache durchschaut und wartet, bis du dich wieder meldest? Warum sagst du ihm nicht einfach, dass das alles ein Scherz war, und dann bringen wir dich zurück.”

      „Zurück?”, schrie sie gellend. „Bist du verrückt? Verstehst du nicht, dass das für mich die Hölle war? Wie eine Gefangene hab’ ich da im Keller gehaust und immer ihre Schritte über mir gehört, dieses triumphierende Trippeln von ihren Absätzen mal hierhin, mal dorthin, und nie war ich mit ihm allein; immer musste sie sich dazwischendrängen, und kaum war er weg, ist sie auch verschwunden, als hätte sie Angst vor mir, als wüsste sie genau, dass ich sie durchschaut hab’, dass ich Bescheid weiß und mich und alles, was mir gehört, schützen werde. Nein, sie ist nie ohne ihn im Haus geblieben, ist mit ihm weggefahren am Morgen, zum Arbeiten, hat sie behauptet, zum Herumhuren sag’ ich, und ist erst abends wieder mit ihm zurückgekommen. Benzin sparen hat er das genannt, aber ich weiß ganz genau, sie haben das nur gemacht, um ohne mich zum Essen zu gehen oder ins Kino oder zum Bingo; und sie haben gerade so getan, als gäb ‘s mich gar nich’, als wär’ ich ‘ne Irre, die man im Dachstuhl einsperrt oder halt im Keller, und das bloß, weil ich wusste, ganz genau wusste, was sie mit ihm vorhat. Ich hab’ ja nur auf meine Chance gewartet, eine klitzekleine Chance, und wenn ihr nich’ gekommen wärt und dazwischen gepfuscht hättet, vielleicht hätte ich inzwischen schon was erreichen können, aber so ...” Ihre geballten Fäuste zitterten. Sie sah an ihm vorbei in den dunklen Wohnbereich mit seinem Turm aus Fernsehern.

      Rodney nickte verständnisvoll und holte ein altertümliches Mixgerät aus dem Karton. Er öffnete ein Werkzeugset, nahm einen Kreuzschlitzschraubenzieher und begann, die Schrauben des Gehäuses zu lösen.

      „Sie sind ein frisch verheiratetes Paar, das darfst du nicht vergessen. Die brauchen viel Zeit für einander.”

      „Frisch verheiratet!“, höhnte Sylvie. „Die dritte Ehe ist es für diese ... diese Hure, jawohl, so würde man sie überall sonst nennen, dieses dreckige Miststück. Hure und Erbschleicherin! Und ich bin ihr im Weg. Sie dachte wohl, außer meinem Dad hab’ ich niemanden, aber da hat sie sich getäuscht: Ich hab’ jetzt ‘nen Freund, und ich werd’ es ihr heimzahlen. Alles werd’ ich ihr heimzahlen, alles; und dann fahren wir weit weg, machen ‘ne Kreuzfahrt, nur wir beide, und ...”

      „Aber Sylvie, ich will gar nicht weg! Ich bin neu hier und fang’ gerade erst an, alles kennenzulernen. Wilbourne! Schmiss! Waldo! Die Murphys!”

      „Schmiss!“, zischte sie. „Dieser Trottel! Der ist doch zu blöd, sich die Schuhe zuzubinden.”

      „Das ist ‘ne Mode, Sylvie! Im Fernsehen machen es die jungen Leute alle so. Lass ihn halt, wenn ‘s ihm Spaß macht!”

      „Der Kerl war für irgend ‘ne philippinischen Nutte das Ticket ins amerikanische Paradies, wenn du mich fragst. Hat sich von ‘nem GI schwängern lassen; und das Ergebnis ist dieser mongoloide Mischling. Sind alle gleich, diese Asiatinnen. Heiß wie läufige Hündinnen! Und da macht deine Chinesin keine Ausnahme.”

      „Melinda ist Amerikanerin japanischer Abstammung. Und ich ...”

      „Von mir aus! Dann is’ sie eben Japse. Aber was willst du von der? Die braucht dich nur, damit du ihr die Einkaufstüten schleppst und diesen scheiß Köter spazieren führst.”

      „Melinda darf wegen ihrem Rücken nichts Schweres heben. Und ich geh’ gerne mit Dog spazieren.”

      „Mir tut auch der Rücken weh! Kümmert dich das etwa?”

      „Das wusste ich nicht“, gestand er kleinlaut. „Aber ...”

      „Natürlich wusstest du das nicht! Weil es dir scheiß egal ist, wie ‘s mir geht! Ihr plündert das Haus von meinem Vater und schleppt mich hierher; und jetzt soll ich schauen, wie ich zurecht komm’.”

      „Es war nicht unsere Idee. Wir ...”

      „Oh, es war nicht eure Idee, ja?! Du meinst, ich hab’ euch ins Haus gerufen, damit ihr euch die Fernseher und den Kühlschrank und so weiter krallt?”

      „Nein, aber ...”

      „Aber ich bin halt keine gelbe Streberin, die sich für was Besseres hält! Ich bin nur Kosmetikerin und verschönere so die Welt. Dass man dafür Talent und Geschmack und Psychologie braucht und dass da kleine Kunstwerke entstehen, die die Menschen glücklich machen, interessiert dich nich’ die Bohne. Dafür dieses schreckliche Geklimper, wo man nich’ weiß, wo vorne is’ und wo hinten und wo man solche Kopfschmerzen von kriegt, dass man froh is’, wenn ‘s endlich aufhört! Das is’ doch nich’ echt, sondern genauso Angeberei wie dieses Schachspielen! In Wirklichkeit biste nämlich nur ‘n vagabundierender Schulabbrecher, der ‘nem reichen Schlitzauge mit College-Abschluss imponieren will.”

      „Sylvie, wirklich, du machst es einem nicht leicht, dich zu mögen. Ich weiß, es ist der Alkohol, der aus dir spricht, und du befindest dich in einer schwierigen Situation, aber bitte versuch’, dich unter Kontrolle zu bringen!” Rodney nahm die kleinen Schrauben, legte sie in eine Streichholzschachtel, hob das Gehäuse von der Bodenplatte mit dem Motor und roch vorsichtig an diesem. „Irgendwas ist da durchgeschmort“, stellte er leise wie für sich fest.

      Sylvies Rücken

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