Violet - Die 7. Prophezeiung - Buch 1-7. Sophie Lang

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Violet - Die 7. Prophezeiung - Buch 1-7 - Sophie Lang

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behutsam öffne ich meine…

      Augen?

      Schaue mich um. Ich erkenne das, was ich sehe, benötige aber Zeit, um zu wissen, wie man es nennt. Meine Gedanken sind zähflüssig wie…

      Sirup.

      Langsam kommen sie in Gang wie ein… mir fällt das Wort nicht ein. Wie ein? Wie bei einem Uhrwerk greifen die Zahnrädchen langsam ineinander wie ein Herz, das einen am Leben hält.

      Tick…

      Tick…

      Tick, Tack.

      Das Uhrwerk, mein Gehirn, mein Herz kommt in Schwung. Ich blicke mich um, erinnere mich an so etwas wie? Wörter.

      Sehe ein Fenster.

      Es ist riesig. Wieso auch immer. Denn es kommt mir vor wie das erste Fenster, das ich in meinem Leben sehe.

      Goldenes Sonnenlicht hat mich an der Nasenspitze gekitzelt. Wie schön sich das angefühlt hat. Ich will die Sonne gleich noch einmal kitzeln lassen.

      Ich sehe vier Wände, die an den Ecken verschmelzen. Ein normales Zimmer sollte vier Wände haben. Das hier hat nur eine fließende, durchgehende Fläche. Wunderschön!

      Ein Bett, in dem ich liege, bis zum Hals zugedeckt, mit einer weißen Baumwolldecke.

      Wo bin ich gelandet?

      Wer hat mich hierher getragen? Ein Gedanke, der mich weiterdenken lässt. Mich beschäftigt eine Frage. Wo war ich zuvor? Mein Gehirn macht einen Flickflack. Einen Flickflack? Einen Handstützüberschlag rückwärts.

      Oh shit. Wer bin ich überhaupt?

      Ich bin ich, denke ich einfach und der Gedanke fühlt sich frei und gut an. Ich lebe, setze mich gerade in meinem Bett auf. Bin mit mir allein und weiß nicht, wie mein Name ist?

      Wer bin ich? Macht diese Frage überhaupt Sinn, sie zu stellen?

      Ich bin ein Mensch. Eine Frau. Bin jung. Eine junge Frau. Eindeutig, dazu muss ich mich nicht im Spiegel sehen. Die Zahnrädchen in meinem Kopf laufen jetzt auf Hochtouren und das macht Spaß. Langsam stehe ich auf.

      Uff, meine Muskeln, jede einzelne Muskelkontraktion schmerzt, als hätte ich mich seit Wochen nicht bewegt.

      Die Schläuche, die in meinem Unterarm stecken, beseitige ich ohne Umwege. Tut nicht einmal weh und blutet kaum. Das Piepsen von dem Gerät, dessen Name ich nicht kenne, nervt mich nicht. Ich finde das Geräusch sogar interessant. Es sind nur ein paar Schritte zu dem Spiegel an der Wand. Nur ein paar Schritte, um mich zu sehen.

      Ich schließe meine Augen, trete blind vor das Glas und atme tief ein und aus. Einmal. Zweimal und ein drittes Mal.

      Es hört sich so verrückt an, aber ich werde mich gleich zum ersten Mal im Spiegel sehen. Wie das sein kann, interessiert mich im Moment nicht. Nicht mehr. Der Moment zählt!

      Ich will dieser jungen Frau, die ich sein soll, in die Augen blicken. Ihr begegnen. Blitzschnell schlage ich meine Lider auf.

      Sie sind blau und dicht bewimpert! Sie sind klar und funkeln mit den Sonnenstrahlen um die Wette. Wow. Die junge Frau im Spiegel legt den Kopf schief, lächelt mich neckisch an. Sie legt die blonden, glatten Haare über die halbnackte Schulter und zeigt mir ihre Kehle. Diese Stelle, wo das Blut unter der blassen Haut in ihrem Hals entlang strömt.

      »Du kommst mir vertraut vor«, sage ich zu ihr. Zu mir. Ich mag mich spontan. Okay, vielleicht bin ich (oder ist es doch nur mein Spiegelbild) an den Armen und Beinen etwas dünn. Aber das bekommt man schon wieder hin. Mein Körper ist kurvig, weiblich und meine Bewegungen wirken selbstsicher. Plötzlich bemerke ich etwas. Etwas, das da aus dem Nachthemd guckt, nahe an meinem Halsansatz. Es sieht aus wie dünne Tinte auf blassem Pergament. Das Pergament ist meine helle Haut. Wie keltische Muster, wie kleine Drachen. Ein Tattoo! Ich knöpfe das Nachthemd ein Stück auf. Das Tattoo bedeckt ein Drittel meines Dekolletés. Ich schiebe das Nachthemd die Schulter hinab.

      »Wow.«

      Es ist sehr schön. Außergewöhnlich. Da? Da ist noch eins! Und noch eins und noch eins…

      Ich ziehe das Nachthemd tiefer. Unter meiner linken Brust beginnt eine feine, hauchdünne, filigrane Form, sich auf die Rückseite meines Körpers zu winden!? Ich will mehr sehen, ziehe das Hemd ganz aus, bin sprachlos.

      »Mach den Mund zu!«, sage ich zu dem Spiegelbild. Mein ganzer Oberkörper ist ein lebendes Kunstwerk. Unaufdringlich, bizarr, unbeschreiblich schön. Sehnen, Muskeln und Tattoos verschmelzen harmonisch miteinander. Ich schiebe die Baumwollhose an meinem linken Bein etwas höher. Auch dort? Ich bin verblüfft! Auf meinem Rücken, Beinen, Hüften, überall treffen sich unsere Blicke, die der Tattoos und meine. Wollen sie mir etwas über meine Vergangenheit sagen? Will ich das überhaupt wissen? Ja, unbedingt.

      Ich kann mich nicht entscheiden, welches das Schönste von ihnen ist. Vielleicht das kleine Drachenwesen auf meinem Bauch, das dort so eingekringelt liegt, als würde es schlafen?

      Die Tür geht auf und schneller, als ich es mir zugetraut hätte, bedecke ich meinen entblößten Oberkörper mit dem zerknitterten Nachthemd und meinen dürren Armen.

      Kapitel 2.6

      In den Raum, der keine Ecken hat, tritt eine Frau. Ich bin größer als sie, obwohl sie Stiefel anhat und ich den kühlen Boden unter meinen nackten Füßen spüre. Sie sieht älter als mein Spiegelbild aus. Da fällt mir ein, dass ich keinen blassen Schimmer habe, wie alt ich tatsächlich bin. Sechzehn? Siebzehn? Vielleicht auch achtzehn? Sie ist Mitte zwanzig, garantiert und hat eine Präsenz zum niederknien.

      Ihre Haare sind flammenblau und ihre Augen versprühen grüne Funken. Sie trägt ein schulterfreies, violettes Kleid bis zu den Knien und schwarze Stiefel mit hohen Absätzen, die ihre schmalen Beine großartig zur Geltung bringen.

      »Wie ich sehe, habt ihr schon Bekanntschaft gemacht. Du und dein Spiegelbild. Und gefällst du dir als Pyjamakriegerin? Ich war so frei und habe dir die Haare etwas geschnitten. Sie sind kürzer und frecher als früher. Aber was rede ich da? Daran erinnerst du dich ja nicht.«

      Sie tritt einen Schritt näher an mich heran. »Tut mir leid, wenn ich dich überfordere. Ich habe mich noch nicht einmal vorgestellt. Ich bin Kristen.« Sie lacht. »Es ist jedes Mal ein Erlebnis. Tut mir leid, aber du solltest dein Gesicht sehen.« Ich blicke in den Spiegel und weiß sofort, von was sie spricht.

      Ich mache meinen Mund zu und verscheuche den bescheuerten Gesichtsausdruck. Lächle sie auch an. »Du weißt, wer ich bin?«

      »Natürlich weiß ich es.«

      »Kannst du mir vielleicht sagen, wie mein Name ist?«

      »Ich könnte dir sagen, wie dein Name war. Ja, das könnte ich. Aber ich werde es nicht tun?«

      »Wieso nicht?«

      »Weil? Sagen wir einmal, meine ärztliche Schweigepflicht es mir verbietet, mich in die Angelegenheiten meiner Kunden und meiner Patienten einzumischen. Weißt du, was ärztliche Schweigepflicht bedeutet?«

      »Ich glaube ja.«

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