Der Weg nach Afrika. Helmut Lauschke

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Der Weg nach Afrika - Helmut Lauschke

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      Dr. Ferdinand nahm es sich zu Herzen, als eine alte Frau auf ihn zukam, die von der Tochter geführt wurde, was der Pastor, der ihm zugewandt stand, nicht sehen konnte. Die alte Frau gab Dr. Ferdinand die Hand und knickte dabei leicht mit den Knien ein, sie bedankte sich in ihrer Sprache für die gute Arbeit am rechten Handgelenk, das sie seiner Betrachtung freigab, wobei er die leichte Verformung des Gelenks sich vorhalten musste. Der Pastor strahlte über diese Art der Kommunikation und meinte, dass er auch von andern Menschen über seine Arbeit gehört habe, die in guten Worten von ihm sprachen. Dr. Ferdinand dankte der alten Frau für die freundliche Geste und wünschte ihr und der Tochter ein gesegnetes Osterfest. Der Pastor verabschiedete sich ebenfalls, weil er noch einige Besuche zu tätigen hatte, wie er sagte. So stieg Dr. Ferdinand in seinen Käfer, grüsste die vorbeigehenden Menschen und schwamm mit dem Auto zwischen den Sandbänken und den eingefahrenen Spuren nach beiden Seiten, wobei das Bodenblech über die Sandhügel scheuerte. Er fuhr an den grossen alten Bäumen und den runtergekommenen Häusern vorbei und staunte über beides, was die finnischen Missionare vor fast hundert Jahren gebaut und gepflanzt hatten.

      Auf der Teerstrasse bog er nun nach rechts und nahm den Weg zum Dorf zurück, erinnerte sich beim Überfahren der wieder aufgebauten Brücke über das Flussrevier des Cuvelai an die Patienten, die durch die Explosion verletzt wurden, und besonders an den vierzehnjährigen Jungen mit der schweren Schädel-Hirnverletzung, bei dem verspätet und stümperhaft eine Kraniotomie durchgeführt wurde, was sein Leben nicht mehr rettete, weil jener skrupellose Leutnantarzt, der wegen anderer, hinterhältiger Machenschaften den Namen 'der Leutnant des Teufels' verdiente, sich beim Teetrinken im Teeraum neben dem Umkleideraum nicht stören liess, obwohl er durch das Glas der Trennwand den bewusstlosen Jungen die ganze Zeit vor seinen Augen hatte. Vor dem Hospital bog Dr. Ferdinand von der Teerstrasse nach links ab, liess das eingezäunte Hospitalgelände rechts liegen und fuhr auf die Sperrschranke zu, wo er sich auswies und die übliche Kontrolle der Wachhabenden am Auto verfolgte, gegen die er nichts machen konnte. Er passierte die Schranke, fuhr zur Wohnstelle und stellte das Auto unter dem Dach neben dem Schlafzimmer ab. Ein Zettel steckte an der Gittertür zur Veranda, auf dem Herr C. 'n geseende Paasfees (ein gesegnetes Osterfest) wünschte und als Absender sich, seine Frau und seine Kinder nannte. Dr. Ferdinand zog die Sandalen in der Veranda aus, wusch sich die Hände, steckte die getragene Wäsche von der Woche in die halbautomatische Waschmaschine und stellte sie an, ass einen Apfel und trank ein Glas Mineralwasser hinterher, legte die dunkle Hose und das weisse Hemd mit den langen Ärmeln über die Rückenlehne eines Sessels und legte sich ins Bett, zog sich die Decke übers Gesicht, weil da zwei Mücken herumschwirrten, die er nicht in die Hand bekam. Es klopfte an der Tür, und Dr. Ferdinand hörte es die ersten Male nicht. Er zog sich die Hose über, liess den Oberkörper frei und öffnete die Tür. Es war Dr. Witthuhn, der ihm frohe Ostern wünschte und gleich eine Sechserlage Dumpies der Marke 'Guinness ' mitbrachte. Dr. Ferdinand öffnete die ersten zwei Flaschen, und sie prosteten sich zu.

      Dr. Witthuhn war in gedrückter Stimmung, etwas stimmte nicht mit ihm, dessen Gemüt so schnell nicht zu drücken war. "Drückt Dir der Schuh", fragte er ihn. "Nein, nicht mehr als sonst, ich habe gestern etwas zuviel getrunken", antwortete er. "Das Leben allein, und dann noch hier, das ist beschissen." Da musste ihm Dr. Ferdinand recht geben, denn das Alleinsein bedrückte ihn auch. Er hatte zwar einige Bücher mitgebracht und sich vorgenommen, etwas zu schreiben, aber die Eintönigkeit des Tages ging ihm auf die Nerven. "Mein Lieber, das ist unser Los, damit müssen wir fertig werden." Dr. Witthuhn meinte darauf: "Wir können doch nicht nur arbeiten, was ist das für ein Leben!, ich komme mir wie ein Esel vor, der arbeitet und zwischen der Arbeit das Essen in den Magen schlägt und schläft." "Vergiss die Biere nicht", ergänzte Dr. Ferdinand. Dr. Witthuhn lachte, leerte seine Flasche und sagte: "das ist meine Medizin." Er erzählte von seinen Kindern, von denen das älteste den Wehrdienst beendet hatte und der zweite Sohn, der seinen Namen trug, demnächst den Wehrdienst hier im Norden ableisten müsse, dem das gar nicht gefiel. Länger sprach er von seiner Tochter, von der er sagte, dass sie ein hübsches Mädchen sei, das aus der Schule gute Noten brächte. "Was für eine Zukunft werden die Kinder haben?" Da wurde er nachdenklich und drückte die Hoffnung aus, dass das verrückte System bald zugrunde gehe. "Wenn ich das Geld hätte, ich würde sie nach Deutschland schicken, damit sie dort ihre Ausbildung haben können. Doch dazu habe ich das Geld nicht." Dr. Ferdinand wollte es nicht so schwarz sehn, als er sagte, dass sich dieses System abgewirtschaftet habe und am Ende sei. "Sieh nur unser vergammeltes Hospital, dann weisst du, dass wir am Ende sind." Dr. Witthuhn wehrte ab: "Sprich nicht vom Hospital, davon haben wir, wenn wir im Dienst sind und von Montag bis Freitag genug, das reicht für den Rest der Woche." Dr. Ferdinand öffnete ihm das nächste Dumpie und begann von seinem Ausflug zur finnischen Holzkirche zur erzählen, als jemand die Verandatür öffnete und am Boden schleifend wieder ins Schloss legte und an die Wohnzimmertür klopfte.

      Von Diamanten unter der Hand

      Es war ein Mann, den beide nicht kannten, und Dr. Ferdinand zwischen dreissig und vierig schätzte, der in einem holprigen Afrikaans die Herren fragte, ob sie Interesse an Diamanten hätten, die von hoher Qualität und besonders preiswert seien. Das Gesicht des Mannes sah verschlagen aus, als ob er zum Fussvolk der Diamantenmafia gehörte, die sich noch rechtzeitig die Kohlen einsacken wolle. Dr. Ferdinand ging auf so ein Geschäft von vornherein nicht ein, da ihm das nicht koscher war, er von Diamanten nichts verstand und vom schnellen Geldmachen auch nichts hielt. Dr. Witthuhn fragte den Mann mit dem verschlagenen Blick, woher die Diamanten kämen und wollte es glauben, als dieser Angola nannte, das reich an Diamanten war. Der Hehler machte sein Spiel und ging mit dem Preis noch runter, weil er vom Reiz der Diamanten wusste und an das Geschäft mit dem ungeschliffenen Glitzerzeug glaubte. Es bedurfte einiger energischer Sätze, um den Mann vor die Tür zu bringen, was er sich nicht so leicht gefallen liess. Es mochte ihm dann doch dumm vorgekommen sein, mit den Diamanten auf den Knien zu rutschen, dass er mit dem Gesicht der Enttäuschung die Wohnstelle verliess, weil es ihm nicht einleuchten wollte, dass es Menschen gab, die mit Diamanten nichts zu tun haben wollten, selbst wenn die Preise einmalig günstig waren, wie er sagte. Dr. Witthuhn lachte und meinte, dass die Wühlmäuse bereits aktiv seien, und die Ratten die Grenze trotz der Minenfelder unterliefen und den Grenzverkehr für Diamanten vorzeitig öffneten. "Das sind doch Zeichen vom bevorstehenden Ende, meinst du nicht auch?", sagte Dr. Ferdinand. Dr. Witthuhn sah das nicht als eine Öffnung des Grenzverkehrs: "Das sind doch die Diamanten, die Jonas Savimbi seinen Freunden und Helfern in die Tasche gesteckt hat und andere sich diese Glitzersteine beim Schulterschluss im Kampf um die 'totale Freiheit' gleich mit einsacken liessen, die nun hier verscherbelt werden, um mit dem Diamantengeld ein gutes Leben zu haben, wenn sie nach Südafrika zurückkehren. Hier machen sie das Geschäft ohne Risiko, was sie da unten nicht so leicht können, weil sie da erwischt werden." Dr. Ferdinand staunte über den Scharfsinn und räumte ihm die gute Kenntnis der Burenmentalität ein. Weil ihm das ohne weiteres einleuchtete, befiel ihn die böse Ahnung, dass der Mann mit dem verschlagenen Gesicht auch ein Fallensteller gewesen sein konnte, woran Dr. Ferdinand gar nicht gedacht hatte, der mit den Diamanten zu Niedrigpreisen die Personen dingfest machte, wo dann die Abwehrmänner der militärischen Führung, denen die Zivilärzte ohnehin ein Dorn im Auge waren, es leicht hatten, diese Leute gleich mit einzusacken und vors Gericht zu bringen, wo ihnen die verquerten Burenrichter, die nicht unbestechlich waren, weil sie dem System des Unrechts auch noch das Recht sprachen, mit Haft- und Geldstrafen kommen konnten.

      "Das ist eine verfluchte Sauerei, wie die hier mit den Menschen umgehen", stellte Dr. Ferdinand erschrocken fest, dem klar wurde, dass er einer Gefahr entronnen war, und an den 'Leutnant des Teufels' dachte, der sich nachträglich noch die Hände vor Schadenfreude gerieben hätte. "Warte nur, jetzt war es erst eine Ratte", sagte Dr. Witthuhn, "aber wie Du weisst, wenn eine Ratte da ist, dann lassen die anderen Ratten nicht lange auf sich warten. Da mache ich mir nichts vor, dass die kommen werden." Dr. Ferdinand öffnete die letzten Dumpies, und sie prosteten sich auf eine bessere Zukunft zu. Er hatte ihn aus dem üblichen Denken gerissen, der Mann mit den verfluchten Diamanten und der unglaublichen Verschlagenheit, die das System für jeden noch bereithält. "Angola ist reich an Öl um Luanda und in

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