Urlaub inklusive Mord. Michael Aulfinger

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Urlaub inklusive Mord - Michael Aulfinger

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er über Hasel wußte. Es war nicht viel. Das Fleisch war nicht besonders geschätzt, weil es trocken war, und viele Gräten enthielt. Kurz entschlossen warf er den Fisch zurück ins Wasser. Dieser freute sich über seine wieder gewonnene Freiheit, und ward nicht mehr gesehen. Dann warf er erneut die Angel aus.

      Abermals nahm er Platz, und beobachtete wie ein Vogelschwarm aus einer Baumkrone eines am Ufer befindlichen Baumes abhob, in die Luft aufstieg, und über dem See nach Westen zog. Sein Blick folgte der Vogelschar, doch wurde seine Aufmerksamkeit von ihr abgelenkt, denn er vernahm hinter sich Schritte. Er drehte sich um und gewahrte Ute. Sie lächelte ihn an. Ihre Augen wirkten erfrischt. Der Schlaf schien ihr gut bekommen zu sein. Keinerlei Anzeichen ließen auf einen erst am vergangenem Tag erlebten Verlust schließen. Es hatte den Anschein, als wenn sie das Erlebte seelisch gut verarbeitet hätte.

      „Guten Morgen. Ich hoffe, ich störe dich nicht.“

      In ihrer Stimme klang im Unterton ein Spur von Frohsinn mit. Nils irritierte dies ein wenig.

      „Guten Morgen Ute. Nein, dies tust du keineswegs. Wie hast du geschlafen?“ Es gab noch einen anderen Grund, den ihn ein wenig verwirrte. Einerseits wollte er alleine sein, andererseits freute es ihm, daß sie ihn besuchte.

      „Super. Danke. Ich habe den Campingbus abgeschlossen. Hast du schon was gefangen?“

      „Ja, einen kleinen Hasel, aber die schmecken nicht, und so habe ich ihn wieder ins Wasser geworfen. Hast du denn schon gefrühstückt.“

      „Nein, noch nicht. Ich habe aber auch noch keinen Hunger.“

      Ute wollte gerade noch etwas sagen, als sie eine Bewegung an der Rute wahrnahm. Sie zeigte sofort mit dem Finger dahin und bemerkte nur

      „Da.“

      Vereint holten sie die Beute an Land, eine wohlschmeckende Äsche. Es war ein besonderes Ereignis eine Äsche zu fangen, allein dies war schon eine Seltenheit. Aber dieser See war ebenfalls mit der Havel verbunden, und somit war wiederum ein reger Fischaustausch möglich. Ansonsten ist die Äsche nämlich ein Flußfisch, und verirrt sich selten in stehende Gewässer. Nils freute sich darüber, und warf die Angel erneut aus. Die Äsche legte er in einen Eimer, und bot Ute seinen Hocker als Platz an. Er war gerade dabei ein anderes Vorfach und einen anderen Haken aus seiner Kiste herauszunehmen, die er beim nächsten mal ausprobieren wollte, als Ute wiederum zur Angel zeigte.

      „Da schau, schon wieder einer.“

      Diesmal holten sie einen prächtigen Karpfen an Land. Ute und Nils strahlten.

      „Das Essen ist gerettet. Du scheinst mir ja wirklich Glück beim Angeln zu bringen. Seit du hier bist habe ich schon zwei Prachtexemplare gefangen.“

      Sie sahen sich an, und Nils sah verlegen weg, als er bemerkte, wie sie ihn anstrahlte. Es war ihm peinlich. Verlegen befestigte er den neuen Haken am Vorfach, und diesen an der Schnur, und warf die Angel wieder aus.

      Andererseits freute er sich, daß es ihr wahrscheinlich besser ging.

      „Dann essen wir nachher leckeren Fisch. Darauf freue ich mich schon. Ach übrigens. Morgen früh können wir nach Neustrelitz fahren. Ich denke, du benötigst dringend neue Bekleidung.“

      „In Ordnung,“ antwortete sie, “aber eins will ich gleich klar stellen. Das Geld für die Klamotten bekommst du alles wieder. Das ist mir wichtig. Nicht, das ich undankbar erscheinen möchte. Aber andererseits möchte ich dir auch nicht auf der Tasche liegen, so daß der Eindruck entstehen könnte, ich würde dich finanziell ausnutzen.“

      „Da brauchst du keine Angst zu haben. Wenn es dir so wichtig ist, kannst du mir alles wieder geben, wenn es dir wieder besser geht, aber im Moment hast du nun mal kein eigenes Geld, und keine Klamotten. Das ist nun mal Fakt. Darum geht es mir. Aber es ist gut, das wir das geklärt haben.“

      Nils wandte sich seiner Angel zu, und Ute nickte einverstanden. Sie saß auf dem Hocker, und verfolgte interessiert, wie er fachmännisch mit seiner Angelausrüstung umging. Sie verloren jedes Zeitgefühl.

      Die Nachmittagssonne brannte hernieder. Ihr Stellplatz war im immer länger werdenden Schatten großer Bäume. Sie waren gerade mit dem Essen fertig. Den filetierten Fisch hatten sie in einer Pfanne auf dem Gaskocher gebraten. Gesättigt lehnten sie sich zurück, und genoßen das ruhige Treiben auf dem Campingplatz. Die meisten Urlauber waren noch unterwegs auf Ausflügen, in der Umgebung, oder am Strand. Gemeinsam bewältigten die beiden das aufräumen und gingen abwaschen.

      Anschließend nahm sich Ute von Nils Duschgel und ein Handtuch. Mit ein paar Münzen ausgestattet, ging sie dann zur Rezeption, um Duschmarken käuflich zu erwerben.

      Nils hatte es sich derweil auf der Luftmatratze bequem gemacht. Sie lag vor der Stirnseite des Campingwagens dem Wald zugewandt. Vom Weg her, auf dem die Urlauber gingen und fuhren, waren somit nur seine Beine zu sehen. Er nahm sich sein Buch zur Hand. Es war der Krimi „Mörder ohne Gesicht“ von Henning Mankell. Als er den Titel genauer betrachtete assoziierte er ihn auf Thorben, dessen Antlitz er auch nicht gewahr werden konnte. Das Buch war spannend, und bald war er von der Geschichte gefesselt. Es handelte von einem brutalen Doppelmord an einem älteren Ehepaar. Dabei waren die Spuren anfangs sehr gering. Es gab keinerlei Anhaltspunkte. Der Kommissar Kurt Wallender hatte außerdem auch seine privaten Probleme, mit seiner Tochter und seiner Exfrau.

      Doch wurde seine Aufmerksamkeit jäh abgelenkt, als er unverhofft eilige Schritte vernahm. Zwischen den Reifen, unter dem Bus hindurch schauend, gewahrte er weibliche Beine, die laufend direkt auf ihm zusteuerten. Sie hatte es wahrlich eilig. Doch blieb sie abrupt am Heck des Fahrzeugs stehen, und verrichtete dort eilig etwas, was ihm verborgen blieb. Wenige Sekunden später kam sie eilig um den Wagen, ohne Handtuch, herum gelaufen, und warf sich völlig überraschend direkt auf Nils. Diesem fiel überrumpelt das Buch aus der Hand, und er spürte den Atem von Ute. Ihre Köpfe waren nur wenige Zentimeter von einander entfernt. Aufgewühlt erschien sie ihm, und legte ihm sogleich die Handfläche auf dem Mund, die ihm zum Schweigen nötigte. Seine Augen drückten Unverständnis aus. Flüsternd erklärte sie ihm ihr Verhalten.

      „Sie sind hier. Ich habe sie von der Rezeption aus gesehen. Sie laufen rum und suchen uns. Hier liegen wir gut. Von dem Weg aus sind nur unsere Beine zu sehen. Am besten wir spielen ein Liebespaar, das ist am unauffälligsten.“

      Nils nickte, und sofort nahm sie die Hand von seinem Mund. Beide spähten sie in ihrer übereinander liegenden Position unter dem Bus hindurch. Da gewahrte Nils in seinem eingeschränkten Blickfeld zwei männliche Beinpaare, die in kurzen Hosen vorbei schlenderten. Als sie in Höhe seines Busses anhielten, stockte Nils der Atem. Er spürte wie sie zu ihnen sahen, aber nur die Beine erblicken konnten. Die Fußspitzen der beiden Männer zeigten in seiner Richtung.

      Da drehte er leicht seinen Kopf gerade, um Ute anzusehen. In dem Moment bemerkt er wie ihr Kopf sich senkte, seinem näher kam, und schon spürte er ihre Lippen auf den seinen innig gepreßt. Er begriff. Wie ein Liebespaar in einer herzergreifenden Kußszene umfaßten seine bisher herabhängenden Arme ihren Köper. Seine Hände wanderten ihren Körper entlang. Er fühlte einige Rippen unter ihrem T-Shirt. Ebenso ihre Brüste. Sofort tauschten sie auf der Luftmatratze heftige Küße aus, und ihre Hände ertasteten weiterhin den jeweils anderen Leib. Innerhalb einer Sekunde, hatten beide das Herum vollständig vergessen. Die beiden Männer, welche ihre Beine beobachteten, waren aus ihrem Bewußtsein gewichen. Schlagartig hatten sie den eigentlichen Grund der grotesken Situation vergessen. In diesen Sekunden gab es nur sie. Sonst war die Welt um sie herum aufgelöst und nicht existent.

      Aus Furcht wurde animalische Begierde. Die Lust hatte sie beide ergriffen.

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