In einer Nacht am Straßenrand. Ben Worthmann

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In einer Nacht am Straßenrand - Ben Worthmann

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einem „Hallo, ja bitte?“.

      „Hier ist Ihr nächtlicher Retter“, sagte er und nannte ihr seinen Namen. „Sie haben haben da am Freitag etwas verloren, das ich Ihnen zurückgeben möchte.“

      Er hörte sie durchatmen. Sie antwortete nicht sofort.

      „Ach, Sie sind das. Ja, mein Pillendöschen, ich habe es schon sehr vermisst. Ein Glück, dass Sie es gefunden haben“, sagte sie schließlich und klang dabei erleichtert.

      „Wie wollen wir's machen? Sollen wir uns irgendwo treffen?“

      „Ja, das wäre ganz gut.“

      „Hier am Marktplatz gibt es dieses kleine Café an der Ecke. Ich könnte dort so gegen Mittag sein, sagen wir, um halb eins?“

      Sie zögerte einen Moment.

      „Ja, das passt auch bei mir“, sagte sie. „Und vielen Dank schon mal, ich freue mich. Bis gleich dann.“

      Ihre Stimme klang freundlich, beinahe warm.

      Leonhard fiel es nicht ganz leicht, sich anschließend auf seine Arbeit zu konzentrieren. Nur gut, dass das alles bisher eher nach Routinekram aussah. Er überflog die anderen Zeitungen, checkte seine Mails und sah die normale Post durch, die es auch immer noch gab.

      Bevor er zur abgemachten Zeit hinunter zu dem Lokal ging, prüfte er noch einmal sein Äußeres im Toilettenspiegel, fuhr sich durchs Haar und vergewisserte sich, dass das Pillendöschen in der Tasche des Sakkos war, das er sich locker über die Schulter warf. Er war ein bisschen aufgeregt, als er im Café eintraf. Es war dort um diese Zeit immer sehr voll, aber er fand noch einen Tisch draußen unter einem der großen Sonnenschirme.

      Nina Winkler kam mit ein paar Minuten Verspätung. Diesmal hatte sie kein Kleid an, sondern Jeans-Shorts und ein geripptes weißes Top. Es saß sehr eng, man konnte sehen, dass sie nichts darunter anhatte. Über der Schulter trug sie eine bunte geflochtene Tasche. Ihre Sonnenbrille hatte sie hoch in ihr kurzes Haar geschoben. Wieder fielen ihm ihr Gang und ihre Haltung auf - Anmut, gemischt mit einer gewissen schlaksigen Burschikosität, die jetzt von ihrem legeren Outfit noch unterstrichen wurde. Sie war wohl doch noch ein Stück weiter von den dreißig entfernt, als er zunächst am Freitagabend gedacht hatte.

      Sie winkte ihm zu, als sie ihn entdeckt hatte. Er wollte aufstehen, um sie zu begrüßen, aber sie ließ sich sofort mit einem kleinen Seufzer auf den Stuhl gegenüber sinken und streckte ihre langen Beine aus. An den Füßen trug sie Ballerinas.

      „Puh, ist das wieder eine Hitze“, stöhnte sie. Er hob die Hand, als die Bedienung vorbeikam. Nina Winkler ließ sich eine Cola bringen, er Wasser und einen Mokka. Sie mussten zum Glück nicht lange darauf warten.

      „Sie sehen aus, als wollten Sie zum Strand. Aber den gibt’s ja hier leider nicht, nur den See“, sagte er und spürte eine leichte Verlegenheit.

      „Mal gucken, vielleicht gehe ich gleich noch schwimmen.“

      „So gut möchte ich es auch haben. Müssen Sie denn nicht arbeiten?“

      „Sie sind wohl ein bisschen neugierig, was?“

      Da war er wieder, dieser plötzlich etwas kokette Unterton, wie am Freitagabend.

      „Berufskrankheit.“

      „Hui, das klingt ja geheimnisvoll.“

      „Das müssen Sie gerade sagen.“

      „Wie meinen Sie denn das nun? Übrigens, wie haben Sie mich überhaupt ausfindig gemacht? Wir haben uns einander ja nicht mal vorgestellt.“

      „Beziehungen, ein Anruf genügt.“

      „Nein, jetzt mal im Ernst“, sagte sie und wirkte leicht verunsichert.

      Leonhard wies auf das Gebäude des „Morgenkurier“ schräg gegenüber.

      „Mein Arbeitsplatz ist dort.“

      „Sie sind bei der Zeitung? Reporter oder so?“

      „Genau“, sagte er und konnte es nicht lassen, noch hinzuzufügen: „Vielleicht haben Sie ja meinen Namen schon einmal gelesen.“

      Sie blickte ihn ernst und ein bisschen forschend an, ging aber nicht darauf ein. Ihre Augen waren von einem sehr dunklen Grün.

      Er wollte jetzt eine rauchen. Er nahm seine Zigarettenschachtel aus der einen Tasche des Sakkos, das er über den Stuhl gehängt hatte, aus der anderen holte er das Pillendöschen hervor und legte es ihr hin.

      „Hier, damit wir das Wichtigste nicht vergessen.“

      Sie griff rasch danach und ließ es sofort in ihrer bunten Tasche verschwinden.

      „Vielen Dank“, sagte sie und errötete leicht.

      „Wer ist denn eigentlich B.B.?“, fragte er und bot ihr eine Zigarette an, bevor er sich selbst eine anzündete. Sie hielt ihre vorsichtig zwischen ihren schmalen Fingern, nicht wie eine geübte Raucherin. Erst jetzt fiel ihm auf, dass ihre Nägel nicht mehr rot lackiert waren. Einen Ehering trug sie nicht.

      „Brigitte Bardot, Bert Brecht oder Benjamin Brittain ja wohl eher nicht“, versuchte er es, als sie nicht auf seine Frage reagierte.

      „Nun seien Sie mal nicht zu neugierig, Herr Reporter“, sagte sie und klang plötzlich ein bisschen schnippisch.

      „Na ja, ich weiß ja so gut wie nichts über Sie – nur, dass Sie einen schicken offenen Zweisitzer fahren und manchmal abends anhalten müssen, weil ihnen etwas flau ist.“

      „Ach, das...“ Sie verzog leicht das Gesicht.

      „Und was machen Sie sonst so?“

      „Im Moment, ehrlich gesagt, gar nichts. Ich habe erst kürzlich mein Medizinstudium beendet und bin jetzt auf Jobsuche. Hab mir ein bisschen viel Zeit gelassen damit.“

      Sie bemerkte offenbar seinen fragenden Blick.

      „Als Nächstes wollen Sie wahrscheinlich wissen, wieso eine Langzeitstudentin einen Sportwagen fährt. Nun, ich werde von zu Hause großzügig subventioniert. Verwöhntes Einzelkind und so.“

      Sie sagte das mit einem etwas spöttischen Lächeln.

      „Und Ihre Eltern, wohnen die ebenfalls hier?“

      „Nein. Und ich habe bis vor Kurzem auch nicht hier gewohnt. Schließlich gibt’s ja hier keine Uni.“

      Sie drückte ihre Zigarette aus und schwieg. Leonhard hätte sie gern gefragt, weshalb sie hierher gezogen war und auch noch einiges mehr. Aber er hatte das Gefühl, dass seine Fragen ihr nicht besonders angenehm waren. Und sie wiederum schien auch nicht daran interessiert zu sein, ihm weitere Fragen zu stellen, beispielsweise, ob er Kinder hatte oder wie lange er schon verheiratet war. Ihr konnte ja wohl kaum entgangen sein, dass er einen Ehering anhatte. Und er arbeitete bei der Zeitung. Das allein machte die meisten Menschen neugierig.

      „Halte ich Sie eigentlich nicht von der Arbeit ab?“, fragte sie nur.

      „Nein nein,

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