Irma. Michael Tycher

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Irma - Michael Tycher

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gerade bei diesem sensiblen Thema, ist von der Chefredaktion erwünscht.“

      „Was für ein Thema? Das klingt ja geheimnisvoll.“

      „Die versteckten Juden in Hamburg“, erklärt Britta.

      „Während der NS-Gewaltherrschaft wurden die deutschen Juden in die Vernichtungslager nach Osten deportiert. Das Reich sollte judenfrei sein, so wollten es Hitler und seine Mörderbande. Die meisten hat es dann auch erwischt. Entweder sind sie freiwillig zu den Sammelpunkten gekommen und wollten an einen Arbeitseinsatz im Osten glauben oder die Gestapo hat sie gewaltsam abgeholt.“

      „Halt Moment mal, es handelt sich also um ein NS-Thema, richtig?“

      „Ja, Herr Chauffeur, sie haben es erkannt. Ich hoffe, das führt weder bei ihnen zu einer intellektuellen Überforderung noch zu dem ‚Ich kann es nicht mehr hören, außerdem war ich nicht dabei.“

      Lars fühlt sich ertappt. Genau in diese Richtung wollte er gerade lospoltern. Doch auch er hatte als Chauffeur in Berlin viel mit Juden und Veranstaltungen im Zusammenhang mit dem Holocaust zu tun gehabt. Er erinnert sich an ein altes Pärchen, das er durch die Ausstellung der Wannsee-Villa geführt hatte. Dabei blieb ihm oft fast die Luft weg, als er schwarz auf weiß in den Protokollen der Wannsee-Konferenz nachlesen konnte, wie eiskalt logistisch der Mord an Menschen mit jüdischem Glauben durchgeführt worden ist. Ein paar Tage später ist Lars wieder in die Wannsee-Villa gefahren und hat weitere Dokumente gelesen, diesmal alleine.

      Lars legt eine ernste Miene auf.

      „Nein, das geht schon in Ordnung, ich war bloß nicht auf dieses Thema vorbereitet, aber jetzt bin ich bereit. Du musst also nichts über diese Ausstellung schreiben, sondern nur Präsenz zeigen? Habe ich das richtig verstanden?“

      „Nicht so ganz, ich werde etwas für unseren Recherche-Pool schreiben. Du weißt doch, wir sammeln und sammeln bis endlich eine Geschichte daraus wird. So arbeitet dieses Nachrichtenmagazin schon seit Jahrzehnten. Wichtig ist heute, wer da ist und wer welche Reden hält. Immerhin heißt es, dass der Bundespräsident auch kommen soll.“

      „Wow, und ich fahre ihn nicht, da hat er was versäumt. Aber halt, setze mich doch bitte weiter ins Licht. Was heißt: Die versteckten Juden in Hamburg?“

      Britta hält die Augen auf, denn ein Parkplatz muss her.

      „Nicht alle Juden wurden in die Vernichtungslager deportiert. Es gab mutige Hamburger, die sie bei sich in der Wohnung oder im Garten versteckt haben, und das über Jahre. Sie haben sie verpflegt und ihnen Mut zugesprochen. Einige haben überlebt, andere nicht. Sie sind durch Verrat aufgeflogen oder bei der Bombardierung durch die Amerikaner und Briten getötet worden. Sie konnten ja schließlich nicht mit in den Luftschutzkeller. Aber, es waren nur ganz wenige Deutsche, das muss auch deutlich gesagt werden, die so ein Risiko eingegangen sind.“

      „Du meinst, man sollte aufpassen hier nicht den Gutdeutschen zu verkaufen?“

      „Genau das ist der Knackpunkt, der politische. Es gibt inzwischen sogar die Vermutung, dass die Menschen, die deutsche Juden, also fast ihre Nachbarn, versteckt haben, miteinander in Verbindung standen. Sie haben sozusagen ein Netzwerk gebildet.“

      „Hochinteressant! Warum parkst du nicht einfach hier rechts ein und steckst dein Presseschild hinter die Windschutzscheibe?“ Lars zeigt auf einen freien Parkplatz, der sich allerdings im Halteverbot befindet.

      „Du weißt, wie ungern ich die Journalistin raushängen lassen möchte. Ich finde es peinlich, auf diese Privilegien zu pochen. Übrigens das gilt auch für Häppchen auf Pressekonferenzen. Ich vermeide diese Art von Verpflegung. Ich komme mir dabei etwas gekauft vor.“

      Britta hat Recht, denkt Lars, er wird sich beim Catering zurückhalten.

      „Was hältst du davon, wenn wir hinterher zu unserem Eppendorfer Italiener gehen und uns noch was Gutes antun?“ Britta hat schon die Lösung für die Nahrungsaufnahme gefunden.

      „Gute Idee, aber nicht so richtig doll viel essen, den Hauptgang möchte ich lieber bei uns zu uns nehmen.“

      Die ‚Trattoria Campo da Franco’ liegt nicht weit von Brittas und Lars’ Wohnung, die sich in der Geschwister-Scholl-Straße befindet, entfernt. Das Restaurant ist in dem Haus, wo einst der Komponist Johannes Brahms wohnte, und glänzt mit apulischer Gastlichkeit. Es ist gemütlich eingerichtet und das Essen schmeckt vorzüglich. Es ist das Stammlokal des Chauffeurs und der Journalistin.

      „Ich fand die Reden steif. Außerdem hatte ich das Gefühl, dass es beim Wettkampf – wer zeigt die größte Betroffenheitsmiene – keine Verlierer gab. Und dass der Bundespräsident nur einen Gruß verlesen ließ, ist enttäuschend. Dann hätte er seine Anwesenheit gar nicht erst ankündigen sollen.“

      Lars füllt in beide Gläser den Rest des offenen Rotweins und schaut Britta tief und intensiv in die Augen. Britta erwidert den Blick.

      „Ich empfinde es auch so. Man sollte mal, wenn der Wirbel vorbei ist, sich die Zeit nehmen und die Ausstellung in aller Ruhe ansehen. Ich habe leider nicht viel von den Exponaten mitbekommen. Aber jetzt würde mich der Hauptgang interessieren. Du hattest ihn großspurig angepriesen.“

      „Dann sollten wir bezahlen und die Lokalität wechseln, hoppla mein Handy vibriert.“

      Lars schaut auf das Display.

      „Das ist ‚Very first class Limo’ aus Berlin, um diese Uhrzeit. Die wissen doch, dass ich nicht mehr in der Hauptstadt arbeite. Vielleicht haben sie einen Job für mich hier in Hamburg.“

      „Geh doch ran, dann weißt du es“, fordert Britta.

      „Lars Maibach.“

      „Wunderlich vom Limoservice, für die späte Störung entschuldige ich mich, es ist aber schön, dass ich sie noch erreiche.“

      „Was kann ich für sie tun, Frau Wunderlich?“

      „Ich weiß, sie arbeiten jetzt vornehmlich in Hamburg, aber wir haben da ein kleines Problem.“

      „Wenn ich helfen kann, wäre es mir eine große Freude.“ Lars zuckt mit den Schultern, um Britta zu signalisieren, dass er immer noch nicht weiß, um was es geht.

      „Sie haben vor Jahren eine Dame aus den USA für ein paar Tage in Berlin betreut, Frau Professor Doktor Mitteldorff. Sie ist eine Deutsche. Können sie sich erinnern?“

      Lars versucht sich zu erinnern.

      „Nicht wirklich, ich habe mit sehr vielen Menschen in den letzten Jahren zu tun gehabt …“

      „Es ist eine ältere Dame gewesen, sie ist wegen einer Beerdigung nach Berlin gekommen und …“

      Jetzt fällt bei Lars der Groschen.

      „Ja, ich erinnere mich, ein freundliches Wesen, richtig, wir hatten trotz des traurigen Umstandes viel Spaß gehabt.“

      „Genau jene Dame kommt wieder nach Berlin und möchte wieder sie als Chauffeur buchen, natürlich nur, wenn sie Zeit haben und den Job auch annehmen würden. Und sie möchte darauf hinweisen, dass sie in den letzten Jahren nicht beweglicher geworden ist. Ich denke, sie bräuchte ein wenig Hilfe bei einigen Dingen“, analysiert Frau Wunderlich.

      „Um

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