Glücksspiel. Hans W. Schumacher
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"Na, gehen wir mal in die Küche," schlug Renard vor.
"Aber was sollte er da genommen haben?"
"Vielleicht altes Porzellan," meinte Renard. Er betrachtete den hellen, vor Sauberkeit blitzenden Raum, alles war aufgeräumt und dekorativ in den Glassschränken angeordnet.
"Sie haben eine hervorragende Putzfrau," sagte er gutgelaunt. Er wischte sich mit einem Papiertaschentuch die Nase, bückte sich und öffnete den Mülleimer, um es wegzuwerfen. Laffitte sah rote Flecken auf der Innenseite des Deckels. Renard schlug ihn zu und fragte: "Also hier ist auch nichts weggekommen?"
Die beiden ließen die Blicke ratlos über díe Schränke schweifen, öffneten die Türen, bückten sich, sahen hinein: "Nein, auch nichts."
"Um so besser, dann gucken wir einmal ins Bad."
Auch das Bad blitzte, als sei die Putzkolonne gerade erst fortgegangen. Renard nahm ein hübsches geschliffenes Zahnputzglas in die Hand und hielt es gegen das Licht: "Köstliche Arbeit, und das fürs Bad. Alle Achtung!"
"Und nun noch ins Schlafzimmer!" Er ging munter voran, die anderen trotteten gelangweilt hinter ihm drein.
Vor der Tür angekommen, rief Vlassens plötzlich von hinten: "Aber im Schlafzimmer brauchen wir nicht nachzusehen, da war er gar nicht drin, erst als er ohnmächtig war."
Renard hatte aber schon die Klinke ergriffen, öffnete die Tür und warf einen Blick hinein: geblümte Seidentapeten bekleideten die Wände, das breite Bett im Stil Louis XVI. war zerwühlt, zwei Kommodenschubladen waren halb aufgezogen und zeigten wohlgeordnete Wäsche. Renard musterte noch einmal nachdenklich den Blutfleck, der die Wand neben der Tür verunzierte, deutete darauf und klagte: "Schade um die schöne Tapisserie." Dann trat er ans Mansardenfenster und blickte auf das Dach und die Kamine rings umher und schien den Blick zu genießen.
"Eine schöne Aussicht haben Sie hier," sagte er anerkennend. Vlassens nickte, Frau Cecchini schien beklommen. Kein Wunder, der Fleck erinnerte an eine ziemlich unangenehme Szene. Wahrscheinlich waren die beiden gerade in der schönsten Situation gestört worden.
"Also, das wäre zunächst alles," meinte Renard: "Ja, noch eins. Wollen Sie gegen den Einbrecher Anzeige erstatten?"
"Natürlich," sagte Vlassens schnell.
"Die Frage," wies ihn Renard zurecht, "ging eigentlich an die Wohnungsinhaberin, sie ist die Geschädigte."
Fräulein Cecchini schien verlegen, sie rang um eine Antwort, endlich hob sie den Kopf und sagte: "Kann ich mit Herrn Vlassens kurz unter vier Augen sprechen?"
"Selbstverständlich, wir gehen solange in den Salon." Die Kriminalbeamten gingen hinüber. Renard klopfte mit den Fingern auf die Empire-Kommode, während ihn Laffitte nachdenklich anstarrte. Nach ein paar Minuten stieß das Paar zu ihnen und Fräulein Cecchini sagte: "Wir werden keine Anzeige erstatten, es ist ja, soweit wir sehen können, nichts gestohlen worden, außerdem ist es uns unangenehm. Herr Dupont ist doch ein Kollege...."
Vlassens fügte drohend hinzu: "Ungestraft kommt er aber nicht davon. Ich werde veranlassen, daß ihn die Firma entläßt, wir können in unserem Metier keine Kriminellen dulden."
Auweia, dachte Laffitte, das trifft unseren Spinner aber unverdient hart, er wollte den Mund auftun, um Dupont zu verteidigen, seine möglichen Absichten kundzutun, aber Renard sah ihn stirnrunzelnd an, als wüßte er, was er sagen wollte. Laffitte schwieg verdattert. Was hat der Kommissar vor? dachte er, er kann den armen Dupont doch nicht über die Klinge springen lassen.
"Es ist möglich, daß ich Sie noch einmal aufs Revier bitten muß," sagte Renard, zum Abschied jovial Hände schüttelnd, "ach was, was sollen Sie sich bemühen! Ich komme und bringe das Schreiben selbst her, Sie müssen noch eine offizielle Verzichtserklärung auf die Strafverfolgung unterzeichnen. Ohne diese wären wir gezwungen, von Amts wegen ein Verfahren einzuleiten."
"Bis wann würden Sie denn damit kommen? Ich muß am Dienstag zu einer Beerdigung nach Nizza fliegen."
"Das tut mir leid. Darf ich fragen, wer der Verschiedene ist."
"Mein Vater ist vorige Woche gestorben."
"Mein herzliches Beileid!"
Renard legte eine angemessene Pause ein und fuhr dann fort: "Aber danach kehren Sie wieder hierher zurück?"
"Das kann ich noch nicht sagen, wenn Sie es aber wissen wollen, brauchen Sie nur in Cap d'Antibes anzurufen. Haben Sie etwas zu schreiben?" Sie diktierte ihm die Nummer.
"Könnten Sie mir auch die Adresse geben, falls wir Ihnen einen Brief schicken müssen?" Der Kommissar trug alles in ein kleines Notizbuch ein:
"Noch etwas, entschuldigen Sie die Frage: heißt Ihr Vater vielleicht Gasparo Cecchini?"
"Ja," sagte sie erstaunt.
"Dann auf Wiedersehen."
Unter der Tür drehte sich der Kommissar noch einmal zu dem Paar um: "Sagen Sie, mein Fräulein, besitzen Sie eine Katze?"
"Nein," sagte sie erstaunt.
"Aha," murmelte Renard zerstreut, zog eine Pfeife aus der Rocktasche und steckte sie in den Mund.
Der braungebrannte Vlassens begleitete die beiden Beamten die fünf Schritte bis zur Treppe und bemerkte, höflich Konversation machend: "Sie sehen so blaß aus, Herr Kommissar, haben Sie noch keine Ferien gemacht?"
"Nein, mein Urlaub beginnt erst am 1.August. Sie kehren wohl gerade zurück?"
"Ich bin gestern erst wiedergekommen. War vier Wochen in der Karibik."
"Also dann auf Wiedersehen!" Renard und Laffitte stiegen die Treppe hinunter.
Vlassens winkte mit der Hand hinter ihnen her und ging zu Fräulein Cecchini zurück, die ihn in der Tür stehend erwartete.
Kapitel 3
Laffitte lenkte das Auto durch den angenehm dünnen Sonntagsverkehr zurück zum Revier.
"Da wären wir wieder am Anfang angekommen," sagte er vorwurfsvoll zu seinem Chef, der an seiner kalten Pfeife knabberte und vor sich hinbrütete.
"Das war ein totaler Schlag ins Wasser, Zeit vergeudet, ein Mann krankenhausreif geschlagen, zudem noch von Entlassung bedroht. Aber Dupont tut mir echt leid. Chef, können Sie sich nicht ins Mittel legen und Vlassens von seinem Vorhaben abbringen."
"Dazu ist es noch zu früh," sagte Renard enigmatisch und lächelte, wobei aber der scharfe Zug um seinen schmalen Mund noch schärfer wurde.
"Übrigens," murmelte er zwischen den Zähnen, ohne die Pfeife loszulassen, "hier habe ich etwas für Sie." Er zog ein rotbeflecktes Papiertaschentuch aus der Hosentasche und hielt es Laffitte hin: "Bringen Sie es ins Labor. Sie sollen herausfinden, was für ein Zeug das ist: roter Beetesaft, Menschen-, Rinder- oder Schweineblut oder was sonst." Er erwähnte keine Maus, um nicht wieder einen Lachanfall hervorzurufen.
"Mann,