Der rote Feuerstein. Kim Scheider
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Der rote Feuerstein - Kim Scheider страница 18
„Versteckt euch nur“, lachte er, nur wenige Gänge entfernt. „Ich werde euch schon finden und dann seid ihr dran, das garantiere ich euch!"
Mit diesem Versprechen im Nacken hastete Paul der Fee hinterher, die gerade in einen neuen Tunnel abbog.
Das Schlimmste für die beiden war, dass sie den Dämon in der Dunkelheit nicht einmal würden kommen sehen. Ein Ungetüm wie dieses benötigte schließlich kein Licht wie sie, um sich in der Dunkelheit zu orientieren. Die ständige Sorge, er könnte sich plötzlich unbemerkt von hinten auf ihn stürzen, trieb Paul den Angstschweiß aus allen Poren. Als er schon befürchtete, er müsse durchdrehen, erreichten sie eine Treppe, die in die Tiefen des Felsens hinab führte. Vicki deutete nach unten und reckte den Daumen in die Höhe, was Paul zunächst mal positiv bewertete. Nicht so positiv waren die Geräusche, die aus einem Gang zu ihnen drangen, der nicht allzu weit entfernt sein konnte.
„Ich kriege euch“, hörten sie die bösartige Stimme als nervenden Singsang erneut. „Gleich hab ich euch..."
Lass den blöden Tunnel über ihm einkrachen, flehte Paul an niemand bestimmten gerichtet, während er Vicki die Treppe hinunter folgte, die einfach kein Ende nehmen wollte. Seine Nerven waren inzwischen zum Zerreißen gespannt. Pauls Befürchtung, sich mittlerweile schon weit unter dem Meeresspiegel zu befinden, wurde durch die immer größer werdenden Rinnsale unterstützt, die mittlerweile noch zahlreicher aus den Wänden drangen. Überall hatten sich Salzkristallbahnen gebildet, die sich wie ein gigantisches Spinnennetz über die Wände zogen und im Licht der Fee gespenstisch leuchteten.
Die Vorstellung, dass sich über ihm meterhohes Felsgestein und womöglich sogar schon die Wassermassen der Nordsee befinden könnten, die nach wie vor nicht nur latent vorhandene Panik vor dem Rochusmenschen, die Tatsache, dass Vicki plötzlich, trotz ihres eigenen Schweigegebotes, laut fluchte und die Ursache für den Fluch, all das zusammen bewirkte wohl, dass Paul einen unglaublichen Urschrei von sich gab, in dem sich all seine Ängste widerspiegelte.
Solche Geschichten zu lesen, in Ordnung.
Anschließend, mit einem leichten Prickeln im Nacken, im Dunkeln zum Klo zu gehen und fast einen Herzstillstand zu kriegen, wenn die Katze einem plötzlich um die Beine streicht, auch in Ordnung.
Aber das alles hier wirklich zu erleben, eindeutig nicht in Ordnung!
Paul stand da wie angewurzelt und lauschte dem Hall seines Schreis nach. Im selben Moment, als er verklungen war, wurde ihm bewusst, was Vicki ihm auch sofort unter die Nase rieb.
„Ging’s nicht noch ein bisschen lauter? Den Brüller dürfte unser Freund da oben wohl kaum überhört haben”, zischte sie ihn verärgert an. Paul wollte sich entschuldigen, aber er brachte nur ein undeutliches Gekrächze zustande.
Doch das kleine Fabelwesen konnte den Jungen ja auch verstehen. Für einen zwölfjährigen Menschenjungen, der ihre Welt bis vor etwa 24 Stunden noch unter dem Begriff „Fantasie” kannte, hielt er sich eigentlich sogar besser, als sie gedacht hatte. Leider stand so viel auf dem Spiel - es war keine Zeit mehr, ihn behutsam auf die ihm bevorstehende Aufgabe vorzubereiten. In zwei Tagen wäre die Krönungsfeier. Wenn sie dann nicht zurück wäre...
Sie traute sich kaum, den Gedanken zu Ende zu bringen. Sie mussten es einfach schaffen. Ihrer beider Welten waren in Gefahr und sie waren die einzigen, die dies noch verhindern könnten. Wenn sie doch nur endlich Zeit finden würde, Paul all die Umstände zu erklären, die ihn nun in diese Situation gebracht hatten, dann würde er sicher verstehen, dass es einfach nicht anders ging.
Nun aber würde der Junge es wohl auf die harte Tour lernen müssen. Er konnte es schaffen. Vicki war sich ganz sicher, dass er der Richtige für diese Aufgabe war.
Er würde es schaffen!
Bestimmt!
Zunächst einmal musste Vicki jedoch zusehen, dass sie aus dieser Sackgasse irgendwie wieder heraus kamen. Doch zum Glück war die Fee praktisch veranlagt.
„Pass auf, wir müssen hier weg”, sagte sie behutsam zu Paul, der vor Angst schlotternd auf der vorletzten Treppenstufe stand.
„Und wie soll das gehen?”, stieß er panisch hervor. „DA IST ZU!”
„Das ist kein Problem, lass mich nur machen. Du musst aber ein Stück zurück gehen.”
Auf das bisschen Krach kommt es jetzt auch nicht mehr an, dachte die kleine Fee. Ein feuriger Blitz schoss aus Vickis Handfläche und eine mittlere Explosion ließ den Bretterverschlag, der ihnen den Fluchtweg versperrte, in tausend Einzelteile zerbersten.
Der Weg war nun frei und Paul hatte sich soweit gefangen, dass er Vicki direkt folgen konnte. Schon nach ein paar Metern drehte die Fee sich zu ihm um und Erleichterung stand ihr im Gesicht geschrieben.
„Hier kenn’ ich mich aus, jetzt ist es nicht mehr weit.”
Sie bogen nach links ab, folgten einer kurzen Treppe ein Stück nach oben und gelangten in einen langen Gang, an dessen betonierten Wänden Holzbänke standen. Unter einer von ihnen hatte Paul damals im Urlaub den Feuersteinanhänger gefunden.
Den Schlüsselstein!
Wieder tastete er erschrocken nach der Kette und stellte beruhigt fest, dass sie noch da war. Der Gang vor ihnen mündete bald in einer T-Kreuzung, an der Vicki wieder links abbog und sich wieder aufgeregt zu Paul umdrehte.
„Wir sind jetzt da, gleich da vorne ist es...”
Fröhlich summend flog sie voraus, hielt jedoch kurze Zeit später wie angewurzelt inne.
„Das, - das gibt’s doch nicht. Das ist falsch!”
Hektisch flog Vicki an der Mauer entlang, hin und her zwischen zwei bestimmten Stellen. Das konnte doch nicht wahr sein!
„Was ist los? Was hast du? Was ist falsch?” Paul blickte verständnislos auf die beiden Punkte im Beton, die Vicki immer wieder anflog.
„Da, sieh hier, das Loch für den Schlüsselstein.”
Paul trat näher an die von Vicki beleuchtete Stelle heran. Er entdeckte einen kleinen, unscheinbaren Spalt im Gestein, gerade groß genug, um den Feuerstein an seiner Kette der Breite nach in den Ritz zu stecken. Kaum hatte er dies entdeckt, flog Vicki auch schon etwa zehn Meter weiter nach rechts und beleuchtete die andere Stelle. Auch hier war ein Spalt in der Wand mit den entsprechenden Maßen.
„Soll das etwa heißen, es gibt zwei Tore?” Paul verstand die Welt nicht mehr.
Aber Vicki erging es anscheinend ähnlich. „Ich weiß auch nicht, was das soll. Hier war immer nur ein Tor - das hier!” Vickis Stimme überschlug sich fast vor Panik.
„Oder nein, - das hier! Oder, - ach Mist, ich weiß es einfach nicht!”
„Du weißt nicht, welches das richtige Tor ist?”
„Nein, ich weiß es nicht.” Die Stimme der Fee war nur