Der rote Feuerstein. Kim Scheider

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Der rote Feuerstein - Kim Scheider

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von einem fröhlichen, bunten Känguru mit roter Zipfelmütze bewacht wurde.

      „Was ist mit dir, Deak?”, fragte es den Dackel an Vickis Seite.

      „Nee, du, lass mal gut sein”, lehnte dieser dankend ab.

      Achselzuckend wandte sich das Känguru dem nächsten Bewerber zu, einem riesigen, braunen Bären, der ein sehr guter Freund von Vicki und Deak war und dem Märchen Schneeweißchen und Rosenrot entstammte. Die Fee und der Wehrdackel gesellten sich zu den anderen Schaulustigen und beobachteten die letzten Bewerber, die ihre zusammengefalteten Fotos in den Kessel warfen.

      Eine halbe Stunde und ungefähr 50 Anwärter auf den Königsposten später war es dann endlich so weit. Es schlug zur Mittagsstunde.

      Der Festplatz unter der Weltenesche hatte sich mit tausenden und abertausenden Atlantern gefüllt. Keiner von ihnen wollte sich die erste Krönung seit 77 Jahren entgehen lassen. Für viele war es sogar die Erste überhaupt. In 77 Jahren war viel geschrieben worden.

      Links von Vicki schien sich die gesamte Märchenwelt versammelt zu haben. Von Schneewittchen und ihren sieben Zwergen über Rapunzel und Rumpelstielzchen bis hin zu Sterntaler und Aschenpuddel hatte sich dort alles eingefunden, was Rang und Namen hatte. Vicki entdeckte in der Menge auch den Bären, der nach ihr sein Bild in den Loskessel geworfen hatte. Er schien vor Aufregung kaum noch stehen zu können und wurde von Schneeweißchen und Rosenrot gestützt, die ihm aufmunternd über sein zotteliges Fell streichelten.

      Rechts von Vicki und ihrem Begleiter erstreckte sich die Fantasyabteilung. Drachen, Helden und eine Reihe zum Teil recht obskur aussehender Fabelwesen bedeckten die Ebene, die sich auf dieser Seite vor der scheinbar unendlich weit ausladenden Weltenesche erstreckte.

      Über ihren Köpfen flogen kreischend und schnatternd ein paar Hexen auf ihren Besen und auch hinter ihnen hatten sich noch einige tausend Atlanter versammelt. Soweit das Auge reichte tummelte sich eine bunte und artenreiche Masse.

      Eine der fliegenden Hexen legte sich mit dem Känguru am Loskessel an. Sie wollte absolut nicht einsehen, dass sie ihr Foto nicht mehr einwerfen durfte und beschimpfte das Känguru wenig freundlich als kleinkarierten Korinthenkacker.

      Ansonsten herrschte allgemein ausgelassene Partystimmung. Die sofort in ehrfürchtiges Schweigen umschlug, als die gerade eben noch amtierende Königin „Barbara die Schöne“ - ein bebrilltes Warzenschwein mit langen blonden Haaren und einer Unmenge von Lippenstift im Gesicht - sich auf den Ratstuhl unter der Weltenesche niederließ. Sie genoss diese letzten Momente des Respektes ihr gegenüber sichtlich, doch bevor die Menge unruhig werden konnte, setzte sie bereits zu einer ihrer gefürchteten, weil ausgiebigen Reden an. Gebieterisch erhob sie die Vorderpfoten und rief mit erstaunlich tiefer Stimme:

      „So höre das Volk, was die Königin zu sagen hat!”

      Sie wartete, bis auch in den letzten Winkeln Ruhe eingekehrt war. „Seit nunmehr 77 Jahren, 3 Monaten, einer Woche und 5 Tagen, habe ich, Königin Barbara die Schöne, nun meine schützende Hand über dieses Volk gehalten...”

      Erneut kehrte Unruhe ein, die sich von hinten nach vorne durcharbeitete.

      „Was hat sie gesagt?”

      „Ich weiß nicht, ich versteh’ auch nichts!”

      „Kann mal einer lauter machen?”

      Die Königin hielt irritiert inne, dann gebot sie dem Hofstaat ärgerlich, für eine bessere Akustik zu sorgen. Sofort wurden überall zwischen den Atlantern Lautsprecheranlagen aus dem Boden gefahren, auf denen der eine oder andere unerwartet eine Etage höher befördert wurde. Manch einer stieß sich an dem Geäst der Weltenesche über sich kräftig den Schädel.

      Barbara fuhr indessen fort. „Und obgleich sich Atlantis während meiner Regentschaft um ein Vielfaches vergrößert hat, ist es mir dennoch gelungen, stets gerechte Entscheidungen im Sinne aller zu fällen und die Interessen aller gebührend zu berücksichtigen!”

      „Bescheidenheit gehörte noch nie zu ihren Stärken. Leicht größenwahnsinnig, die Gute”, raunte Deak Vicki zu, die ihm verschmitzt zuzwinkerte. Auch wenn sie brav mit den anderen mit applaudierten, waren sie insgeheim doch froh, nun erst einmal einen neuen König zu bekommen.

      Darauf kam Königin Barbara für ihre Verhältnisse auch schon ziemlich schnell zu sprechen.

      „Doch nun genug des, wie mir scheint, durchaus gebotenen Eigenlobes. Heute nun, in der Stunde der Mittagssonne, endet meine ruhmreiche Zeit und ein neuer König wird Atlantis regieren. Wo einst in den Sagen sein Großvater Odin über die alten Götter in Asgard gebot, auf dem Ratstuhl unter der Weltenesche, wird nun Fosite sein Amt antreten. Möge auch für die Dauer seiner Regentschaft ein gutes Los gezogen werden und seine Regierungszeit mit Ruhm und Ehre gesegnet sein. Ein Hoch auf König Fosite!”

      Und während das Volk, das wahrscheinlich kein Wort außer Fosite verstanden hatte, den Friesengott mit frenetischem Applaus begrüßte, sprang das ungewöhnliche Warzenschwein behende vom Thron, um für den neuen König Platz zu machen.

      Langes, blondes Haar umtoste die stattliche Gestalt des Gottes, als er kraftvollen Schrittes zu Barbara hinüberkam. Am lautesten jubelte natürlich die Riege der Götter: Odin, der germanische Göttervater, der ägyptische Sonnengott Ra und all die anderen kriegten sich kaum ein. Doch auch sonst war der Beifall so überwältigend, dass Vicki der Verdacht beschlich, sie wäre wohl nicht die Einzige, die „Barbara die Schöne” nicht vermissen würde.

      Ganz im Gegenteil, sie fühlte sich Fosite sogar etwas verbunden; teilten sie doch die Vorliebe für die Insel Helgoland, die in den alten Sagen gar Fositesland genannt wurde. Selbst der Zwischenfall mit der Explosion vor einigen Jahren hatte dem keinen Abbruch getan, auch wenn es sie den einen oder anderen Zauber und ein wenig Anstrengung gekostet hatte, um den Zugang nach Atlantis nach dem Big Bang wieder freizulegen.

      Als König Fosite sich nach einigem Händegeschüttel und Zepterüberreichen dann endlich den Atlantern zuwenden konnte, kehrte aber schnell wieder Ruhe ein. Keiner wollte die ersten Worte des neuen Monarchen verpassen. Man erwartete viel von diesem König, der durch seine Erfahrungen als friesischer Friedensgott durchaus als Hoffnungsträger galt. Es waren schwierige Zeiten für Atlantis. Nie zuvor waren mehr Menschen der Schrift mächtig gewesen und ebenfalls nie zuvor hatten sich so viele von ihnen berufen gefühlt, ihre Phantasien niederzuschreiben. Atlantis drohte ins Unermessliche auszuufern.

      Da König Fosite aber um all dies wusste, setzte seine Antrittsrede auch genau dort an.

      „Liebe Atlanter!

      Ich danke euch für den herzlichen Empfang, den ihr mir bereitet habt. Ich trete mein Amt zu einer Zeit an, die für alle Bewohner unserer Welt nicht leicht ist. Täglich wächst unser Volk und somit auch die Anzahl der aufeinander prallenden Interessen. Ich bin mir dieser Verantwortung durchaus bewusst. Auch die Größe unseres Reiches gerät ständig aus den Fugen, denn mit unseren neuen Mitwesen steigt auch die Zahl der vielen Welten, Mikrokosmen und Universen, die sie mit sich bringen. Erschwerend kommt natürlich hinzu, dass die Phantasie der Menschen immer obskurere Blüten treibt, so dass die Verbannungen in die Abgründe von Atlantis - ein Schaudern ging durch die Menge - allmählich Überhand nehmen und die zuständige Abteilung den Massen kaum mehr beikommt.”

      König Fosite seufzte schwer. Doch dann richtete er sich zu seiner imposanten Größe auf und eine Kraft und positive Energie gingen von ihm aus, die das verunsicherte und bedrückte Volk der Atlanter mitzureißen vermochte.

      Auch Vicki

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