Der Herr des Krieges Teil 2. Peter Urban
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Wathier konnte Ponsonbys und Waldegraves Aktion und den Schützenschleier im Wald nicht richtig interpretieren. Er glaubte an einen massiven Angriff alliierter Kavallerie über ein günstiges Terrain gegen Ciudad Rodrigo. Französische Spione hatten berichtet, daß Lord Wellington erst vor kurzem in dieser Waffengattung verstärkt worden war und nunmehr 4000 Säbel auf das Schlachtfeld brachte. Als der Adler die ihn verfolgenden Einheiten identifizieren konnte, beschloß er seine Vorwärtsbewegung aufzugeben: Freddys Vater Lord Ponsonby hatte mit seinen Scots Greys die Franzosen bereits während des Ägyptenfeldzuges böse geschlagen. Sein Großvater hatte ihnen mit der Household Brigade bei den Pyramiden immense Verluste zugefügt, bevor er selbst auf dem Schlachtfeld umkam. Dem jüngsten Ponsonby eilte der Ruf voraus, Henry Lord Paget als Kavalleriekommandeur in nichts nachzustehen, obwohl er, aus für Paris undurchschaubaren Gründen, immer noch Oberst war. Seit Vimeiro hatte trotzdem jeder Adler begriffen, daß er Wellingtons Kavallerie führte und nicht General Stapelton Cotton, auch wenn die Situation in den alliierten Ordres de Bataille anders niedergelegt war. Freddys Präsenz und Stapelton Cottons Abwesenheit am Azava suggerierten Wathier, daß er es hier nicht mit einer Nachhut, sondern mit dem Hauptteil der alliierten Kavallerie zu tun hatte. Der General zog sich auf Carpio zurück und schickte eine verängstigte Depesche an Marschall Marmont: „Die Alliierten haben mit ihrem gesamten Feldheer hinter dem Azava Stellungen bezogen und sind nicht bereit, auch nur einen Meter Boden aufzugeben! Ich habe mit Sir Frederick Ponsonby zu tun gehabt. Wellingtons ganze Kavallerie steht mir gegenüber!”
Was Wathier nicht einschätzen konnte: Seine Meldung bestätigte Marmont, daß sein undurchsichtiger Gegner die starke Defensivstellung bei Fuenteguinaldo noch nicht bezogen hatte. Die Männer des 14. und des 15. Husarenregiments zogen zufrieden ab. Auf dem Rückweg in die Stellungen der Sechsten Division sammelten sie fünf französische Offiziere und 34 Kavalleristen als Gefangene ein. Auf dem Boden lagen noch ein toter französischer Offizier und zehn tote Ulanen aus Bergs Regiment. Ponsonbys und Waldegraves eigene Verluste waren lächerlich: Zehn Leichtverletzte, die den Weg nach hinten alleine schafften, ein streunendes Pferd und ein Reiter zu Fuß. Als der Abend sich über dem Azava senkte, trottete das verlorene Pferd zufrieden zu seinem Regiment zurück, das Maul grün vom saftigen Gras, das es genascht hatte, anstatt sich an die Dienstvorschriften zu halten. Bob Craufurd, den Lord Wellington im ersten Moment bedroht glaubte, hatte vom ganzen Aufruhr am Fluß nichts mitbekommen.
Montbruns Aufklärungsoperation entlang der Straße nach Fuenteguinaldo gestaltete sich noch lebhafter als die von General Wathier über den Azava. Er endete in einer richtigen kleinen Schlacht: Während der alliierte Oberkommandierende sich noch auf seinem Zickzack-Kurs durch die Hügel befand, stolperten die Adler über eine Nachhut aus Altens Brigade, die sich gerade anschickte, den Agueda zu überqueren. Die Männer befanden sich nur zwei Meilen hinter Ciudad Rodrigo. Die Franzosen trieben die aufgeschreckten Leoparden siegessicher und boshaft vor sich her, fest überzeugt, es mit einer verstreuten Einheit zu tun zu haben. Der junge deutsche Leutnant, der die Reiter aus Hannover anführte, hatte den richtigen Reflex. Er erkannte, daß es sinnlos war, überhaupt das Schwert zu ziehen und befahl seinen Männern, wie der Teufel zu galoppieren. Die Franzosen schienen genau in der richtigen Stimmung für eine kleine Jagd durch die Berge. Die Deutschen stürmten einen Hügel hinauf. Dicht auf den Fersen folgten ihnen 2500 französische Reiter. In dem Augenblick, in dem der Leutnant aus Altens Brigade zur Flucht ansetzte, waren die Infanterieeinheiten von Sir Thomas Picton noch über eine Frontlinie von mehr als vier Meilen ausgestreckt. Der General aus Wales hatte erst angefangen, seine Männer zu konzentrieren und zusammenzuziehen. Doch oben auf dem Hügel standen noch 500 weitere Reiter aus Altens Brigade und Pictons portugiesischer Artillerie unter dem Deutschen, Major von Arendtschildt. Hinter ihnen standen bereits Teile der Infanterie in Stellung: Alexander Wallace, der normalerweise die Connaught Rangers befehligte, fand sich – aufgrund des Guadiana-Fiebers – mit Mackinnons gesamter Brigade wieder. Sein Kollege war ernsthaft erkrankt. Drei Kompanien des 74. Regiments marschierten unweit des Schotten. Die restlichen Einheiten der Division waren noch bei Pastorales, auf einer Hochebene bei Ciudad Rodrigo und direkt im Dorf El Bodon.
Als der junge Leutnant das Plateau erreicht hatte und seinem Kommandeur auf Deutsch laut zurief, daß Marmont ihm mit der gesamten französischen Portugalarmee auf den Fersen sei, reagierten von Alten und von Arendtschild sofort. Wallace, der nun schon drei Jahre gemeinsam mit den Hannoveranern im Felde war, schnappte ausreichend deutsche Worte auf, um den Ernst der Lage zu erahnen. Die deutsche Kavallerie stob hinter den Infanterieschild, der sich blitzartig in Linie formierte. Major von Arendtschildt, der ein mißtrauischer Offizier war, hatte vier fertig geladene Geschütze auf der Anhöhe. Er senkte das Schwert und eine Salve stoppte die ersten Reihen der französischen Reiter. Während die Portugiesen nachluden, feuerte die zweite Reihe der Infanterie einen massiven Volley in die Angreifer. Die erste Reihe folgte. Alten stob mit 500 Säbeln und lautem Geschrei vorwärts. Die Adler waren überrascht und augenblicklich in ihrem Impetus gebremst. Diese kurze Zeitspanne reichte aus, um Collevilles Männern, die ein paar hundert Yards zur Linken der Straßenkreuzung vor El Bodon standen, verständlich zu machen, daß es