Mörderliebe. Elke Maria Pape
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Mörderliebe - Elke Maria Pape страница 10
Koffer, dachte Karla, er hatte mehrere Koffer mitgebracht? Wie lange gedenkt er zu bleiben. „Sie haben hier wohl nicht oft mit Gewaltverbrechen zu tun?”, unterbrach er ihre Gedanken. „Nein, Gott sei Dank nicht. Ein paar unbekannte Todesursachen, die sich dann aber bei näherer Untersuchung geklärt haben. Das einzige Verbrechen, das wir hier in der letzten Zeit hatten, stammt aus den Anfängen der neunziger Jahre. Damals wurde zunächst in einem Waldstück ein Schädelknochen gefunden, später dann noch andere menschliche Knochen. Die Knochen wurden einem jungen Mann zugeordnet, der seit 1990 vermisst war. Die Obduktion ergab, dass er erschlagen wurde. Diese Mord Akte haben wir bis heute in unserem Archiv. Der Fall ist unaufgeklärt. Wir hatten damals auch Hilfe von der Mordkommission, Herr Wälter, ein Kollege von Ihnen, der schon in Pension ist.” Karla schaute zur Seite. Herr Weinfeld hatte aufmerksam zugehört, gab aber nicht zu erkennen, ob er den Kollegen kannte.
Mittlerweile waren sie bei der Nummer sieben in der Rosenstraße angekommen. Ein altes Mietshaus aus den fünfziger Jahren. Vor dem Haus standen die Autos der Spurensicherung und der Gerichtmedizin. Die beiden Kommissare bahnten sich ein Weg durch die, trotz des frühen Morgens, schon zahlreichen schaulustigen Nachbarn.
Ein Polizist in Uniform hielt ihnen die Haustür auf: „Zweiter Stock, links!”, sagte er nur, und man konnte ihm ansehen, dass er aufgrund des Geruchs, der bereits durch das Treppenhaus strömte, froh war, dass ihm der Posten auf der Straße zugeteilt worden war. Karla legte schon auf der ersten Treppenstufe ihren Mundschutz an. Sie wunderte sich immer wieder, wie es passieren konnte, dass tote Menschen so lange unbemerkt in ihren Wohnungen lagen. Dieser Gestank musste doch auffallen! Oben angekommen stellten sie fest, dass die Spurensicherung noch bei ihrer Arbeit war. Auch der Gerichtsmediziner, ein noch recht junger Mann namens Doktor Gruß saß auf der Treppe und wartete geduldig auf seinen Einsatz. Karla und Zacharias Weinfeld nutzten die Gelegenheit, sich in ihre weißen Schutzanzüge zu zwängen. Wobei Zwängen nur für Karla galt. Etwas neidisch beobachtete sie ihren neuen Kollegen, der offensichtlich nicht mit einigen überflüssigen Kilos zu kämpfen hatte wie sie selbst, und sich lässig und routiniert den weißen Anzug überstreifte, als machte er das jeden Tag.
Als sie grünes Licht von der Spurensicherung bekamen, gingen sie rein.
Der Gestank war unbeschreiblich!
Überall Fliegen! Die Fenster waren geschlossen. Einer der Männer von der Spurensicherung kam auf sie zu: „Die Frau heißt Carola Schmidt, Anfang sechzig, sie lebte alleine in der Wohnung. Sie liegt dort drüben im Wohnzimmer, kein schöner Anblick.” Karla ging zögernd voran, und bei jedem Schritt in Richtung der Leiche wurde der Gestank schlimmer. Nun konnte sie die Frau sehen. So sollte niemand sterben, dachte sie, während sie sich zwang, die Leiche der alten Frau genau zu betrachten. Der tote Körper von Carola Schmidt war nach unten in den großen Fernsehsessel gerutscht. Ihre blondierten Haare, die mit grauen Strähnen durchzogen waren klebten an ihrem Kopf und bildeten einen bizarren Kontrast zu ihrer bläulich-schwarzen, mit Leichenflecken überzogenen Haut.
Überall am Körper konnte man bereits die beginnende Verwesung beobachten. Dr. Gruß hockte vor dem Fernsehstuhl und untersuchte die Frau. „Sie muss mindestens eine Woche hier gelegen haben! Deutliche Madenbildung!” Er schaute zu Karla hoch. „In der Wohnung waren es so um die 28 Grad Raumtemperatur. Alte Leute haben es ja gerne warm. Aber genaueres erst nach der Obduktion. Wie immer!“ „Was denken Sie über die Todesursache? Ist sie erdrosselt worden?” Karla zeigte auf den Schal, der um den Hals der Toten gewickelt war. Ein langer, breiter Schal in modischen Farben, wie ihn Jugendliche in letzter Zeit häufig trugen. Er passte überhaupt nicht zu der sonst eher biederen Kleidung des Opfers.
Sie sah sich um. Auch sonst sah in der kleinen Zweizimmerwohnung alles alt und funktionell aus, so als würden Decken, Gardinen und die ganzen Nippessachen, die auf den Schränken standen aus einer längst vergangenen Zeit stammen. Carola Schmidt hatte in den letzten Jahren wohl eher nicht viel Geld zur Verfügung gehabt. „Ja, ich denke, sie ist mit diesem Schal erdrosselt worden. Und wie gesagt, wir müssen die Ergebnisse der Obduktion abwarten, Sie kennen das ja.”, antwortete er ungeduldig.
Karla ging hinaus auf den Flur zu ihrem Kollegen Weinfeld, der gerade den Hausmeister befragte, der Carola Schmidt gefunden hatte. Dem älteren Mann floss vor lauter Aufregung der Schweiß in Strömen von der Stirn und er sprach mit gequälter Stimme durch den Mundschutz, den ihm irgendjemand gegeben hatte. „Die Frau Nolte hat bei mir geklingelt. Ich wohne im Nachbarhaus. Parterre. Frau Nolte ist so eine Art Freundin von Frau Schmidt. Viele Kontakte hatte sie ja nicht, wollte sie auch nicht, wenn Sie mich fragen. Na, ja, jedenfalls wollte die Frau Nolte sie abholen zu ihrem all wöchentlichen Kaffeeklatsch, den sie wohl mit ein paar älteren Damen veranstalten. Sie war ganz aufgeregt. Frau Schmidt hatte sich wohl schon einige Tage nicht mehr gemeldet und ist nicht mehr ans Telefon gegangen. Sie hat mich gebeten, mal nachzuschauen, weil ich doch den Schlüssel habe. Zuerst wollte ich gar nicht. Die Frau Schmidt, ja, man soll ja nicht schlecht über Tote reden!” Zacharias Weinfeld ermutigte ihn: „Nur zu! Ihre Aussage ist eine sehr wertvolle Hilfe für uns. Sagen Sie uns, was dann geschehen ist!”
„Ja wissen Sie, ich habe gesagt, dass ich keinen Ärger mit der Frau Schmidt haben will. Die konnte verdammt frech werden, wegen jeder Kleinigkeit. Immer hat sie was gefunden, was in ihren Augen nicht richtig war. Aber schließlich bin ich doch mitgegangen, die Frau Nolte hat ja nicht locker gelassen. Ich kann Ihnen sagen, der Gestank, als ich die Wohnungstür aufschloss! Die Frau Nolte habe ich gleich raus geschoben aus der Wohnung. Ich ahnte ja schon, was ich finden würde. Aber das es so schlimm ist. Ich hab natürlich sofort die Polizei angerufen. Die Frau Nolte hab ich nach Hause geschickt, so fertig war die. Brauchen Sie mich noch? Mir ist es wirklich schlecht. Für Sie mag das ja tägliche Arbeit sein, aber ich fühle mich gerade wie in einem Albtraum!” Karla und Herr Weinfeld hatten nichts dagegen, dass sich der arme Mann in seine Wohnung zurückzog.
Mittlerweile hatte die Spurensicherung und Dr. Gruß ihre Arbeiten abgeschlossen. Karla warf einen letzten Blick auf die Leiche der alten Frau. Durch die beginnende Verwesung traten die Augäpfel nach vorne und gaben dem Antlitz der Frau einen grauenhaften Eindruck. Maden waren zu sehen. Diese verdammten Viecher krabbelten zuerst in die Körperöffnungen. Karla kämpfte gegen ihre Übelkeit an und versuchte sich zu konzentrieren.
Der Mörder der Frau musste irgendwie in die Wohnung gelangt sein und sie von hinten erdrosselt haben. Wie lange hatte ihr Todeskampf gedauert, fünf Minuten? Oder länger! Karla erschauderte und riss, nachdem sie sich erkundigt hatte, dass sowohl die Raumtemperatur als auch die Körpertemperatur der Frau gemessen worden war, erst einmal eins der Fenster auf. Der Gestank der Leiche raubte einem fast den Atem. Die kalte Luft, die von draußen hereinströmte tat gut auf der verschwitzen Haut und sie brachte wieder etwas Leben in diese grausige tote Wohnung.
Kapitel 8
Ein leises kaum zu hörendes „Hallo.” Er war so unbemerkt wieder da, wie er vor fast einer Woche im Supermarkt verschwunden war.
Eine Woche, in der Rosemarie fast ununterbrochen an ihn gedacht hatte, sich gefragt hatte, was er von ihr wollte, ob er sie womöglich verwechselt hatte, ob er tatsächlich wiederkommen würde.
Halt!
Sie zügelte ihre zu schnellen und wirren Gedanken. Bloß jetzt nicht zu viel hineininterpretieren. Er ist nur ein netter, freundlicher Mann! Kein Grund länger als nötig darüber nachzugrübeln. Nur ein netter Mann! Ist vielleicht auch einsam und unsicher. Heute wagte Rosemarie es, ihn anzusehen. Er trug ein verwaschene Jeans und einen dunkelblauen Parka. Seine kurzgeschnittenen blonden Haare sahen ein bisschen strohig aus, bemerkte sie.
Er hatte sich einfach neben sie auf die Parkbank gesetzt. „Ich habe mir gedacht, dass ich