Anne und die Horde. Ines Langel
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Ein haariges Ding unter dem Bett
Anne-Lindje Kolbe lebte mit Mama Hanna, Papa Björn und ihrem älterem Bruder Swontje in der Umbertusstrasse in einer Neubausiedlung vor Köln. Sie lebten noch nicht lange dort. Erst vor zwei Wochen waren sie aus der lärmenden Stadtmitte hierher gezogen. Papa wollte für seine Kinder mehr Platz zum Spielen und Toben, vor allem aber mehr Natur. Mama wohnte ohnehin nicht gerne in der Stadt. Sie war ein richtiges Landei, wie Papa sagte. Was nicht wirklich stimmte. Denn Mamas Herkunftsort, Königswinter, war gar nicht so ländlich. Annes großer Bruder musste in diesem Jahr die Schule wechseln. Er kam in die fünfte Klasse eines Gymnasiums. Für ihn würde ohnehin alles neu sein. Doch Anne ärgerte sich über den Umzug. Sie würde alle ihre Freunde nach den großen Sommerferien nicht mehr wiedersehen können. Sie war neun Jahre alt, und nach den Ferien sollte sie in die dritte Klasse kommen. Sie musste in eine neue Schule mit neuen Lehrern und fremden Kindern. Anne hasste die neue Schule und sie hasste die neue Wohnung, ja sogar die Ferien waren ihr verhasst. Sie kannte ja niemanden hier. Papa hatte ihr versprochen, sie hin und wieder zu Linda, ihrer allerbesten Freundin zu fahren. Doch bisher hatte er sein Versprechen nicht gehalten.
„Du siehst doch, was hier zu tun ist“, entschuldigte er sich. „Der Umzug macht sich nicht von alleine, und ich muss bald wieder arbeiten gehen.
“Natürlich sah Anne, dass noch nicht alle Kisten ausgepackt waren, dennoch wollte sie zu Linda. Seufzend saß sie auf ihrem Bett und starrte aus dem Fenster. Wenn sie aus ihrem alten Fester gesehen hatte, waren da immer viele Menschen gewesen. Sie hatte direkt auf den belebten Neumarkt schauen können. Hier war die Aussicht richtig langweilig. Eine Wiese, ein Klettergerüst, ein bisschen Sand und im Hintergrund ein paar Bäume. Kein Mensch weit und breit, geschweige denn ein Kind. Anne hauchte an die Scheibe, bis diese beschlug, dann zeichnete sie ein trauriges kleines Mädchen in den Dunst, das allerdings gleich wieder verschwand. Sie hatte noch fünf Wochen Ferien. Was sollte sie bloß mit der vielen Zeit anfangen? Anne seufzte wieder tief. Da ging die Zimmertüre auf. Mama stand im Türrahmen.
„Was machst du denn da? Wolltest du nicht endlich die Kartons auspacken?“
Anne schüttelte den Kopf. „Nein, das wollte ich nicht. Nicht hier.“
„Ach Anne-Maus“, sagte die Mutter und betrat das Zimmer. „Ich verspreche dir, dass du hier ganz schnell neue Freundinnen finden wirst. Und hast du nicht ein schönes großes Zimmer?“
Anne zuckte mit den Schultern. Es stimmte, dieses Zimmer war doppelt so groß wie ihr altes. Ihr Vater hatte es in Himmelblau gestrichen, ihrer Lieblingsfarbe. Mama hatte zusätzlich eine Wand mit bunten Blumen bemalt. Sie hatte auch neue Möbel bekommen. Anne hatte sie selber ausgesucht. Es war ein schönes Zimmer, doch es war nicht ihr Zimmer. Anne sah ihre Mutter an, freilich nicht mehr ganz so grimmig. Diese lächelte.
„Na siehst du. Komm, ich helfe dir, die Kisten auszupacken.“
Anne seufzte erneut und setzte sich vor die erste Kiste auf den Boden. Alle ihre Spielsachen hatten in zwei große Umzugskartons gepasst. Doch die Bücher und die Brettspiele waren in vier weiteren Kisten untergebracht. Es würde eine Ewigkeit dauern, bis alles ausgepackt war. Anne starrte die Kiste vor sich an.
Bis alles in den Regalen ist, ist Weihnachten vorbei, dachte sie.
Mama hatte schon begonnen, Bücher in das Regal zu stellen. Lustlos klaubte Anne die ersten Sachen aus der Kiste und setzte sie in ihr schönes weißes Regal. Stofftier um Stofftier, Buch um Buch, Spiel um Spiel landeten an ihren neuen Plätzen. Das Zimmer füllte sich. Ganz unten in dem Karton befand sich die Tasche mit den Schlittschuhen. Anne hob sie heraus, überlegte und beschloss, sie unter das Bett zu schieben. Sie legte sich bäuchlings auf den Boden. Es befanden sich schon Dinge unter dem Bett. Zwei Kisten mit ihren Drei Fragezeichen–CDs, sowie eine weitere mit Asterix-Comics, die Swontje nicht mehr haben wollte. Dazu kam der Lego-Zirkus, samt Zubehör. Anne musste erst einige Dinge zur Seite schieben, um ihre Schlittschuhe zu verstauen. Als sie gerade den Zirkus nach rechts schob, sah sie ein behaartes Ding.
Ein Affe mit blauen Augen?
Das Wesen riss die Augen auf, und Anne schrie. Sie schrie, was ihre Lungenflügel hergaben. Panisch schob sie sich unterm Bett hervor. Beim Aufspringen stieß sie sich den Kopf an der Bettkante. Mama war gleich bei ihr. Sie hielt ihre schreiende Tochter mit beiden Händen fest.
„Anne, Anne, Süße, was ist denn? Anne, hör doch auf zu schreien. Was hast du denn?
„Es hat Haare“, kreischte Anne.
Da ging die Tür auf, und Papa kam herein. Hinter ihm blieb Swontje neugierig im Türrahmen stehen.
„Was ist denn los?“, fragte Papa.
Mama zeigte auf das Bett. „Da unten sitzt eine behaarte Spinne.“
„Unterm Bett?“, fragte Papa und bückte sich bereits.
Anne schüttelte den Kopf. „Keine Spinne, “ entfuhr es ihr, „ein Affe oder so.“
Swontje feixte. Anne warf ihm einen wütenden Blick zu.
„Klar“, sagte ihr großer Bruder, „unter deinem Bett wohnt ein Affe.“
Mama streichelte Anne und drückte sie an sich. Papa war unter dem Bett verschwunden. Nur seine Beine ragten noch heraus.
„Ich sehe nichts“, rief er. „Weder Spinne noch Affe.“
Kopfschüttelnd kam er wieder zum Vorschein.
„Nee, nichts“, versicherte er.
„Vielleicht hat sie sich irgendwohin verkrochen“, meinte Mama. „Sieh doch noch mal genauer nach.“
Achselzuckend verschwand Papa erneut unter dem Bett.
„Wenn das ein Affe ist, bin ich ein Elefant“, witzelte Swontje.
Mama warf ihm einen missbilligenden Blick zu.
„Hast du nicht noch was in deinem Zimmer zu tun?“, fragte sie ihn.
Swontje