Anne und die Horde. Ines Langel

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Anne und die Horde - Ines Langel

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über das Buch gehört hatte. Anne musste zugeben, dass die Geschichte sehr spannend klang.

      „Ja, gerne“, sagte sie deshalb.

      Mama war zufrieden, und Herr Merymend nahm das Buch mit einem Kopfnicken entgegen, bevor er es in eine Papiertüte packte.

      „Du wirst es nicht bereuen, Kleines“, sagte Herr Merymend mit einem Lächeln, das Anne unheimlich vorkam.

      „Bestimmt nicht“, sagte Mama, bevor Anne antworten konnte. „Wir nehmen erstmal das eine und kommen dann bei Bedarf wieder her. Ich bin schon lange nicht mehr so freundlich beraten worden.“

      „Aber, aber, Gnädigste“, sagte Merymend und machte eine wegwerfende Handbewegung. „Das ist doch selbstverständlich.“

      „Nein, nein“, meinte Mama, „nicht jeder gibt sich so viel Mühe.

      Einer Eingebung folgend rief Anne zwischen die Lobhudelei: „Haben Sie ein Buch über Vögel?“

      „Vögel?“, fragten Mama und Merymend gleichzeitig.

      Anne nickte. „Ja, Papageien.“

      Merymend zuckte kurz zusammen, doch Mama sah ihre Tochter nur fragend an.

      „Wegen meiner Forschung“, meinte Anne und Mama lachte.

      „Forschung?“, fragte Merymend argwöhnisch.

      „Ja“, antwortete Mama, „Anne wird Forscherin wenn sie groß ist, da muss sie sich jetzt schon bilden.

      Merymend nickte. „Ich habe da allerlei.“ Sogleich verschwand er in der Regalschlucht. Nach einigen Augenblicken kam er mit drei kleinen und einem großen Buch zurück.

      „Sind in dem großen Bilder?“, fragte Anne.

      „Man soll ein Buch nicht nach seinen Bildern beurteilen“, sagte Merymend und sah Anne geringschätzig an.

      „Ich möchte aber auch sehen, worüber ich lese.“

      Mama nickte. „Ja, wir nehmen das Buch mit den Bildern.“

      Merymend legte die kleinen Bücher beiseite und packte das große in eine neue Papiertüre. Er reichte sie Anne. Überrascht von dem Gewicht, hätte sie die Tüte fast fallen gelassen.

      „Schwere Lektüre“, sagte Merymend.

      Er sah Anne so durchdringend an, dass sie den Blick senkte.

      „Nicht für meine Anne“, sagte da Mama. „Wenn sie an etwas interessiert ist, zeigt sie richtigen Entdeckergeist.“

      „Gewiss, Gnädigste“, sagte Merymed, „die eigenen Kinder sind immer die besten“.

      Mama kicherte, streichelte Anne über den Kopf und bezahlte. Dann reichte sie dem Buchhändler die Hand.

      „Vielen Dank, Herr Merymend. Wir werden Ihnen berichten, wie das Buch war, dass sie so wärmstens empfohlen haben.“

      Nur widerwillig ergriff Merymend die dargebotene Hand.

      „Ich danke Ihnen, Teuerste. Bitte beehren Sie mich recht bald wieder, und bringen Sie diesen Fratz da mit.“

      Damit warf er einen letzen Blick auf Anne, einen Blick der sagte: „Bleib bloß weg von hier, du Kröte “.

      Anne schluckte den Kloß in ihrem Hals hinunter. Mama winkte noch mal Herrn Merymend zu, dann ging sie zur Tür. Ihre Tochter lief schnell hinterher. Sie wollte auf keinen Fall allein an diesem Ort bleiben, nicht eine Sekunde. Als die Türe hinter ihnen krachend ins Schloss fiel, atmete Anne erleichtert auf.

      Der Kakapo

      Als Mama am Abend mit Papa über den wundervollen Buchladen und den interessanten Herr Merymend redete, fragte sich Anne, ob sie mit Mama im selben Laden gewesen war. Sie hatte überhaupt nichts Wundervolles entdecken können. Der Laden war unordentlich und ziemlich schäbig, kein Vergleich zu der großen, von Licht durchfluteten, Buchhandlung, zu der sie vor dem Umzug immer gegangen waren. Herrn Merymend konnte man durchaus als interessant bezeichnen, allerdings beschrieb Mama ihn so, als gäbe es weit und breit keinen zuvorkommenendern, höflicheren, gebildeteren, besser aussehenden Mann als ihn. Anne fragte sich ernsthaft, ob ihre Mutter den Verstand verloren hatte. Sonst ließ sie sich nicht so schnell beeindrucken. Sie war keine dumme Frau, sie hatte Psychologie studiert und kannte sich aus mit den Menschen. Es war schwer, ihr etwas vorzumachen. Ausgerechnet auf diesen Merymend musste sie hereingefallen. Darüber würde Anne noch nachdenken müssen. Aber erst mal hatte sie genug zu tun mit den Rätseln, die sich plötzlich vor ihr auftaten wie ein schwarzes Loch: Das haarige Ding unter ihrem Bett, die Erdnüsse, die steinerne Frau mit Hut, der unheimliche Laden, der Vogel, der Kreis, das Licht… Und dann natürlich dieser undurchschaubare Herr Merymend, für den Mama so schwärmte. Konnte es sein, dass es in diesem Durcheinander von Dingen eine Ordnung gab, womöglich einen Zusammenhang?

      Nach dem Abendessen hatte Anne sich gleich in ihr Zimmer zurückgezogen.

      „Willst du denn nicht mitspielen?“, hatte Papa gefragt, der gerade ein Brettspiel aus der Küchenbank gezogen hatte.

      Anne hatte nur den Kopf geschüttelt. Mama war gleich zu ihr gekommen, um ihr die Stirn zu fühlen.

      „Wirst du krank?“

      Anne hatte mit den Schultern gezuckt und Mama hatte sie gestreichelt.

      „Geh ruhig ins Bett, Anne-Maus. Ich bringe dir gleich noch eine heiße Milch mit Honig. Das hilft bestimmt.“

      Anne lag bäuchlings auf ihrem Bett, schlurfte die warme Milch und blätterte in dem Papageienbuch. Es gab viele schöne Papageien. Die Bilder luden zum Träumen ein. Wäre es nicht wundervoll, diese herrlichen Tiere mit eigenen Augen zu sehen?

       Irgendwann werde ich sie sehen. Wenn ich erst mal Zoologin bin, werde ich alle Tiere der Welt sehen.

      Anne lächelte bei diesem Gedanken. Anders als andere Kinder mochte sie nicht in den Zoo gehen. Die eingesperrten Tiere machten sie traurig. Anne liebte Dokumentarfilme. „Serengeti lebt!“ hatte sie schon oft gesehen. Papa hatte ihr die DVD zu ihrem letzten Geburtstag gekauft. Seitdem war der Film eine Art Sonntagsritual geworden. In aller Frühe stand Anne auf, machte sich einen Toast, setzte sich dann 60 Minuten auf das Sofa, und genoss die Tiere in der freien Wildbahn, wenn auch nur gefilmte. Solche Tiere wollte sie beobachten und erforschen, wenn sie groß war. Sie konnte sich keinen schöneren Beruf vorstellen als diesen.

      Gedankenverloren blätterte sie eine Seite nach der anderen um. Sie glaubte schon nicht mehr daran, den Vogel aus der Buchhandlung zu entdecken, als sie an der folgenden Überschrift hängen blieb:

       Der Kakapo – gefährdeter Bewohner Neuseelands

      Aufgeregt betrachtete Anne das Bild. Das hier war genau der Vogel, den sie in der Buchhandlung gesehen hatte, ein großer, überwiegend grüner Papagei mit stark gebogenem Schnabel. Er verdiente es, als süß bezeichnet zu werden, denn in den schwarzen Knopfaugen lag ein sanfter Blick, der Annes Herz sogleich zum Schmelzen brachte.

      Anne

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