Liebe ist tödlich. Tessa Koch

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Liebe ist tödlich - Tessa Koch

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ist dankbar, als sie endlich Feierabend machen und gehen darf. Margret wünscht ihr noch ein schönes Wochenende, ehe sie Lela die Tür vor der Nase zumacht und dann mit einem letzten Lächeln die Tür verschließt. Kurz verharrt Lela an Ort und Stelle, dann seufzt sie leise und macht sich auf zu ihrem Wagen.

      Noch immer ist sie von einem Unbehagen erfüllt, das sie sich selbst nicht zu erklären vermag. Sie weiß nur, dass es ihr Angst bereitet, alleine durch die dunkle Nebenstraße zu ihrem Auto zu gehen. Normalerweise macht sie sich darüber keine Gedanken. Doch normalerweise geschehen in diesem kleinen Dorf auch keine Morde.

      Als sie ihr Auto erreicht, ist sie erleichtert. Sie schließt es auf, setzt sich rein und verriegelt es sofort wieder von innen. Ihre Tasche landet auf dem Beifahrersitz und noch ehe sie den Motor anlässt und losfährt, stellt sie ihr Radio ein und schaltet solange durch die verschiedenen Sender, bis sie einen gefunden hat, der laute, sie ablenkende Musik spielt. Erst dann lässt sie ihren Motor aufheulen und rollt langsam vom Parkplatz.

      Die Fahrt zu ihrer Wohnung dauert etwa eine halbe Stunde. Sie wohnt in einer benachbarten Stadt, die die Bezeichnung als diese nicht ganz verdient hat, in einem Mehrparteienhaus, in dem sie zusammen mit ihrer besten Freundin Stella und einem Kaninchen namens Sir Wingston lebt. Bereits seit vier Jahren wohnen sie dort, seit Lela aus ihrem Auslandsjahr in Australien zurück kam. Eigentlich hat sie vorgehabt nach diesem zu studieren, doch anfangs hat es keine freien Plätze mehr gegeben und dann ist ihr die Lust am Studieren mit einem Mal vergangen. Letztendlich hat sie eine Ausbildung bei Margret zur Floristin gemacht und arbeitet seitdem für sie. Sie hat ihre Entscheidung nie bereut.

      Als sie einen Parkplatz direkt vor ihrem Wohnhaus findet, seufzt sie erleichtert auf. Es beruhigt sie, in ihrer merkwürdigen Gefühlslage nicht noch einmal eine dunkle Straße alleine durchqueren zu müssen. Sie sucht noch im Auto den richtigen Schlüssel für die Tür, ehe sie aussteigt, den Wagen verriegelt und dann das Wohnhaus betritt. Sie steigt in die zweite Etage auf und schließt die Tür auf. Sofort schlägt ihr das vertraute Plärren des Fernsehers entgegen und auch das warme Flurlicht hat eine beruhigende Wirkung auf sie. Es fühlt sich beinahe so an, als würde sie ihre plötzlichen Sorgen und Ängste einfach auf der Schwelle vor der Tür zurücklassen. Es fühlt sich gut an.

      Auf dem Weg durch den kleinen Flur in das Wohnzimmer schleudert sie ihre Tasche in ihr Zimmer. Stella sitzt mit Sir Wingston auf dem Schoß auf dem Ledersofa und schaut eine ihrer geliebten Sitcoms. Der breite Fernseher zieht für ein paar Sekunden Lelas Aufmerksamkeit auf sich, dann gleitet ihr Blick über das Foto von ihrem Abschlussball, auf dem Lela und Stella sich fest umarmen, weiter zu ihrer besten Freundin, die gespannt ihrer Serie folgt. Im Gegensatz zu Lela hat sie es geschafft sich zum Studieren aufzuraffen und büffelt seitdem täglich über den verschiedensten Wälzern. Insgeheim bewundert Lela ihren Ehrgeiz, Sozialpädagogin zu werden, auch wenn sie weiß, dass dieser Beruf nichts für sie selber ist.

      „Na, sind wir auch endlich mal da, Flower-Girl?“ Stella sieht zu ihr auf, in dem Kraulen von Sir Wingston innehaltend, was diesem nicht zu gefallen scheint. Ihre blauen Augen blitzen schelmisch, doch Lela glaubt, auch etwas anderes in dem Blick ihrer besten Freundin zu lesen.

       Dennoch muss sie ungewollt zurück grinsen. „Ja, endlich. Kaum zu glauben, wie viele Menschen immer Blumen, Gestecke und was weiß ich nicht alles haben wollen. Ich war den ganzen Tag nur am Tun und Machen.“

      Stella lächelt schief und ihre blonden Locken fallen ihr in die Augen. Ein dunkler Schatten huscht über ihr Gesicht und lässt ihr Lächeln kurz flackern. „Das sieht dir ähnlich. Im Kühlschrank steht Nudelsalat, den habe ich vorhin gemacht, um mich … zu beschäftigen, irgendwie. Man kann ihn sogar essen, würde ich sagen, also wenn du magst, kannst du dir gerne etwas nehmen. Du hast bestimmt Hunger.“

      Lelas Bauch knurrt laut, so als wolle er Stellas Worte unterstreichen. Sie müssen beide grinsen. „Ich bin sofort wieder da“, verkündet Lela und erhebt sich wieder vom Sofa. Kurz streicht sie Sir Wingston über den Kopf, der verträumt auf einem einzelnen Hälmchen kaut, dann verlässt sie das Wohnzimmer und geht in die Küche, um sich etwas zu essen zu holen. Das fröhliche Gelb der Wände hebt ihre Laune augenblicklich, ebenso wie der kleine Kräutergarten, den sie auf dem Fensterbrett züchten und der gut zu gedeihen scheint.

      „Hast du schon von dem toten Mädchen gehört?“, ruft Stella ihr fragend hinterher.

      Lela hält in dem Beladen ihres Tellers inne, mit einem Mal scheint ihr Hunger einen gewaltigen Dämpfer bekommen zu haben. „Ja“, erwidert sie nur und versucht dabei ganz normal zu klingen. Sie stellt den Nudelsalat zurück in den Kühlschrank und nimmt sich Messer und Gabel.

      „Weißt du auch schon, wer sie war?“

      Mit einem unguten Gefühl im Bauch geht Lela zurück in das Wohnzimmer. Stella sieht zu ihr auf, wieder ist da dieser Schatten, der über ihr Gesicht streicht. „Nein“, antwortet sie, nicht sicher, ob sie es überhaupt wissen will. Als sie sieht, wie sich Stellas Gesichtsausdruck verändert, ist sie sich sicher, es nicht wissen zu wollen.

      „Es war Helen.“

      Lela spürt, wie ihre Beine sie nicht mehr tragen wollen. Sie setzt sich auf das Sofa und starrt auf ihren Teller. Inzwischen ist ihr Hunger ganz vergangen. Sie spürt Stellas Blick auf sich, doch sie weiß, dass sie sich noch nicht genug gefasst hat, um ihn erwidern zu können. Helen, schießt es ihr durch den Kopf, mein Gott.

      Obwohl sie und Stella erst seit vier Jahren hier wohnen, haben sie viele Bekannte und Freunde in der Stadt und auch in den umliegenden Dörfern gesammelt. Helen hat sie von Anfang an gekannt. Lela und sie sind vor Jahren auf einem der Dorffeste ineinander gelaufen, sodass sie sich gegenseitig mit ihren Getränken begossen haben. Daraufhin hat Helen sie mit in ihre nahe gelegene Wohnung genommen und Lela ein T-Shirt von sich geliehen, obwohl die beiden Frauen sich zu diesem Zeitpunkt nicht gekannt haben. Sie haben den Abend zusammen verbracht, sich gegenseitig Getränke ausgegeben und sich angefreundet. Von diesem Tag an haben sie ihren Kontakt zueinander stets gepflegt, haben sie doch immer nur ein paar Kilometer voneinander getrennt.

      Und nun ist sie tot. Lela sieht wieder zu Stella auf, so ganz will diese Nachricht nicht zu ihr durchdringen. Sie will es nicht verstehen. Es wäre viel zu grausam. „Woher weißt du das?“ Ihre Stimme zittert leicht, es fällt ihr schwer sie unter Kontrolle zu halten.

      „Sie haben es vorhin in den Nachrichten gesagt“, erwidert Stella traurig. Sie hat sich mit Helen ebenso gut verstanden wie auch Lela und erst jetzt scheint sie selbst zu verstehen, was ihre eigenen Worte bedeuten. „Es ist einfach schrecklich“, fährt sie leise fort, während Lela ihr unangetastetes Essen beiseiteschiebt. „Sie haben in den Nachrichten gesagt, dass sie schon seit Tagen tot ist. Sie wurde erschossen, geradezu hingerichtet. Mit mehreren Schüssen. Und sie soll gefoltert und vergewaltigt worden sein.“ Stella hält kurz inne. „Es ist einfach schrecklich. Ich wusste nicht einmal, dass eine Vermisstenanzeige rausgegangen ist. Ich habe keinen einzigen Gedanken mehr an Helen verschwendet, seit wir sie auf ihrem Geburtstag das letzte Mal gesehen haben. Ich dachte einfach, dass sie ihren Dingen hinter hängt und wir unseren, weißt du?“

      Lela nickt abwesend, mit ihren Gedanken ganz woanders. Sie sieht das hübsche Gesicht von Helen vor sich, eine junge, fröhliche Frau, die gerade dabei gewesen ist Geschichte zu studieren. Dass sie nun tot sein soll, will Lela nicht verstehen. Helen ist erst vierundzwanzig gewesen, ein Jahr älter als Lela und Stella. Es hätte genauso gut eine von uns treffen können.

      Mit diesem Gedanken im Hinterkopf erhebt Lela sich, nimmt stumm ihren Teller mit dem Nudelsalat und geht zurück in die Küche, um das Essen in den Mülleimer zu kippen. Der Appetit ist ihr vergangen.

      Und er würde erst einmal nicht mehr zurückkehren.

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