Liebe ist tödlich. Tessa Koch

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Liebe ist tödlich - Tessa Koch

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unterhält sich gerade mit der alten Frau, die sie bereits am Morgen des Leichenfundes im Laden besucht hat.

      Lela legt die Blumen auf der Arbeitsplatte ab und macht sich daran, unnötige Blätter von den Stielen zu entfernen und diese schräg anzuschneiden, damit die Pflanzen das Wasser besser aufnehmen können. Der Mann ist ihr gefolgt, hält sich jedoch in einem guten Meter Abstand zu ihr auf, vielleicht weil ihm bewusst wird, dass er in dem hinteren Teil des Ladens nichts zu suchen hat. Lela kann sich nicht erinnern, ihn zuvor schon einmal gesehen zu haben.

      „Kannten Sie sie?“, fragt er schließlich, als Lela schon dabei ist, die Blumen mit etwas Grün anzuordnen. Immer wieder zupft und schiebt sie an einzelnen Blatt- oder Blumenstielen, damit die Blumen wie erwünscht in ihrer Hand liegen.

      „Ja“, antwortet sie, ohne von ihrem Tun aufzusehen. Die Arbeit lenkt sie soweit ab, dass der Schmerz, der sonst auf diese Worte hin immer folgt, dieses Mal ausbleibt. „Wie kommen Sie darauf?“ Sie nimmt sich etwas Schleierkraut.

      „Naja, Sie sagten, dass rosa die Lieblingsfarbe von Helen gewesen ist.“ Er zuckt mit den Schultern. „Da habe ich mich gefragt, woher Sie das wissen und bin zu dem Schluss gekommen, dass Sie sie wohl gekannt haben müssen.“

      Lela nickt. „Wir waren seit Jahren befreundet.“

      „Es tut mir sehr leid.“ Er spricht die Worte mit einer solchen Inbrunst aus, dass Lela unweigerlich zu ihm aufsehen muss. Er sieht sie intensiv an, als wolle er, dass sie versteht, dass er es wirklich bedauert. Es irritiert sie.

      „Danke.“ Sie wendet sich wieder ihrer Arbeit zu. „Woher kannten Sie sie?“, fragt sie dann und versucht es beiläufig klingen zu lassen. Seine Reaktion eben hat sie neugierig gemacht.

      „Durch die Arbeit“, erwidert er ebenso beiläufig.

      Dann schweigen sie beide.

      Als Lela fertig mit ihrem Strauß ist, zeigt sie ihn ihm und er segnet ihn mit einem Lächeln ab. Sie bindet die Stiele mit festem Bastband zusammen und tritt dann hinter die Kasse, um den Strauß zu verpacken und ihm dann zu berechnen. Nachdem er ihr das Geld gegeben hat, reicht sie ihn ihm über die Theke. „Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.“

      „Danke, ich Ihnen auch – äh?“ Er sieht sie fragend an.

      „Lela.“ Sie muss lächeln.

      Auch er lächelt. „Ich wünsche Ihnen einen wunderschönen Tag, Lela.“ Er nimmt den Strauß, lächelt sie ein letztes Mal an, dann dreht er sich um und verlässt den Laden. Das Glöckchen, das immer verkündet, wenn ein Kunde den Laden betritt oder verlässt, bimmelt über seinem Kopf. Lela sieht dem gut aussehenden jungen Mann hinterher. Dann wendet sie sich an ihre nächste Kundin.

      Im nächsten Moment hat sie ihn bereits wieder vergessen.

      Kapitel 5

      Die Sonne scheint, doch es kommt Lela falsch vor. Sie ist bis jetzt erst einmal auf einer Beerdigung gewesen. Es war die Beerdigung ihres Pflegevaters. Ihre leiblichen Eltern sind gestorben, als Lela keine zwei Jahre alt war. An sie hat sie keinerlei Erinnerungen mehr. Sie landete in einem Heim, kam jedoch nach ein paar Jahren in eine Pflegefamilie, in der sie unter der größten Fürsorge und Liebe aufgewachsen ist, die sie sich nur hat wünschen können.

      Vor zwei Jahren, im Alter von achtundfünfzig Jahren, erlitt ihr Pflegevater einen Herzinfarkt. Kurz darauf ist ihre Pflegemutter an Alzheimer erkrankt. Die Krankheit ist inzwischen so weit fortgeschritten, dass sie Lela nicht mehr erkennt. Der Tod ihres Mannes hat ihr wahrhaftig den Verstand geraubt. Und das Herz gebrochen. Auf der Beerdigung ihres Pflegevaters hat es damals geregnet.

      Doch nun scheint die Sonne.

      Lela findet es unpassend. Mit dem Tod und dem Abschied von einem geliebten Menschen verbindet sie Schmerz, Trauer, Wut und Verzweiflung. Sie will, dass die Welt dies alles mit ihr teilt. Dass die Welt mit ihr weint. Doch der Schein der Sonne zeigt ihr stattdessen, dass das Leben weitergeht, egal welche Schicksalsschläge es auch erschüttern mögen.

      Es ist verkehrt. Denn jetzt, in diesem Moment, möchte Lela nicht daran erinnert werden, dass jeder Schmerz einmal versiegt, und jede Wunde, so tief sie sich auch ins Herz gerissen hat, einmal vernarben wird. Sie möchte in dem Gedanken ertrinken, dass dieser Schmerz, der Verlust einer ihrer guten Freundinnen, die Erinnerungen, die Helens Tod an den ihres Vaters und ihrer leiblichen Eltern weckt, für immer anhalten wird. Dass er sie zerreißen wird.

      Auch wenn die Wahrheit anders aussieht.

      Nachdem der Sarg in das Grab gelassen ist, tritt Helens Mutter Carmen vor und legt als erste eine tiefrote Rose auf den Sarg ihrer Tochter. Lela bemerkt, dass sie nicht weint. Vermutlich hätten Tränen ihrem Schmerz nicht genug Ausdruck verliehen. Ihr folgt Helens Schwester Anja, die Lela bis jetzt erst zweimal in ihrem Leben gesehen hat. Sie ist zwei Jahre älter als Helen und studiert in Leipzig, soweit Lela weiß. Im Gegensatz zu ihrer Mutter wird sie von Schluchzern geschüttelt, als sie ebenfalls eine Rose auf das Grab legt und eine Handvoll Erde hinterher wirft.

      Lela und Stella warten bis alle Verwandten und näheren Angehörigen von Helen ihre letzten Minuten an ihrem Sarg haben, ehe sie sich ebenfalls dem Sarg nähern, um ihre Blumen auf ihm abzulegen. Sie haben beide eine weiße Lilie, die sie auf das dunkle Holz legen. Danach schütten sie ebenfalls eine Handvoll Erde in das Grab. Der Pastor richtet ein paar letzte, wie er meint, tröstliche Worte an die Trauergemeinschaft, ehe sich nach und nach alle langsam zerstreuen. Lela und Stella wollen der Trauerfeier bei den Jakobits zu Hause nicht beiwohnen, haben sie mit Helens Familie nie besonders viel zu tun gehabt.

      Da Lela jedoch den Tag von Margret frei bekommen hat, beschließen die beiden in einem nahe liegenden Café einen Cappuccino trinken zu gehen und die ganze Beerdigung erst einmal etwas sacken zu lassen, ehe sie den Heimweg anschlagen. Langsam schlendern sie mit getrübten Gesichtern in ihren pechschwarzen Kleidern über den Friedhof auf die Tore zu, die ihn von der Straße abgrenzen. Sie sprechen beide kein Wort.

      „Lela!“

      Lela dreht sich nach der Stimme um, die sie gerufen hat. Ein Mann kommt auf sie zu, er muss in der Nähe der Tore gestanden haben. Es dauert etwas bis Lela in ihm den Mann erkennt, der ein paar Tage zuvor bei ihr im Laden gewesen ist. Der Arbeitskollege von Helen. Sie bleibt stehen und Stella folgt ihrem Beispiel. Als der Mann näher tritt, wirft er ihr einen nervösen Blick zu. Stella versteht sofort. „Ich geh schon mal vor, Lia. Cappuccino?“

      „Ja, bitte.“ Lela sieht Stella hinterher, die sich mit raschen Schritten von ihnen entfernt. Am Tor dreht sie sich noch einmal zu ihnen um und wirft ihr einen neugierigen Blick zu. Lela zuckt kaum merklich mit den Schultern. Sie hat Stella nichts von dem Mann erzählt, weil sie ihn über den Tag hinweg schlichtweg vergessen hat. Er war ein Kunde wie jeder andere auch. Was er nun von ihr wollen kann, ist ihr ein Rätsel.

      „Lia?“ Sie wendet sich wieder an den Mann. „Sie sagten mir, Sie heißen Lela.“ Er sieht verunsichert aus, so als bereue er bereits Lela angesprochen zu haben.

      Sie zuckt halbherzig mit den Schultern. „Ich heiße auch Lela, Lia ist nur mein Spitzname. Zumindest nennt Stella mich so.“ Sie deutet in die Richtung, in die Stella verschwunden ist, damit er weiß, wen sie meint. Sie kann sich selbst nicht genau erklären, weswegen sie ihm überhaupt ein dermaßen privates Detail von sich erzählt. Im Grunde geht es ihn nichts an. Doch er hat etwas an sich, dass ihr gefällt. Was ihr die Zuversicht gibt, ihm vertrauen zu können.

      „Achso.“

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