Kriminalisiert. Hans-Joachim Schmidt

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Kriminalisiert - Hans-Joachim Schmidt

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ihr unterhalten, da ich kein Französisch sprach. Dass sie ganz gut deutsch sprach, band ich denen nicht auf die Nase.

      Dann sagte einer der Polizisten: „Wir möchten nicht, dass Sie oder jemand anderes Kontakt zu Leuten des Kapitalismus haben!“

      Darauf sagte ich: „Dass ihr sie eingeladen habt, ist wohl nicht von Bedeutung. Wenn ihr es so nicht gewollt habt, dann hättet ihr die Länder, die dem Kapitalismus unterworfen sind, ausladen müssen. Aber dann wären es keine Weltfestspiele mehr, sondern die sozialistischen Jugendspiele. Zudem müsstet ihr wissen, dass Frankreich sozialistisch regiert wird.“

      Der Bulle rastete fast aus wegen meiner Antwort. Hochrot im Gesicht und wild gestikulierend kam er auf mich zu. Nur sein Kollege konnte ihn davon abhalten, seinen Zorn an mir auszulassen.

      Zu Hause angekommen warnte man mich noch höflich. Ich soll ab sofort den Feierlichkeiten aus dem Weg gehen. Sollte ich doch dort wider Erwarten angetroffen werden, müsse ich die nötigen Konsequenzen daraus ziehen. Ich nickte ihr Begehren ab, und sie gingen. Sie hatten tatsächlich einen Typen vor meinem Haus abgestellt. Nein, er tarnte sich nicht einmal.

      Warum auch immer, ich wollte mich den Anweisungen der Polizei nicht unterwerfen. Zudem hatte ich die Einkäufe bei mir zu Hause und wollte meine kleine Französin wiederfinden, um mit ihr die Tage zu verbringen. Gegen Abend kletterte ich über die Dächer in ein Haus in der Borsigstraße und mischte mich wieder unter die Leute am Alexanderplatz. Meine kleine Französin fand ich leider nicht mehr. Möglich war auch, dass man sie ausgewiesen hatte, weil sie auch nicht mehr im Interhotel logierte.

      Aber ich lernte eine Studentin aus Schwerin kennen. Mit ihr verbrachte ich die letzten Tage der Weltfestspiele. Jener Kontakt mit ihr riss erst Anfang Januar 1976 ab.

      Wegen des Ausflugs während meiner Krankschreibung kam nichts nach, ich ließ mich sogar wieder freiwillig gesundschreiben wegen der letzten anstehenden Prüfungen. Eigentlich waren es nur noch zwei praktische Prüfungen, Farbgebung und Schweißen, und eine schriftliche in Statik und Festigkeit, die anstanden.

      Nun waren etwa vier Monaten ins Land gegangen. Noch war ich Lehrling, obwohl ich meine letzten schriftlichen Prüfungen schon vor den Weihnachtsferien absolvierte. Jetzt galt es, nach den Weihnachtsferien in meinem Ausbildungsbetrieb bis zum Lehrabschluss, also der Übergabe des Facharbeiterbriefes, an meinem ungeliebten Ofen zu arbeiten. Da mein Lehrlingsgeld von 70 Mark nicht ausreichte, um meinen Bedarf zu decken, weil ja noch 30 Mark für die Miete abgingen, arbeitete ich neben der Ausbildung noch auf dem Fruchthof am Ostbahnhof. Das hatte ich bisher ganz gut unter einen Hut bekommen. So machte ich Nachtschichten und ging von dort aus zur Lehre. Danach schlief ich und ging dann wieder in die Nachtschicht und von da aus wieder in die Lehre. Aber jetzt, zwei vollwertige Arbeiten täglich abzuleisten, würde ich leider nicht verkraften. Daher entschloss ich mich, den Hauptsitz meiner Ausbildungsfirma in der Jannowitzbrücke aufzusuchen, um mich von der Arbeit im Gaswerk befreien zu lassen.

      Diese Arbeit am Koksofen war wirklich ein harter Job. Hin und wieder hatte ich schon, während meiner Lehrzeit, in der Gaskokerei Dimitroffstraße und in der am Blockdammweg gearbeitet. Daher wusste ich, was da auf mich zukommt. So ein, zwei Tage waren für mich kein Problem. Aber im Vierschichtsystem und das sieben Tage lang ging gar nicht und ließ sich auch nicht mit meinen Plänen vereinbaren. Dass zwischen den Schichten einige Tage frei waren, machte diese Arbeit auch nicht reizvoller, eben weil ich es mir nicht leisten konnte, für lau zu arbeiten.

      Zunächst hatte man kein Verständnis für mein Anliegen, weil, wie der BGLer (Betriebsgruppenleiter) sagte: „Durch ihre Arbeit im Ausbildungsbetrieb wird ein Teil Ihrer Kosten der Ausbildung gedeckt.“

      Wie haben die Lehrer damals über die BRD geschimpft, weil die Eltern für das Schul- und Lehrgeld ihrer Kinder selbst aufkommen mussten. Und hier sah es doch so aus, dass ich selbst für meine Ausbildung aufkommen sollte.

      So argumentierte ich natürlich nicht im Anschluss, schließlich suchte ich eine für mich annehmbare Lösung.

      „Ich dachte, dass die Betonmischer, die wir hier produzieren, die Kosten der Ausbildung decken. So wurde es uns erzählt“, antwortete ich, weil es tatsächlich so von unserem Lehrausbilder der Instandhaltung gesagt worden war.

      „Diese Mischer halten auch dafür her, aber von Kostendeckung, nur durch diese Betonmischer, kann man nun wirklich nicht sprechen. Was glauben Sie denn, was Ihre Ausbildung, die Lehrkräfte und das Material, welches wir Ihnen hier zur Verfügung stellen, kosten?“

      Als ich unwissend mit der Schulter zuckte, sagte er: „Dachte ich mir.“

      Jetzt war bei mir der Faden weg. Dabei hatte ich mir so viel zurechtgelegt. Nach einer kurzen Redepause beiderseits fiel es mir wieder ein, was ich hatte vorbringen wollen.

      Kurz entschlossen, sozusagen als letzten Schuss von mir, offenbarte ich meine finanziellen Möglichkeiten und erzählte ihm, wie mein täglicher Speiseplan aussah, wenn ich keinen Zusatzverdienst mehr hatte.

      „Haben Sie wirklich Puffer, die aus einem Brei aus Wasser und Mehl zusammengerührt waren, gegessen?“, fragte er entsetzt.

      Nachdem ich es bejaht und ihm weitere ähnliche kulinarische Gerichte angeboten hatte, gestand er mir doch außerbetriebliche Arbeiten zu. Im Klartext hieß das für mich: Ich durfte auf den Fruchthof arbeiten gehen, musste es mir aber wöchentlich quittieren lassen, also vom Arbeitgeber selbst, wann ich dort arbeitete, und auch vom Lehrmeister, dass ich es durfte.

      Eines Tages, nachdem ich geschafft von der Arbeit nach Hause gekommen war, klingelte es bei mir an der Wohnungstür. Ich hatte mich gerade hingelegt, um mich auszuruhen. Das Klingeln häufte sich und ich dachte mir: „Das wird gleich wieder aufhören.“

      Es hörte aber nicht auf, es wurde zu einem Dauerklingeln. Genervt ging ich zur Tür und öffnete:

      „Guten Tag, Herr Schmidt. Darf ich reinkommen?“, fragte ein mir fremder Mann. Mit seinem sächsischen Dialekt war er kaum zu verstehen.

      „Wer sind Sie, etwa der Mann aus den Bergen?“, fragte ich den bemützten, dunkel gekleideten Mann.

      Er schaute mich etwas verdattert an, worauf ich sagte: „Na, aus dem Tal der Ahnungslosen.“

      „Herr Schmidt, ich bin nur ein Freund“, antwortete er lächelnd. Na ja, eigentlich war es mehr ein Grinsen. Ich hatte bei dem Grinsen das Gefühl, dass er mit einem Fahrrad, ohne Sattel, angereist war.

      „Ich kenne alle meine Freunde, Sie aber nicht.“

      „Lassen Sie mich doch erst mal rein, dann werde ich Ihnen alles erklären können.“

      Da er ohnehin schon mit einem Fuß in meiner Wohnung stand, ließ ich ihn herein und sagte: „Möchten Sie einen Tee?“

      „Nein, ich bin ausgesprochener Kaffeetrinker, haben Sie welchen?“

      „Aha, doch ein Kaffeesachse! Leider kann ich Ihnen keinen Kaffee anbieten, kann ich mir nicht leisten. Außerdem schmeckt der, den es in der Kaufhalle gibt, wie Knüppel auf dem Kopf.“

      Irgendwie fand er meine Antwort lustig und bekam sich bald nicht mehr ein vor Lachen. Dabei griff er in seine Aktentasche und sagte, als er sich halbwegs beruhigt hatte: „Dachte ich mir schon. Probieren Sie den mal“, und gab mir ein großes Päckchen Kaffee.

      „Was dachten Sie sich …“, fragte ich.

      „Na, dass Sie keinen Kaffee haben. Ich weiß, dass guter Kaffee schwer

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