Einer von Zweien. E. K. Busch

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Einer von Zweien - E. K. Busch

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da fuhr sie mir schon ins Wort: „Nein, natürlich ist er nicht dümmer. Das kann ja gar nicht sein. Er ist nur so verdammt...“

      Und nun traten ihr Tränen in die Augen. Ich hatte Mühe, ihrem Stimmungswechsel zu folgen.

      „Er hat einfach aufgegeben, Konrad!“

      Sie schielte ein wenig, als sie das sagte.

      „Er hat aufgegeben. Vielleicht hat er das ja schon als Kind. Aber ich bin zu jung, um mich mit einem Typen abzugeben, der sich immer mit allem zufrieden gibt und in diesem Kaff hier versauern will.“

      Damit hatte sie ihre Fassung fast wiedergewonnen und trat ins Haus. Der Hund war weg.

      „Aber was hat das mit mir zu tun?“, fragte ich sie.

      „Du bist sein verdammter Zwillingsbruder, Konrad. Das hat nur etwas mit dir zu tun.“

      Sie schloss die Tür. Einen Moment stand ich nur da, dann machte ich mich auf den Rückweg, ärgerte mich nicht einmal über den Regen. Ohnehin war ich völlig durchnässt. Kaum trat ich durch das Gartentor, als ich eine schroffe Männerstimme nach mir rufen hörte.

      „Wenk?“

      Ich drehte mich zögerlich um. Da stand Marions Vater auf der Türschwelle, die Hände in den Taschen seiner Stoffhose, und blickte auf mich hinunter, etliche Treppenstufen zwischen uns. Seine albernen Hausschuhe befanden sich auf Höhe meiner Augen. Sie waren aus beigen Filz. Ich blickte auffordernd, auch ein bisschen genervt zu ihm hinauf. Schickte sie also ihren eingebildeten Vater vor. Jämmerlich!

      „Du brauchst auch nicht mehr wegen des Hundes kommen“, meinte er und fügte dann hinzu: „Das wollte ich dir nur noch sagen.“

      Mir lag eine zynische Erwiderung auf der Zunge, dann jedoch schüttelte ich nur den Kopf und machte mich davon.

      Erst ganze drei Wochen später erzählte mir Fred, was an jenem Samstagnachmittag zwischen ihm und Marion vorgefallen war. Doch auch nach dieser Erklärung verstand ich nicht, was ich mit alldem zu schaffen hatte. Dass Marion mich nicht mehr sehen und sprechen wollte, musste ich trotzdem hinnehmen. Aber so wie die Dinge nun zwischen uns standen, wäre jeder weitere Kontakt ohnehin unangenehm gewesen. - Dass ich allerdings den Hund nicht mehr mitnehmen durfte in den Wald und auf die Felder, dass ging mir einfach nicht in den Kopf.

      Ich vermisste das fröhliche und ausgelassene Geschöpf an meiner Seite, in dessen Begleitung ich dem Laufen sogar etwas Freude hatte abgewinnen können. Es erstaunte mich ja selbst, wie sehr ich mich an das Tier gewöhnt hatte, an diesen stummen Gefährten. Wie schön war mir auf einmal der herbstliche Wald erschienen mit seiner Fülle an Farben und Gerüchen. Manchmal waren wir stehengeblieben und ich hatte Bucheckern gesammelt und sie aus ihrer stachligen Schale befreit. Der Hund hatte mir neugierig dabei zugesehen und sich dann glücklich über die blanken Nüsse hergemacht. Wir hatten um Stöcke gerangelt und Wettrennen veranstaltet, waren einmal stundenlang der Wildschwein-Fährte gefolgt, auch wenn unsere Jagd nicht erfolgreich gewesen war. Wir hatten Eichhörnchen beobachtet und uns gefragt, wie sich die buschigen Schwänze wohl anfassen würden. Und wir hatten das eiskalte Wasser aus dem Brunnen getrunken. Mit beiden Händen hatte ich für den hechelnden Hund das Wasser geschöpft, dass dieser eilig leckte, ehe es zwischen meinen Fingern auf den Boden lief. Nun war ich wieder allein im Wald und verlor mich erneut in der öden Einsamkeit. Die Stille war mir dann fast unerträglich. Mal fiel zwar eine Nuss vom Baum ins raschelnde Laub, und manchmal flog auch eine erschrockene Amsel auf, doch selbst dass Reiben der Federn waren dann zu hören und ich musste an den Friedhof denken und die verwitterten Engelsstatuen, fragte mich, ob geschwungene Engelsflügel wohl ebenso klängen. Der Herbst schien mir in diesen Momenten den Tod mit sich zu bringen und versetzte mich in eine allzu melancholische Stimmung. Da waren mir die herbstlichen Stürme weit lieber, wenn die Bäume ächzten und mit ihren nackten Ästen um sich schlugen. Doch bei stürmischen Wetter war es nicht sicher im Wald, wenn gleich die Bäume dann besonders laut nach mir riefen.

      So oder so: Ich leistete auch weiterhin jeden Tag meine Kilometer ab. Nun wieder allein, bei Wind und Wetter. Doch wann immer ich aufbrach, musste ich kurz daran denken, wie freudig mich Gretchen wohl begleitet hätte an diesem Tag. Den Regen hatte sie ganz besonders zu genießen vermocht.

      „Sie möchte, dass ich studiere“, erklärte Fred beim Abwasch. Ich trocknete ab. Er brauchte nicht zu erklären, dass er von Marion sprach.

      „Aber ich will überhaupt nicht studieren, Konrad. Warum denn auch? Ich kann doch auch eine Lehre hier im Ort machen. Warum kann ich denn nicht Schreiner werden? Das ist doch auch eine gute Arbeit.“

      „Das muss jeder für sich entscheiden, was er mit seinem Leben anfangen will“, erwiderte ich.

      „Wahrscheinlich hätte sie es gern, wenn ich wie du Medizin studieren wollte oder Jura....“, und er spritzte mit dem Spülwasser um sich. Ich meinte beschwichtigend: „Aber sie macht sich doch nur Sorgen um dich, dass du es später bereuen...“

      Er sah mich böse an.

      „Nein, Konrad“, erwiderte er vehement.

      „Sie macht sich Sorgen um sich.“

      Dann fügte er aufgebracht hinzu: „Vielleicht will sie später auch nur angeben können vor ihren Freundinnen.

      „Also mein Mann, der hat mir einen Brillanten geschenkt. Einfach so!“, und er verstellte dabei die Stimme, dass sie zu einem nervigen Piepsen wurde, und hielt mir die schaumigen Finger vor die Nase, als trüge er einen fetten Ring daran. Dann normalisierte sich sein Tonfall.

      „Aber meinst sie denn wirklich, man ist glücklicher, wenn man mehr Geld auf dem Konto hat? Meinst sie, da ist auch nur der geringste Zusammenhang?“

      Er verzog dabei angewidert den Mund und griff nach der fettigen Bratpfanne, die noch auf dem Herd stand.

      Dann, fuhr er lauthals fort: „Ich verstehe ja, dass man in abgesicherten Verhältnissen... Aber liegt es denn nicht bei mir, was ich später einmal arbeiten will?“

      Er ließ die Pfanne krachend ins Becken rutschen.

      „Ich glaube nicht, dass Marion so oberflächlich ist“, erwiderte ich beschwichtigend.

      „Aber sie hat sich bestimmte Vorstellungen gemacht von ihrem späteren Leben und die unterscheiden sich offenbar von deinen Vorstellungen...“

      „Also, Konrad“, und er wischte sich mit den nassen Händen das Haar aus der Stirn: „Was sollen das denn für Vorstellungen sein? Sie ist eine verdammte Träumerin, wenn sie meint... Guck mal: Sie will Literatur studieren.“

      Er verzog angewidert das Gesicht.

      „Literatur!“, wiederholte er aufgebracht.

      „Da kann sie sich auch gleich arbeitslos melden! Als ob ihr später irgendwer Geld zahlen würde fürs Lesen!“

      „Also es ist ja nicht jeder Germanist arbeitslos. Da übertreibst du jetzt“, wandte ich ein, doch er sah mich nur wütend an.

      „Handwerk hat goldenen Boden“, erwiderte er trocken, verzog dabei den Mund und versenkte seine Hände im Spülwasser.

      Ich griff nach einem Geschirrtuch und machte mich daran, die Teller abzutrocknen.

      „Wahrscheinlich

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