Sinja und die Zaubergeige. Andreas Milanowski
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Читать онлайн книгу Sinja und die Zaubergeige - Andreas Milanowski страница 15
Sie folgten einer Art Feldweg, der zunächst in einem weiten Bogen nach Nordwesten führte, weg vom Gebirge und den Felsen. An manchen Stellen war er fest ausgetreten, an anderen mit Gras überwuchert und kaum auffindbar.
Sinja fragte sich, wie die Elfen so sicher sein konnten, auf dem richtigen Weg zu sein, doch die ließen keinen Zweifel aufkommen, dass sie sich in diesem Gelände bestens auskannten.
Die vier liefen, ohne ein Wort zu sprechen, in der gleichen Ordnung wie schon am Berg. Emelda vorne, dann Amandra und Gamanziel mit jeweils einem Pony, gefolgt von Sinja, die neben Allegro lief. Sie saß nicht auf seinem Rücken, um möglichst kein Angriffsziel zu bieten.
Alle lauschten konzentriert und versuchten, soweit dies in der Dunkelzeit möglich war, in die Umgebung zu sehen, um drohenden Angriffen rechtzeitig ausweichen oder begegnen zu können. Die Furcht davor und die unangenehme Begegnung mit dem Nauron hatten die Sinne zusätzlich geschärft.
So gingen sie Schritt für Schritt und Takt um Takt.
Sinjas Kräfte ließen immer mehr nach. Da sie die Gruppe aber nicht unnötig aufhalten wollte, unterdrückte sie ihre Müdigkeit.
„Geschlafen wird, wenn das alles hier vorbei ist“, dachte sie und setzte weiter tapfer einen Fuß vor den anderen. Mittlerweile liefen ihre Füße auch schon von ganz alleine. Sie brauchte fast nichts mehr dafür zu tun.
Sie spürte auch kaum noch, wie sehr ihre Beine schmerzten.
Auf einmal fuhr es wie ein Blitz durch ihren Körper.
"Was war das da vorne?", flüsterte sie.
Mit einem Schlag war alle Müdigkeit wie weggeblasen.
Sie hatte deutlich in einiger Entfernung eine Bewegung wahrgenommen.
Erst sah es aus wie ein Erdhügel, aber dann bewegte sich dieser Erdhügel auf einmal, bekam Arme und Beine und huschte über das Feld.
Auch meinte Sinja, zwei rötlich leuchtende Punkte erkannt zu haben, die sie für Augen hielt.
„Pssst!“, zischte sie, „habt ihr das auch gesehen?“
„Sei ruhig, Sinja“, knarzte Amandra zurück, „das ist ein Mugol. Es ist nicht gut, wenn er merkt, dass wir ihn entdeckt haben. Geh‘ einfach weiter und beachte ihn nicht!“
„Aber was ist das?“
„Still jetzt! Geh‘ weiter und sei ruhig!“
Sinja fügte sich Amandras Anweisungen.
Schließlich schien sie zu wissen, worum es sich bei ihrem Begleiter handelte. Wohl war ihr allerdings nicht bei der Sache. Zumindest aber war sie jetzt wieder hellwach.
Misstrauisch schaute sie in die Gegend, in der sie den wandernden Erdhügel zuletzt gesehen hatte. Sie hoffte, dass Amandra wusste, was sie tat. Was blieb ihr in dieser Situation auch anderes übrig, als der Elfe zu vertrauen? Sie wünschte sich nur, keine unangenehme Überraschung mehr zu erleben. Die Sache mit dem Nauron hatte ihr gereicht. So lief sie weiter und versuchte, dem Mugol, was immer das sein mochte, keine Beachtung mehr zu schenken.
Einige Zeit später und etliche Kilometer weiter, hatten die Bewegungen auf der rechten Seite dann einfach aufgehört. Nichts begleitete sie mehr, nichts verfolgte sie, die roten Augen waren verschwunden, als wären sie nie dagewesen – weg….
„Seltsam“, dachte Sinja und schüttelte sich „eine merkwürdige Erscheinung. Was das wohl gewesen sein mochte, ein Mugol?“
Eine Gänsehaut lief ihr den Rücken hinunter als sie an den hüpfenden Erdhaufen dachte. Vielleicht würde es ihr Amandra später noch erklären.
„Hier können wir einen Moment rasten und uns ein wenig ausruhen“, war auf einmal flüsternd Emelda zu vernehmen.
Sie waren an einem Tümpel angekommen, der von leichtem, niedrigem Buschwerk und Schilfgras umstanden war.
„Außerdem können wir hier unsere Wasservorräte auffrischen“, ergänzte Gamanziel.
Sinja war einfach nur froh, dass sie ihre müden Beine ausstrecken konnte, wenn es auch nur für kurze Zeit sein sollte.
„Amandra“, bat sie die Elfe, nachdem sie sich mit einem erleichterten Seufzer ins Gras hatte fallen lassen, „würdest du mir bitte den Mugol erklären? Was ist das, was uns da die ganze Zeit begleitet hat?“
Amandra setzte sich neben Sinja.
„Die Mugols sind sehr scheue Wesen“, antwortete sie. „Kaum jemand bekommt sie jemals zu Gesicht und schon gar nicht bei Licht. Sie sind so eine Art Erdtroll, ein Mittelding zwischen Troll und Maulwurf. Sie haben den Körper eines Trolls, also einen sehr großen, plumpen Körperbau mit starken Muskeln, aber sie leben im Dunkeln, in Erdhöhlen unter der Oberfläche. Sie können in der Dunkelheit hervorragend sehen. Du hast ja seine roten Augen leuchten sehen. Du siehst von ihm nur den Schatten, aber er hat von uns jede Einzelheit wahrgenommen, und nicht nur gesehen, sondern auch gehört. Sie haben nämlich auch noch ein überaus feines Gehör. Der Mugol hat uns schon gehört, als wir noch Kilometer weit weg waren. Mugols sind normalerweise Einzelgänger. Sie wollen alleine leben und nicht gestört werden. Wenn jemand wie wir durch ihr Revier trampelt, dann werden sie misstrauisch und verfolgen ihn, allerdings nur bis zur Grenze ihres Reviers. Als wir die Grenze überschritten hatten, war ihm klar, dass wir keine feindlichen Absichten hatten. Er verlor das Interesse an uns und ist in seine Behausung zurückgekehrt.“
„Und warum sollte er nicht mitkriegen, dass wir ihn gesehen haben?“, fragte Sinja nach.
„Weil er nicht entdeckt werden will. Wenn er merkt, dass wir ihn gesehen haben, kann er zornig werden und, obwohl Mugols eigentlich friedlich sind, könnte er auf die Idee kommen, uns anzugreifen und das möchtest du nicht erleben, wenn so ein Muskelpaket wütend über uns herfällt. Also lass ihn besser ein paar Kilometer neben dir herlaufen, tu so, als ob du ihn nicht siehst und er wird dich in Ruhe lassen. Deswegen habe ich dir vorhin gesagt, du sollst einfach weitergehen.“
„Danke!“, sagte Sinja erleichtert. „Jetzt geht es mir etwas besser damit.“
„Der hat dir Angst gemacht, nicht wahr?“, fragte Amandra.
„Ja, das hat er, vor allem, nachdem der komische Vogel uns vorhin schon zum Abendessen verspeisen wollte.“
„Das hatten wir von dem Mugol nicht zu befürchten, solange wir seine Eigenarten respektierten. Was mich allerdings wundert ist, dass aus `Morendo´ nichts kommt, dass uns der `Unerhörte´ bislang so unbehelligt marschieren lässt. Ehrlich gesagt hatte ich mit einem Angriff gerechnet und nicht erst jetzt, sondern schon etwas früher. Je näher wir an den Wäldern von `Adagio´ sind, umso ungünstiger wird das Gelände für deren Angriff.
Der Wald ist Elfenland. Da kennen wir uns aus und können es normalerweise mit jedem Gegner aufnehmen.