Hans der Pole. Gräfin Bethusy-Huc
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Sie plauderte das alles durcheinander, während sie an Hans‘ Seite hin schritt; er hatte kaum Zeit, zu fragen, ob sie denn gar nicht nach Warozin ginge, da sie doch mal hier sei.
Sie schüttelte den Kopf.
„Was soll ich dort, jetzt zum Winter? Gibt ja nicht mal Wolfsjagd dort. Aber bleib‘ ich noch paar Tage hier, denn Schwager Oberlandesgerichtsrat ist verreist, da ist ganz gut hier in Grand Hotel. Kommen sie mit mir, müssen sie frühstücken bei mir – will Ihnen noch erzählen von Briefe von Ihrem Vater?“
„Briefe von meinem Vater?“ rief er erstaunt, und sie fuhr lebhaft fort.
„Ja, ja, hab‘ ich Ihnen doch gesagt in Warozin, habe ich altes Briefe. Nachher bin ich gewesen krank in Paris, habe ich gelesen in altes Briefe aus die Schreibtisch von meiner Mutter – ist gewesen Ihr Vater der Freund zu ihr, sind ja Briefe aus Warozin und aus Berlin, aber war Ihr Vater noch eine junge Mann, nicht geheitatet, savez-vouz? O freue ich mich sehr, dass sie sind hier, wollte ich Ihnen immer schreiben wegen Briefe, aber hatt‘ ich nicht Zeit. Werden Sie kommen zu Frühstück, um 1 Uhr?“
Hans sagte zu und begab sich in erregter Stimmung zur festgesetzten Stunde in das Hotel. Er wartete ein paar Minuten in einem kleinen Salon, der nach Juchten und Zigaretten duftete, dann wurde die Tür eilig geöffnet, und Maria Mielosenska kam ihm mit ausgestreckten Händen entgegen.
„Ich freue mich sehr, Sie zu haben bei mir, sind wir beinahe Cousins – wissen sie von Ihre Vater und meine Mutter her – pauvre mére (arme Mutter) – aber sind Sie die Sohn, kann ich doch sprechen von Ihre Vater zu Sie. Ist das Frühstück erst um halb zwei, also kommen sie und setzen zu mir.“
Er musste auf dem kleinen Divan neben ihr Platz nehmen, und sie erzählte ihm eine alte Liebesgeschichte von zwei längst verstorbenen Menschen. Danach hatte sein Vater die schöne Tula Zaleska auf einer Reise in der Schweiz kennen gelernt. Beide hatten trotz des Widerstandes der Verwandten die Absicht gehabt, sich zu heiraten, und aus dieser Zeit stammten die Briefe, die Maria nach dem Tode ihrer Mutter gefunden hatte. Da waren die polnischen Unruhen des Jahres 1863 ausgebrochen, gerade während eines Besuches von Hansens Vater in Warschau. Bei einem Straßenkrawall hatte Baron Walsberg den Bruder der schönen Tula, den er nicht kannte, erschossen; bei der Verteidigung des eigenen Lebens wohl, aber immerhin hatte diese Katastrophe die Liebenden getrennt. Tula hatte späterhin, dem Drängen der Familie nachgegeben, einen älteren wohlhabenden Mann geheiratet. „Und die Baron Walsberg hat auch geheiratet“, schloss Maria, „sind schon Menschen alle so, denken sie erst, sterben sie vor Liebe, aber nachher leben doch und heiraten, wie gerade kommt vor.“
Hans hatte mit heißen Augen zugehört – da war ja der langgesuchte Schlüssel zum inneren Erleben seines Vaters. Hansens Phantasie sah die schöne Tula, die große Liebe seines Vaters, vor sich, und sie trug die Züge Maria Mielosenskas.
„Kann ich die Briefe meines Vaters bekommen?“ fragte er gespannt, in das Gesicht der Polin blickend.
„O, ich habe nicht hier die Briefe“, sagte sie, „Aber müssen Sie kommen nach Paris, gebe ich Ihnen alles, auch Bild von meiner Mutter werden Sie sehen und werden bei uns sein wie verwandt. O, bin ich froh, dass Sie sind hier!“ Und sie reichte ihm wieder beide Hände, die er küsste. Dann legte sie ihren Arm in den seinen.
„Jetzt kommen Sie zum Frühstück.“
In einer der roten Nischen des Restaurants war der Tisch zierlich für zwei Personen gedeckt. Das Licht des mit gelben Store verhängten Fensters fiel matt auf Marias weißes Gesicht, in dem die Augen förmlich phosphoreszierten, und Hans saß ihr gegenüber in einer Erregung, wie er sie nie empfunden hatte.
In einem Eiskübel neben dem Tische stand Sekt.
„Kellner, gießen sie ein“, befahl Maria, und sie hielt ihr Spitzglas Hans entgegen.
„Auf unsrer neuen Verwandtschaft“, sagte sie, „denn es kommt mir vor, dass wir sind verwandt durch unsre Toten!“
Sie leerte ihr Glas in schnellen Zügen. Dann sah sie Hans lächelnd an.
„Reiten Sie gern?“ fragte sie.
Hans bejahte.
„Und Sie reiten gewiss auch gut“, fügte sie hinzu, „denn Sie haben so einer Figur dazu. Wollen Sie Nachmittag mit mir reiten?“
„Ich habe kein Pferd hier.“
„O, das macht nichts!“ Sie winkte den Kellner heran.
„Telefonieren sie den Professor von Schulen, das er soll bringen noch eine Pferd mehr, weil noch wird ein Herr mit reiten.“
Der Kellner verneigte sich und ging, den Befehl auszuführen. Sie sah ihm nach.
„Er wird nicht sein sehr gefreut, der Professor, kennen Sie ihm?“
Hans sagte, dass er Schulen nur flüchtig gesehen, aber nie gesprochen habe.
„Werden Sie ihn jetzt sehen reiten – aber kann er nicht. Sitzt er auf die Pferd wie – wie Affe auf Kamel“ – sie lachte ausgelassen – „hat er schlechte Beine zu reiten.“
„Nun, er ist ja auch in erster Linie Gelehrter“, meinte Hans.
Sie nickte.
„Ja, sehr gelehrt ist er, sehr klug – sehr klug! Aber sehr hässliche Beine hat er!“
Sie gähnte leicht, als erinnerte sie sich in einer wenig amüsanten Ideen-Assoziation seiner Klugheit und seiner Beine. Dann sagte sie:
„Wissen Sie, habe ich sehr gerne kluge Männer, spreche ich gern mit sie. Aber hab ich auch gern guter Figur und solche Sachen. Aber klug und immer klug ça devient assommant! (es kann nervtötend) Und hat er wirklich geschrieben schlechte Sachen von Polen in seine Zeitung. Hab‘ ich nicht glauben wollen, aber Gilecka hat mir übersetzt. Af – wirklich schlechte Sachen!“
Und wieder hielt sie Hans ihr Spitzglas hin.
„Auf Paris und dass Sie werden hinkommen.“
„Wie gern käme ich!“ seufzte er.
„Also, wenn sie gern kommen, fahren Sie mit mir!“
„Und meine Kollegs – und mein Vormund – “
„Ach, Ihre ganze Leben können Sie hören Kollegs – aber jung ist man bloß einmal – soll man genießen. Und zu was brauchen Sie eine Vormund? Sind sie groß genug!“
Ihr Blick flog anerkennend über Hansens breite Schultern und blieb auf dem kleinen blonden Bart auf seiner Oberlippe haften.
„Lassen Sie laufen Vormund.“
„Ja, ich lasse ihn schon, wenn er nur läuft! Aber nach dem Gesetze werde ich ihn erst am 10. Februar los.“
„Warum, was ist das für eine