Hans der Pole. Gräfin Bethusy-Huc

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Hans der Pole - Gräfin Bethusy-Huc

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Die viele Bewegung in der frischen Luft behagte ihm, aber es wurde ihm schwer, sein Gedanken und seine Aufmerksamkeit längere Zeit auf eine Sache wie die Arbeit eines Heuwenders oder das Behacken von Rübenfurchen zu konzentrieren. Auf den Waldwiesen, war die Heuernte in vollem Gange. Hans stand am Waldrande und unwillkürlich schweiften seine Gedanken über die Wiesen hinweg fernen Tagen zu, wo er seine Waldgänge im Waroziner Revier gemacht hatte. Hoch über der Wiese schwebte ein Weih, nach Raub ausspähend. Hans sah ihm nach. Jetzt wäre er in Schutzhöhe gewesen, nun hob er sich wieder höher.

      „Was ist denn das hier für eine Lodderwirtschaft!“ schrie Herrn Markers Stimme ärgerlich in Hansens Träumerei hinein.

      Er hielt auf seinem Braunen mitten auf der Wiese, wo die Leute in einem Knäuel zusammengedränt standen. Hans ging eilig dort hin.

      „Herr von Walsberg“, schrie ihn Marker an, „wo stecken Sie denn, wie können Sie dulden, dass die Leute hier faulenzen und Reden über den kaputten Heuwender halten, von dem sie doch nichts verstehen. Er muss sofort in die Schmiede, die Mädel gehen hinüber auf die Marienwiese und helfen beim Aufladen, der andere Heuwender muss hier die Arbeit allen fertig machen. Wozu Sie aber hier stehen, wenn Sie solche einfache Dispositionen nicht selbst treffen können, das weiß ich nicht.“

      Hans schwieg, aber er wandte sich kurz um und ging nach Hause. Er war empört darüber, dass Herr Marker ihn vor den Leuten schalt wie einen Schulbuben, es widerstrebte ihm, sich mit ihm in eine Auseinandersetzung einzulassen; aber er ging geradeswegs zum Generaldirektor, um sich zu beschweren. Er war doch immerhin Offizier gewesen und durfte sich eine derartige Behandlung nicht gefallen lassen.

      Der Generaldirektor empfing ihn in seinem Arbeitszimmer und hörte seinen Bericht an. Dann fragte er: „Ja, mein lieber Walsberg, was machten Sie denn eigentlich auf der Wiese?“

      „Ich beaufsichtigte die Leute“, antwortete Hans, und in demselben Augenblicke fühlte er, was ihm in seinem Ärger ganz entgangen war, dass seine Beaufsichtigung schlecht und der Tadel Markers nicht ganz unverdient war.

      „Ich war ja allerdings nicht sehr aufmerksam gewesen“, fügte er etwas beschämt hinzu, „aber was sollen denn die Leute denken, wenn Herr Marker mich so anfährt?“

      „Hm – nun, wissen Sie, was die Leute denken sollen, das liegt in Ihrer Hand. Jetzt denken sie wahrscheinlich: der junge Herr hat geträumt, anstatt aufzupassen – und wenn Sie ihnen bei nächster Gelegenheit beweisen, dass Sie auf dem Flecke sind, da werden sie denken: der junge Herr ist doch ein tüchtiger Kerl. Seh’n Sie mal, wenn ich dem Marker Vorwürfe darüber mache, dass er Sie angefahren hat, so wird er Ihnen das nachtragen. Das wäre für keinen Teil ersprießlich. Also halte Sie ihm seine Ungeduld zugute – wie ich ihn kenne, tut’s ihm selbst leid – und ein anderes Mal – ja – da passen Sie eben besser auf!“

      Hans stand unschlüssig da, und der Generaldirektor fuhr fort:

      „Man muss sich und anderen das Leben nicht unnötig schwer machen, lieber Walsberg, damit vertreibt man die Freudigkeit – und die ist gerade unsere beste Hilfe bei jeder Arbeit.“

      Die blauen Augen des Generaldirektors sahen Hans ernstfreundlich an, als blickten sie ihm bis auf den Grund der Seele. Er reichte ihm die Hand und sagte:

      „Na denken Sie mal drüber nach, Sie werden mir Recht geben!“

      Und über Hansens Lippen kam es unwillkürlich:

      „Ich danke Ihnen, Herr Generaldirektor.“

      Dennoch wurde es Hans nicht ganz leicht, Herrn Marker gleich darauf freundlich zu begegnen, und diese schien auch nicht dergleichen zu erwarten, denn sobald er Hans zu sehen bekam, sagte er: „Wegzulaufen hätten Sie auch nicht gleich nötig gehabt!“ Aber dabei blieb es, denn er hatte wohl selbst das Bewusstsein, etwas grob gewesen zu sein.

      So oft Hans sich aber auch in der Folge des Generaldirektors Wort von der „Freudigkeit“ zurückzurufen suchte, sie wollte sich bei ihm nur sehr selten einstellen. Die Sache ging noch im Sommer, wo die Erntearbeiten Mannigfaltigkeit in den Wirtschaftsbetrieb brachten und die sommerliche blühende Natur auf Hans freundlich einwirkte. Als aber der Herbst kam mit den endlosen Ackerungsarbeiten, als gar der Winter einsetzte mit kurzen grauen Tagen, da wollte die Freudigkeit sich gar nicht mehr einstellen.

      Dagegen geschah es immer öfter, dass Hans sich der Gespräche mit den Mielosenskis erinnerte.

      „Den jungen Herren in Paris und Warschau genügt es, ein Mensch zu sein und sich ihres Lebens zu freuen“, dachte Hans. „Warum quält unsereins sich nun, anstatt es jenen gleich zu tun? Was habe ich denn von meinem Leben hier? Ja, was kenne ich denn überhaupt vom Leben?“ Und seine Phantasie begann zu arbeiten und ihm Bilder vorzumalen von einem Leben, wie es sein könnte, wenn er zufällig als Franzose oder Pole zur Welt gekommen und sich dem Gesetze des „etwas tun und etwas sein Müssen“ nicht unterworfen hätte. Dazu kam, dass Herrn Markers mürrische Art mit dem schlechten Wetter zuzunehmen schien, während frau Marker „ihre jungen Herren“ zu abendlichen Unterhaltungen eizuladen begann. Gewöhnlich kamen dabei die Eleven der verschiedenen Domänen zusammen und die „Unterhaltung“ lief auf eine Skatpartie hinaus, bei der unmenschlich viel Bier und ab und zu minderwertiger Wein getrunken wurde. Hans fühlte sich dabei sehr unbehaglich, denn die jungen Herren legten ihm seine stille Art als „Hochmut“ aus und meinten, man müsse dem „Leutnant“ und „Baron“ zeigen, dass er hier nur „ihres gleichen“ sei.

      Eines Tages begegnete er dem Generaldirektor auf dem Hofe; der kam auf ihn zu, reichte ihm die Hand und sagte, ihm in die Augen sehend:

      „Na, was machen wir denn?“

      Hans zuckt die Achseln.

      „Ich fürchte – nicht viel Gescheites Herr Generaldirektor. Ehrlich gesagt – ich weiß nicht recht, ob ich zum Landwirt tauge.“

      „Erlauben Sie mal, das wollt ja ich Ihnen nach einem halben Jahre sagen, ob Sie dazu passen, lieber Walsberg, aber ich hab‘ mich nicht viel um Sie kümmern können, weiß nur, dass Sie Ihren Weg gehen und Ihre Pflicht tun. Und da möchte ich Ihnen sagen: ein tüchtiger Kerl stellt überall seinen Mann, ob als Landwirt oder sonst wo. Aber man muss auch dabei sein, bei seinem Beruf, auch mit seinen Gedanken. Und die Ihren reisen, glaub ich, manchmal ins Traumland.“

      „Mein Gott, Herr Generaldirektor, man erlebt doch aber auch gar nichts hier!“

      „Hm – ja richtig, Sie sind ja noch so schrecklich jung!“ Er sah ihn freundlich, aber ein wenig mitleidig an.

      „Na, warten Sie mal, ich nehme Sie nächstens irgendwohin mit, wo’s was zu sehen oder zu erleben gibt.“

      Hans verneigte sich dankend. „Sehr gütig, Herr Generaldirektor.“ Herr Blei nickte ihm zu.

      „Ich denke schon daran!“ rief er ihm im Weiterschreiten zu.

      An dem Tage fühlte Hans sich froher, nicht des Versprechens wegen, sondern weil er das Wohlwollen seines Chefs durch dessen Worte hindurch fühlte und ihm das das Herz wärmte. Aber dann kamen doch wieder graue Tage.

      Frau Markers gesellschaftlicher Ehrgeiz war durch die Skatpartien nicht befriedigt. Sie lud Hans und einige Auserwählte zu einem musikalischen Nachmittag ein.

      „Ich muss leider einen Nachmittag anstatt eines Abend nehmen“, sagte sie zu Hans, „weil Adelka Blei um 9 Uhr schlafen geht – denke sie nur, das große Mädchen, das nächsten 16 Jahre alt wird! Und Bleis halten sie immer noch wie ein Kind!“

      „Ach,

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