Hans der Pole. Gräfin Bethusy-Huc

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Hans der Pole - Gräfin Bethusy-Huc

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ergriff seine Hand, die ein Stück Brot auf dem Risch zerkrümelte.

      „O, wie Sie sind hübsch, wenn Sie lachen – müssen Sie oft lachen.“

      „Das Leben ist aber nicht immer lächerlich, gnädige Frau!“

      „Werde ich Ihnen zeigen, wie kann Leben sein, dass man lacht“, sagte sie, immer noch seine Hand haltend. Jetzt strich sie mit ihren weichen Fingern darüber hin.

      „Haben Sie starkes, schönes Hand, habe ich gern solches Hand bei einem Mann.“

      Er konnte nichts erwidern, er sah sie nur an, und das Herz klopfte ihm sehr stark dabei.

      „Werden wir jetzt rauchen Zigaretten und nehmen die Kaffee in meine Salon, kommen Sie.“

      Sie stand auf und verließ das Restaurant, und Hans folgte ihr mit heißem Kopf, in dem kein anderer Gedanke mehr Platz hatte als der: wie schön ist sie, und wie lieb und wie gut!

      Acht Tage später erhielt Frau von Walsberg folgenden Brief:

      Liebe Mutter!

      Es ist eine entscheidende Wendung in meinem Leben eingetreten. Ich fühlte schon lange, dass es so nicht recht weiter gehen wollte, und der Generaldirektor Blei sagte mir selbst einmal: „Wenn sie mein Sohn wären, würde ich Sie erst mal auf Reisen schicken.“ Ich sprach damals mit Herrn von Wolffen darüber, er wollte aber nicht davon wissen. Nun ist eine solche Unruhe in mir, dass ich für nichts Sinn habe und an nichts Freude finde, was mich hier umgibt. Was habe ich bisher vom Leben gehabt? Was kenne ich von der Welt? Nichts – nichts! Und dabei liegt das Geld, das ich für eine Reise brauchen würde, bereit, und wenn Onkel Wolffen mir die Erlaubnis verweigert, so liegen keine fachlichen Gründe dafür vor, sondern nur seine Auffassung, die eben eine andere ist als die meine. Nun könnte ich allerdings bis zum 10. Februar warten. Dann bin ich mündig und kann tun, was ich will. Augenblicklich bietet sich mir aber eine ganz vorzügliche Gelegenheit, unter den angenehmen Verhältnissen nach Paris zu fahren. Frau von Mielosenska ist hier und kehrt mit ihrer Tochter jetzt nach Paris zurück. Ich bin mit den Damen hier viel zusammen gewesen, und ich soll sie begleiten, da Herr von Mielosenski verhindert ist, seine Frau abzuholen. Ich bin überzeugt. Liebe Mutter, Du würdest mir selbst zureden mitzugehen, und da sie Sache drängt, so teile ich Onkel Wolffen nur das fait accompli (vollendete Tatsache) mit und muss es darauf ankommen lassen, dass er mir meinen selbständig gefassten Entschluss übel nimmt. Du tust das nicht, leibe Mutter, das weiß ich, Du wünschest mir Glück auf die Reise, und ich kann nur sagen, dass schon der Entschluss dazu mich sehr, sehr froh macht. Ich umarme Dich in Gedanken als

      Dein glücklicher Sohn

      Hans.“

      XI.

      Als dieser Brief in Frau von Walsbergs Hände kam, saß Hans im Pariser Schnellzuge der schönen Maria Mielosenska gegenüber in zwanglosestem Gespräch, denn Lonka, die in einer Kuppe-Ecke lehnte und Hans mit dunklen, schwimmenden Augen ansah, verstand nicht ein Wort Deutsch.

      „Ich möchte ihr noch geben eine Kuss extra, weil sie nicht versteht“, sagte Maria zu Hans, „und ich kann sagen zu Dir in Deine Sprache, dass ich Dir habe lieb, und du kannst sagen zu mir, dass Du bist glücklich – ja? Bist Du?“

      „Wahnsinnig glücklich, Du Süße, einzige, mir ist, als sei es nicht mehr dieselbe Welt – Vor acht Tagen und heute – ich bin ja ein anderer Mensch geworden, seit ich weiß, dass Du mich lieb hast. Es kommt mir noch immer wie gar nicht möglich vor – “

      „Und ist doch wahr – Aber Du musst zum Fenster hinaussehen, wenn Du sprichst zu mir, das Kind soll nicht sehen Deine Augen auf mir, weil steht zu viel zu lesen in Deinen Augen!“

      „Das ist sehr schwer, aber Du hast Recht!“

      „O ja, Du musst sein klug – aber nicht so sehr klug wie die Professor – “

      Hans lachte.

      „Ich bin ja so eifersüchtig gewesen auf den Professor“, gestand er.

      „Du bist in eine große Wut, wenn Du bist eifersüchtig – hab‘ ich gelacht, weil war unnütz, aber hab‘ ich doch gefreut – und die Professor von Schulen ist sehr geärgert, aber hat doch nicht gemerkt mit alle seine Klugheit bis heut, wo kriegt meine Brief – schreibe ich ihm, dass fährt liebenswürdige jung Baron mit mir“. Sie lachte ausgelassen.

      „O, wird er machen ein Gesicht, der Herr Professor von Schulen!“

      „Mama, was sprecht ihr von Herrn von Schulen?“ fragte Lonka, die den Namen gehört hatte und die sich langweilte.

      „Ich sage, dass er der klügste Mann ist, den ich kenne“, antwortete Maria in polnische Sprache.

      „Aber dabei ist doch nichts zu lachen, Mama?“

      „Ich habe noch gesagt, dass er sehr schlecht reitet, und ich habe gelacht, weil ich an die Figur gedacht habe, die er auf dem Pferde macht.“

      Lonka rümpfte das Näschen.

      „Ich habe gleich zu Tante Gilecka gesagt: Einen Professor möchte ich niemals heiraten – das ist gar kein ordentlicher Mann.“

      „Ah ça!“ (ach so) Maria übersetzte Hans die Sentenz, der seinerseits nun Lonka lächelnd ansah, worüber diese sehr rot wurde.

      „O nein, Mama!“ rief sie heftig, dass darfst Du dem Deutschen nicht wiedersagen, was ich so spreche, sonst sage ich kein Wort mehr!“

      „Sei ruhig, Kleine! Übrigens brauchst Du nicht in solchem verächtlichem Tone zu sagen: „der Deutsche“. Er hat eine polnische Mutter, und, gib Acht, ich mache ihn ganz zum Polen. Und Du darfst nicht unfreundlich zu ihm sein. Sieh ihn doch an, wie hübsch er ist, gefällt er Dir nicht?“

      Lonka schob die Unterlippe vor.

      „Hübsch ist er schon“, meinte sie, „aber wiedersagen darfst Du ihm doch nicht, was ich spreche. Warum kann er nicht französisch? Das muss er doch wenigstes lernen, wenn er mit uns in Paris sein will.“

      „Sieh, sieh, was Du für ein kluges Kind bist – das kann ich ihm doch sagten, dass er Französisch lernen muss?“

      Und ohne Lonkas Antwort abzuwarten, fragt sie Hans nach seinen französischen Kenntnissen. Er wusste davon, was er eben im Kadettenkorps grammatikalisch gelernt hatte, aber unterhalten konnte er sich nicht.

      Maria fing an, ihm Unterricht zu geben, indem sie alle Gegenstände, die sie umgaben, französisch nannte und er die Worte wiederholen musste.

      Das amüsierte auch Lonka, Hans fand, dass diese Art von Konversationsstunde angenehm und lustig war, und er machte während der Reise merkwürdige Fortschritte.

      „Alle Tage werden wir haben eine Stunde in Paris“, rief Maria, „hab‘ ich noch nie gehabt eine Schulknabe – wird sein sehr schön und sehr lustig, wenn Du wirst dein meine geliebte, süße Schulknabe!“

      Hans wandte sein Gesicht dem Fenster zu, um sich nicht zu verraten.

      Die Gegenwart dieser Frau wirkte auf ihn wie ein berauschender Trank, der sein klares Denken umnebelte und ihn in ein Traumland voll ungekannter

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