Hans der Pole. Gräfin Bethusy-Huc

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Hans der Pole - Gräfin Bethusy-Huc

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mir gar nicht ein!“

      „Aber Herr von Schulen erwartet Sie!“

      „Das schadet ihm nichts und mir auch nicht!“

      „Immerhin – es handelt sich um eine wichtige Angelegenheit, ich bin zufällig informiert – haben Sie Zeit, Herr Generaldirektor?“

      „Für sie habe ich immer Zeit, Herr Präsident!“

      „Dann steigen Sie ein.“ Der Präsident lehnt sich hinaus und rief dem Kutscher zu: „Fahren Sie über die Promenade.“

      Der Generaldirektor stieg ein.

      „Es ist ein glücklicher Zufall, der Sie mir in den Weg führt“, begann Herr von Arden. Und er entwickelte ihm die ganze Angelegenheit mit Warozin und schloss damit, dass ein deutscher Käufer sich ein eminentes Verdienst um das Deutschtum erwerben würde, was höheren Ortes des größten Beifalls sicher sein würde.

      Der Generaldirektor hatte ruhig zugehört, bloß in den Winkel seiner blauen Augen spuckte etwas wie ein unterdrücktes Lächeln.

      „Herr Präsident“, sagte er endlich, „nach meiner Ansicht ist es ein höchst patriotisches Werk, ein heruntergewirtschaftetes Gut an einen Polen zu verkaufen, denn der verkracht sicher darauf, und dann ist man ihn los!“

      „Herr Generaldirektor, ich habe in vollem Ernste gesprochen!“ sagte der Präsident vorwurfsvoll.

      „Ich auch“, versicherte der Generaldirektor. „Anstatt eine Polenhetze zu organisieren, sollten wir vor unseren eigenen Türen kehren, unseren Kram in Ordnung halten und, ohne viel Geschrei zu machen, ein jeder auf seinem Posten fest stehen. Warum soll ich meinem Herzog Warozin anhängen oder warum soll ich meine ohnehin in Anspruch genommene Arbeitskraft noch mit der Bewirtschaftung eines eigenen Gutes beschweren?“

      „Aber die nahe Nachbarschaft eines Polen kann doch für Sie nicht angenehm sein“, warf der Präsident ein.

      Der Generaldirektor zuckte die Achseln.

      „Davor fürchte ich mich nicht – höchstens sehen die Leute dann mit eigenen Augen, dass sie es bei mir besser haben als bei dem „Schlachzüzen“. (Szlachta – polnische Adel)

      „Ich verstehe doch nicht, Herr Generaldirektor, dass sie diese Sache so ruhig ansehen. Bedenken Sie: der erste polnische Grundbesitz in einem Bezirk, in dem bisher nur deutsche ansässig waren. Schon die Unverschämtheit dieser Leute empört doch unsereins.“

      „Verzeihen Sie, Herr Präsident, aber ich sehe hier nur die Konsequenz einer Tatsache sich vollziehen. Wir haben den Polen so viel Grundbesitz abgekauft, dass wir uns nicht wundern dürfen, wenn sie nun ihrerseits das von uns erworbene Geld in Gütern anlegen. Ich meine: kräftigen wir nur unseren deutschen Gutsbesitzerstand – das ist das beste Mittel gegen das Polentum. Und gerade weil ich die Phrasen des Professors von Schulen nicht ausstehen kann, gehe ich nicht zu ihm.“

      „Ich bin erstaunt, Sie so sprechen zu hören, Herr Generaldirektor, und Ihr Urteil über Herrn von Schulen ist mir ebenfalls ganz überraschend.“

      „Ja, Herr Präsident, ich kann keine Mördergrube aus meinem Herzen machen – mir liegt einmal dieses semitische Wunderkind nicht!“

      „Meinen Sie den Professor von Schulen damit?“

      „Allerdings – Sie sind erst zu kurze Zeit hier, Herr Präsident, um alle diese Verhältnisse zu kennen, aber unsereiner, der hier alt und grau geworden ist, kennt sich ja einigermaßen aus.“

      „Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mich einweihen wollten!“

      „Gern, Herr Präsident, habe ich doch die Familie gekannt, noch ehe sie in diesem jüngsten hoffnungsvollen Sprossen gipfelte, denn Schulens Vater, der reiche Jude Schmule, war Pächter der herzoglichen Kohlengruben, in denen er seine Millionen erworben hat.“

      „Davon hatte ich keine Ahnung“, murmelte der Präsident.

      „Er spricht nicht gern von seinem Vater, der Herr Professor“, versetzt der Generaldirektor“, „aber er hat Unrecht damit, denn der alte Schmule ist in seiner Art ein ganzer Kerl, lebt als kaufmännischer Patrizier, der sich vom Geschäft zurückgezogen hat, in Berlin W., hat Einfluss an allen Ecken und Kanten und ist eine Persönlichkeit – heißt übrigens jetzt auch Schulen, hat nur den Adel dem Sohne allein überlassen. Der kam mit 16 Jahren als Wunderkind auf die Universität, machte den Dr. phil. und jur., wurde mit 22 Jahren habilitiert, mit 27 Jahren ordentlicher Professor – Leuchte der Wissenschaft, und da sein Vater aus den materiellen Gütern Gewinn genug gezogen hat, stürzte er sich auf die idealen Güter, die gerade en vogue sind, na – Sie wissen ja selbst, wie er in Patriotismus, Sozialreform, Flottenbegeisterung und dgl. macht. Er hat’s verstanden, Liebling im Kultusministerium und Schützling der allmächtigen Schmollergruppe zu werden – endet jedenfalls noch mal an hervorragender Stelle im Reichsamt des Innern – aber ich sage: Gott sei Dank, dass er mir in meinen Kram nicht hineinpfuschen kann – für mich bleibt’s ‘ne Kreuzung von Jud‘ und Jesuit!“

      Der Generaldirektor sah ungeniert nach seiner Uhr.

      „Verzeihung, Herr Präsident, aber ich möchte hier absteigen, ich habe noch einen wichtigen Abschluss heut zu machen.“

      „Ich bin Ihnen dankbar für das Zeitopfer, das Sie mir gebracht haben – es hat mich alles sehr interessiert, wenn ich auch nicht umhin kann, Ihnen nochmals mein Bedauern auszusprechen, dass – “

      „Ich bitte um Ihre Nachsicht, Herr Präsident!“

      Der Generaldirektor verließ den Wagen und schritt grüßend davon.

      Herr von Arden blickt ihm mit einem leisen Gefühl von Neid nach. Der da stand fest auf seinen Füßen und hatte den Mut der eigenen Meinung. Immerhin – so ungünstig er Schulen beurteilte, dass er einflussreich, von oben her gestützt und ein Mann mit einer Zukunft war, hatte er doch zugegeben.

      Der Präsident seufzte tief auf und fuhr nachdenklich nach Hause.

      Inzwischen saß Frau Maria von Mielosinska, die Gattin des Käufers von Warozin, auf einer der seidenen Ottomanen im orientalischen Salon der Villa Schulen, und die weiße, gepflegte Hand des Professors glitt liebkosend über ihr rötlich schimmerndes Haar, während er mit den weichsten Modulationen, deren seine Stimme fähig war, sagte:

      „Ich tue alles für Dich, mein süßes Lieb; wenn es nicht anders geht, kaufe ich Warozin, und anstatt des von Dir so sehr gefürchteten Landaufenthaltes an der Seite Deines Mannes machen wir ein verstecktes Liebesnest daraus, in das wir uns ab und zu einmal flüchten, wenn uns die übrige Welt zu langweilig wird!“

      Maria Mielosinska schmiegte sich lächelnd an seine Brust.

      „Ich wusste, dass Du mir helfen würdest, Charles“, flüsterte sie, „ich würde sterben, wenn ich mit meinem Manne die Hälfte des Jahres au fond de la sampagne sitzen müsste, wie dieser schreckliche Schwager „Oberlandsgerichtsrat“ es haben will. Sie sprachen beide französisch, nur den deutschen Titel hatte sie in hartem gebrochenen Deutsch hervorgestoßen.

      „Der Schwager ist ein Unmensch, eine Frau wie Du gehört nicht auf das Land“, sagte Charles. „Wie kommt Dein Schwager auf diese Idee?“

      „O, er sagt, wir verbrauchen zu viel Geld in Paris, ein halbes Jahr sollen wir sparen.“ Sie

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