Hans der Pole. Gräfin Bethusy-Huc

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Hans der Pole - Gräfin Bethusy-Huc

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      IV.

      Drei Tage darauf stand in der „Ostdeutschen Nationalzeitung“ zu lesen:

      „Wieder ein Gutsverkauf an die Polen! Das Rittergut Warozin, 550 Morgen, 10 800 Mark Grundsteuer-Reinertrag, soll an die Herren von Mielosenski verkauft werden. Die Verhandlungen sind, wie wir hören, noch nicht zum Abschlusse gelangt. Es besteht somit noch eine Hoffnung, dass dieser Grundbesitz dem Deutschtum erhalten bleiben kann und dass der kecke Handstreich durchkreuzt wird, mit dem sich das Polentum in dem Kreise Ulzenburg, der bisher nur deutschen Grundbesitz umschloss, einzunisten versucht. Freilich bedarf es dazu einer schärferen Wachsamkeit und schneidigeren Haltung, als sie bisher dergleichen Vorkommnissen gegenüber von der Regierung eingenommen wurde. Es fragt sich da, ob die Worte, die der Reichskanzler unlängst über die Bekämpfung des Polentums als nationale Lebensfrage gesprochen hat, nur Worte bleiben oder Taten zeitigen sollen. Der Besitzer des Gutes, Baron Walsberg, ist Leutnant im 220. Regiment. Obgleich noch minderjährig, hat er jedenfalls die Entscheidung zu treffen. Der Vormund, der die Verhandlungen eingeleitet hat, ist Rittmeister d. R. Beide zählen somit zu den Kreisen der Gesellschaft, welche Se. Majestät der Kaiser als die „Edelsten der Nation“ bezeichnete. Noblesse oblige!“

      Diese Nachricht, sofort nach Berlin telefoniert, blitzte noch zur selben Stunde mit den Depeschen des Wolffschen Bureaus durch ganz Deutschland, an demselben Tage durch die „Reuter“- und „Stefani“- Agenturen und die „Associated Press“ über ganz Europa und um den Erdball herum. Während Hans seinen Kummer tief in sich verschloss und seinem Kameraden Benno Arden Schwiegen zur Ehrenpflicht gemacht hatte, wusste plötzlich die ganze Welt darum. Im Gegensatze zu der verschärften Staatsaktion, welche die Regierung jüngst noch im Landtage angekündigt hatte, wirkte die Nachricht sensationell. Im Auslande wurde sie mit schadenfrohen Worten kurz kommentiert, von deutschen Blättern in entrüsteten Artikel ausgesponnen. Berliner Blätter deuteten alsbald auch an, dass der Kaiser sich höchst ungnädig über diesen Fall ausgelassen habe.

      Der Regierungspräsident von Arden hatte gerade an seinen Sohn Benno geschrieben, er möchte zur Feier seines Geburtstages noch seinen Freund Leutnant von Walsberg mitbringen, da getanzt werde sollte und die Tänzer rar wären. Zur selben Stunde, als der Brief etwa in den Händen Bennos sein musste, wurde Herrn von Arden die „Deutsche Nationalzeitung“ mit der blauangestrichenen Notiz vorgelegt. Das korrekte stets ein gemäßigtes Wohlwollen ausdrückende Gesicht des Präsidenten wurde einen Schein blasser.

      „Das ist ja unerhört!“ fuhr er den Regierungsrat an, der ihm das Schriftstück vorgelegt hatte. „Telefonieren Sie sofort an den Landrat von Ulzenburg und fordern Sie schleunigen Bericht.“ Die telefonische Antwort brachte den Bescheid, dass der Landrat auf einer Urlaubsreise begriffen, um übrigen im Landratsamt wohl die missliche pekuniäre Lage von Warozin, ein Verkauf an Polen aber nicht bekannt sei.

      „Das ist ja eine Haupt – “ der Regierungspräsident unterbrach seinen Gefühlsausbruch und sah den Regierungsrat an.

      „Was ist da zu machen?“

      „Sehr fatal – es ist der dritte Polenverkauf in unserem Bezirk.“

      Der Rat blickte mit tiefem Ernst auf das ominöse Zeitungsblatt herab, der Präsident ging erregt im Zimmer umher. Dann sagte er:

      „Zunächst muss die Presse zum Schweigen gebracht werden.“

      „Ja, wünschen der Herr Präsident, dass ich –“

      „Nein, nein, ich fahre selbst zum Professor von Schulen.“

      Eine Viertelstunde später rollte das Coupé des Präsidenten der Vorstadt zu, wo Professor von Schulen eine Villa bewohnte. Dieser Professor wäre dem Präsidenteneigentlich unsympathisch gewesen, wenn er es nicht für eine Pflichtsache gehalten hätte, fast liiert mit ihm zu sein. Stand er doch an der Spitze des Nationalvereins zur Wahrung des Deutschtums, dieses Vereins, der die „Ostdeutsche Nationalzeitung“ ins Leben gesetzt und seit Berufung des Professors von Schulen auf der ganzen Linie eine unheimliche Rührigkeit entfaltet hatte.

      Das Coupé hielt vor einem gepflegten Vorgarten. Ein Bernhardiner erhob sich in königlicher Haltung von der Haustürschwelle, als die Glocke, die den Besuch anmeldete, erklang, und legte sich beim Anblicke des Coupés befriedigt wieder hin. Ein Diener in dunkler Livree geleitete den Präsidenten durch die mit afrikanischen Waffen und Tigerfellen dekorierte Eintrittshalle, die Treppe hinauf und bat, in einem kleinen Empfangszimmer zu warten, bis er den Herrn Professor benachrichtigt haben würde. Herr von Arden blickte mit einem gewissen Unbehagen um sich. Erstes war ihm das intensive, fremdartige Parfüm-, das den Raum erfüllte, unangenehm, dann lag ein gewisses, schwüles Etwas über der ganzen Einrichtung, das ihm auf die Nerven fiel. Diese mit orientalischen Seidenstoffen bezogenen Möbel, diese Frauenporträts in zum Teil recht derangierter Toilette, die vielen eleganten Überflüssigkeiten, die den Raum erfüllten, das alles war nicht der Rahmen für einen Mann der Arbeit und Pflichterfüllung, dachte der Präsident, aber zugleich wiederholte er sich, dass Professor von Schulen dennoch ein solcher Mann sei und dass man ihn jedenfalls gar nicht entbehren könnte. Da drang ein Ton an sein Ohr, der ihn zusammenzucken ließ wie unter einem Peitschenhiebe – eine Trau hatte laut und hell irgendwo gelacht. Die Stirn des Präsidenten rötete sich – nicht weil in einem eleganten Junggesellennest eine Frau ihre Gegenwart verriet – aber weil Professor von Schulen gestattete, dass sie es in dieser Weise vor den Ohren des ersten Vertreters der Regierung tat. Unwillkürlich richtete er sich höher auf – das Unpassende dieser Situation musste er gleich von vornherein markieren. Da wurde die Portiere zurückgeschlagen.

      „Mein hochverehrter Herr Präsident, welche unerwartete Freude und Ehre, Sie hier begrüßen zu dürfen. Ich war gerade im Begriff, mich zu Ihnen zu begeben, es hat offenbar eine merkwürdige Ideen-Assoziation zwischen Ihnen und meiner Wenigkeit stattgefunden – aber wollen Sie mir nicht die Ehre erweisen hier in mein Arbeitszimmer einzutreten, ich weiß, Sie lieben das bric-à-brac, das uns hier umgibt, nicht, das ist auch nur der Empfangsraum für alle Welt – ein Besucher wie Sie gehört ins Allerheiligste!“

      Es war doch schwer, in kühler Reserve zu bleiben dieser überströmenden Liebenswürdigkeit gegenüber und dem Blick dieser weichen, braunen Augen abweisend zu begegnen. Der Präsident hielt es daher für das Beste, sofort zu der question of matter überzugehen. Er zog das Blatt der „Ostdeutschen Nationalzeitung“ mit der blau angestrichenen Stelle aus der Tasche.

      „Ich komme in einer besonderen Angelegenheit“, begann er. Da fiel ihm auch schon der Professor ins Wort.

      „In dieser selben Angelegenheit wollt ich zu Ihnen, Herr Präsident, denn es ist mir ganz außerordentlich fatal, dass gerade unsre Zeitung einen so aggressiv gegen die Regierung gerichteten Passus gebracht hat! Ich war so überbürdet mit Arbeit, dass ich die Redaktion des „Provinziellen“ nicht durchsehen konnte; wer durfte dann auch ahnen, dass dieser Lapsus vorkommen würde.“

      Der Präsident hatte inzwischen wieder seine ruhige, korrekte Haltung angenommen.

      „Ich hab natürlich keinen Augenblick geglaubt, dass die betreffende Stelle von Ihnen herrühren könnte, Herr Professor“, sagte er, „die Frage ist nur die: wie machen wir diese Wendung wieder gut? Wenn ich mich persönlich auch ganz und gar eliminiere, so meine ich doch, wir schaden dem Ganzen, wenn wir das Vertrauen zur Regierung untergraben.“

      „Ich bin ganz Ihrer Ansicht, Herr Präsident, unsere Bestrebungen, das Deutschtum im unseren Ostmarken zu stärken, können natürlich nur Erfolg haben, wenn wir Hand in Hand mit der Regierung gehen, Zu meinem großen Bedauern sind ja manche Maßnahmen getroffen worden, die sich nicht ganz mit unseren Zielen decken.“

      „Das

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