Die Krieger des Horns - Blutmond. Josefine Gottwald
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Die Krieger des Horns - Blutmond - Josefine Gottwald страница 3
„Das Licht, Sophy!“, erinnert mich Hada. Sie war immer die Ruhigere von beiden, denke ich fast schon melancholisch. Ich habe sie fast aufgezogen, als ob sie meine Kinder wären. Und dann habe ich ihnen einmal zu oft vertraut ...
Aus der Dunkelheit nähern sich Schritte. Die schwarzen Kreaturen weichen zurück, als eine Gestalt an ihren Reihen vorüberwandert. Ihr Gang ist fest, aber von arroganter Gelassenheit. Um die Stiefel spielt ein Mantel, den man schon seit Jahrhunderten nicht mehr trägt.
Damit haben die Mädchen nicht gerechnet, hoffe ich – eine Karte, die ich zu meinen Gunsten spielen muss. Unauffällig gleiten meine Hände in die Taschen.
„Hier also verstecken sich die Hexen“, sagt der Vampir ruhig. „Guten Abend, meine Damen.“
Die Mädchen zeigen ihm die Zähne und fauchen, als ob sie wilde Katzen wären.
„Aber wer wird denn gleich unfreundlich werden?“, lacht der Vampir. „Es läuft doch alles perfekt.“
Unsicher blicke ich zurück zu den Hexen. Lucia erhebt das Wort, das sadistische Lächeln wieder auf ihren Lippen, nur eine Spur aufgeregter. Auch sie haben Angst.
„Unsere Abmachung gilt, Crain“, erklärt sie. „Ihr bekommt sie, wenn sie nicht mit uns spricht.“ Sie macht eine lange Pause, in der der Vampir ihren Gedanken fortführt: „Und tut sie es doch, dann bekommen wir euch alle.“ Die Mädchen beißen die Zähne aufeinander, aber sie widersprechen nicht.
„Was?“ Schockiert blicke ich in ihre Augen. „Was soll das? Und wem soll das helfen?“ Fieberhaft denke ich nach. Was kann sie zu so einem Pakt hinreißen? Verzweiflung? Aber waren sie nicht immer sicher bei mir? Oder ist es Gier? Eine Belohnung, die ihnen jemand anderes versprochen hat? Die Macht, die sie sich erhoffen, wenn sie Traketas Mörder zur Strecke bringen? Vielleicht denken sie, dass das Licht dann auf sie übergeht. Aber sie wissen längst nicht alles.
„Wir glauben nicht, dass du Traketa verraten wirst, Sophy“, erklärt Hada kühl. „Nicht einmal im Angesicht des Todes. Vielleicht ist es für dich ein Anreiz, wenn du uns auch sterben siehst. Vielleicht erhoffst du dir sogar eine Chance zu fliehen ...“
Die Wölfe schnappen ungeduldig in die Luft, in ihrer geduckten Haltung drängen sie sich noch dichter zusammen; einige winseln vor Anspannung und freudiger Erwartung. Ihr Anführer gebietet ihnen mit einer Bewegung Einhalt, aber allmählich spüre ich auch seine Ungeduld.
„Wir fragen dich nur noch einmal!“, droht Lucia und schlägt demonstrativ mit dem Stock gegen die Stäbe. Ein Wolf jault auf und dreht sich unruhig um sich selbst.
Auf meine Lippen stiehlt sich ein triumphierendes Lächeln. „Ihr wisst doch nichts!“, sage ich verächtlich. Ich spüre die Verwirrung der Mädchen, aber ich lasse ihnen keine Zeit zu reagieren. Ich ziehe die Hände aus meinen Taschen und werfe eine Hand voll Silberdornen auf das Rudel. Gleichzeitig zische ich ein kurzes, grausames Wort und banne sie aus einem Kreis, der um mich herum in blauen Flammen auflodert.
Die Wölfe winseln erschrocken und die, die ich treffe, jaulen auf, als die metallenen Spitzen sich durch ihr Fleisch fressen. Sie hören überhaupt nicht auf und obgleich sie rasend sind vor Wut, wagen sie sich nicht an das Feuer. Die ersten von ihnen brechen kraftlos zusammen, die anderen versuchen voll Panik zu fliehen.
Sogar der Vampir weicht ein Stück zurück. „Das ist genug!“, brüllt er herrisch und zeigt endlich sein wahres Wesen.
Ich will entgegnen, dass mich sein Befehl nicht beeindruckt, aber plötzlich schlingt sich etwas von hinten um meinen Hals, zieht sich zu und reißt meinen Körper gegen die Stäbe. Ich schreie, als das Eisen meinen Rücken berührt. Schwelend brennt es sich in meine Haut und meine Kleider. Ich rieche verkohltes Haar und halte den Kopf vor Angst ganz reglos, um der Schlinge an meinem Hals zu entgehen.
Hadas Hand ist ebenfalls verbrannt. Voll Hass starrt sie mich an, als ich vorsichtig zur Seite blicke, um zu erfahren, was geschehen ist.
Ihre Fäuste straffen ein Seil, das sie in einer geschickten Bewegung durch das Tor und um mich herumgeführt hat. Ein Teil ihrer Haut ist ebenso verkohlt wie meine und ich sehe, wie sie die Zähne vor Schmerz zusammenbeißt.
„Ich glaube, du hast deine Chance verspielt!“, knurrt Lucia und stößt mit dem nackten Fuß den Stein aus dem Torspalt. Als es zuschlägt, kreische ich, aber ich weiß im selben Moment, dass es die ganze Zeit nur eine falsche Hoffnung war.
Ich befehle meine Würde zurück, für Traketa.
„Was glaubst du, wie lange es gedauert hätte, bis sie gemerkt hätten, dass deine Flammen kalt sind?“, flüstert Hada dicht hinter mir. „Täuschung und Maskerade, ein paar einfache Taschenspielertricks – zu mehr bist du nicht fähig?“
Ich schnaube, noch immer beinahe regungslos. Beinahe.
„Die Hände vor den Körper!“, befiehlt der Vampir. „Oder ich lasse sie dir sofort abreißen!“
Ich tue, was er sagt.
„Das Licht, Sophy! Wer hat das Licht?“, versucht es Hada noch einmal.
Ich bekomme kaum noch Luft und krächze: „Ihr hättet mich niemals durchgelassen!“
„Weißt du, du hast uns alles beigebracht, was wir von dir erfahren können“, erklärt Hada. „Alles, was wir brauchen, um den Plan in die Tat umzusetzen – auf unsere Art. Wozu brauchen wir dich noch?“
„Also verbündet ihr euch mit den Blutsaugern? Unseren Erzfeinden, denen wir zu verdanken haben, dass wir so lange auf unsere Chance warten mussten, endlich an die Magie der Einhörner zu kommen? Und nun, da wir stark genug sind und gemeinsam kämpfen können, wollt ihr mich verraten und an sie ausliefern?“
Ihre Antwort ist nur ein Schnauben. Nur der Vampir tritt demonstrativ in die kalte Asche meines Bannkreises.
Lucia fragt höhnisch: „Wie möchtest du sterben, Sophy? Auf eine langsame Art?“
Der Vampir grinst. „Wenn die Wölfe satt sind, kannst du noch tagelang brennen, Hexe!“
Die Angst lähmt mich. „Aber noch viel lieber hättet ihr uns alle“, flüstere ich.
Ich schicke ein letztes Wort zu Traketa, das sie um Verzeihung bittet. Dann sage ich ihnen, was sie wissen wollen.
Die Mädchen nehmen sich nicht die Zeit, die Information zu kommentieren. Beinahe gleichzeitig lassen sie los und laufen um ihr Leben.
Der Vampir brüllt wütend; die Wölfe greifen an.
Ich reiße das Seil von meinem Hals und springe fort von den Stäben. Genau in das knurrende Rudel.
Meine Hände suchen nach dem Amulett der Krieger. Aber es ist fort. Sie haben es mit sich genommen, genau wie Traketas Essenz, das Letzte, was von ihrem sterblichen Körper übrigblieb. Ich bin verloren, wird mir bewusst, aber ich kann nicht mehr denken vor Wut und Angst.
Die Wölfe zerren an meinen Kleidern. Einer springt an mir hoch und wirft mich zu Boden. Ich sehe nur blitzende Zähne, wilde Augen. Der Schmerz trifft mich überall gleichzeitig. Ich flehe um Gnade. Um Hilfe.