Die Geschwister Bourbon-Conti - Ein fatales Familiengeheimnis. Bettina Reiter
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Читать онлайн книгу Die Geschwister Bourbon-Conti - Ein fatales Familiengeheimnis - Bettina Reiter страница 18
„Ist es nicht! Darf ich nicht an die Liebe glauben?“
„Worüber reden wir eigentlich?“, wand sich Louis aus ihrer Schlinge. „Du wirst heiraten und damit basta. Ob es der Herzog ist … oder ein anderer.“
„Sogar Ludwigs Töchter sträuben sich gegen eine Ehe und immer mehr Frauen lehnen sich auf. Wir sollen für unsere Rechte kämpfen, heißt es, statt uns ständig von euch Männern gängeln zu lassen.“
Louis hob seinen Hut vom Kopf und strich sich über das Haar. Auf seiner Stirn standen Schweißperlen. Die ungewohnte Hitze schien ihm zuzusetzen. Oder waren es ihre Worte? „Ludwigs Affinität zu seinen Kindern ist fürchterlich“, schimpfte er. „Sie schadet Frankreich mehr als uns lieb sein kann.“ Bedächtig setzte er den Hut wieder auf. „Unser Cousin ist auf jeden potentiellen Bräutigam eifersüchtig und denkt nicht im Traum daran, einem von ihnen die Hand seiner Töchter zu geben. Als wären diese jungen Gänse ein Staatsschatz, den man bis auf das Blut verteidigen muss. Und was diese Frauen mit ihren komischen Ansichten betrifft, die kannst du getrost vergessen. Die Damen werden schneller in der Versenkung verschwinden, als dass sie bis drei zählen können, sofern sie dazu fähig sind. Allen voran deine Freundin Jeanne–Antoinette.“ Louis legte seinen Arm um ihre Schultern und zog sie mit sich. Die Geste fühlte sich grob an. „Wir sollten zurückgehen. Ich muss abreisen.“
Unwillig machte sich Henriette von ihm los und stapfte Richtung Schloss. „Ich mag es nicht, dass du Jeanne ständig beleidigst. Du kennst sie ja nicht einmal.“
„Amen.“ Louis rülpste, während sie an den Busketten vorbeigingen. „Diese gewöhnliche Bürgerin ist nicht der richtige Umgang für dich und mir fehlt jeglicher Respekt vor ihr in Anbetracht dessen, dass sie von einem halben Heer bestiegen wurde.“
„Louis!“
„So denke ich nun mal.“
Resigniert verlangsamte sie ihre Schritte. „Das sind nur Gerüchte.“
„Ein Körnchen Wahrheit ist immer dabei.“
„Ach so? Und was ist mit den Gerüchten über dich und andere Frauen?“
„Ein Mann muss tun, was ein Mann tun muss.“
„Du klingst, als würde Ehebruch zum guten Ton gehören. Aber wehe, sobald sich eine Frau wie Jeanne dieselben Freiheiten herausnimmt. Ich möchte mir deine Reaktion gar nicht ausmalen, wenn Diana mit anderen Männern ins Bett steigen würde.“
Sein Gesicht wurde rot vor Zorn. „Ein absurder Gedanke.“
„Siehst du, nur der Gedanke daran genügt, um dich wütend zu machen. Ist nur zu hoffen, dass Diana nichts davon erfährt, denn ich sorge mich um sie. Die Schwangerschaft macht ihr zu schaffen. Sie braucht dich mehr denn je.“
„Darüber kannst du dich gerne mit Luc austauschen“, wurde er frostig, „wenn er Ende des Monats aus Ungarn zurückkommt.“
Henriette griff sich an den Hals und blieb stehen. „Luc kommt nach Hause?“.
Auch Louis war stehengeblieben. „Leider. Zumindest hat er das in seinem Brief angekündigt, den er Mutter geschrieben hat.“
„Scheinbar bin ich im Augenblick die Letzte, die irgendetwas erfährt“, stieß sie bitter aus und starrte mit klopfendem Herzen zu den Zedern hinüber.
„Willkommen in meiner früheren Welt. Aber vielleicht denkt Mutter inzwischen gleich wie ich. Luc ist nicht so wichtig, wie er sich selbst nimmt.“
„So ist Luc nie gewesen.“ Woher kam die plötzliche Heiserkeit?
„Ehrlich gesagt habe ich keine Lust, weiter über den verlorenen Sohn zu sprechen.“ Wie viel Abscheu aus seinen Worten sprach.
„Kommt … kommt er allein zurück? Oder ist sie bei ihm?“ Louis schaute sie an, als wüsste er nichts mit ihrer Aussage anzufangen. Im selben Moment formte sich ein Gedanke in Henriette. „Großmutter hat gelogen, nicht wahr? Es gab nie eine Frau, derentwegen Luc bei Nacht und Nebel fort ist. Was ist der wahre Grund gewesen?“
„Lass uns ein anderes Mal weiterreden. Ich muss aufbrechen. Adieu, Henriette. “ Er eilte an ihr vorbei zu den Stallungen. Wütend blickte sie ihm nach. Im Wissen, dass ihre Familie ein Geheimnis hütete. Doch sie würde dahinterkommen. Früher oder später.
Die Nacht brachte Regen mit sich, der monoton gegen die Fensterscheiben prasselte. Manchmal erhellte sich die Dunkelheit, weil sich in der Ferne ein Gewitter entlud. Dann und wann war ein leises Beben zu hören. Dafür schrie ein Kauz umso lauter. Sein Ruf klang nahe, als würde er in einem der Bäume vor dem Schlafzimmerfenster sitzen, deren Äste gegen die Scheiben klopften.
Doch nicht nur deswegen konnte Henriette nicht schlafen. Luc ging ihr einfach nicht aus dem Kopf. Seit dem Gespräch mit Louis hatte sie pausenlos an ihn gedacht und sich ihr Wiedersehen ausgemalt. Ob er sich sehr verändert hatte? Und wie würde er sich ihr gegenüber verhalten? Wie ein Fremder? Oder würden sie wieder zueinanderfinden?
Sie zog das Laken höher und ließ ihren Blick durch das Zimmer schweifen. Es war klein, nur mit dem Notdürftigsten ausgestattet. Bewusst hatte sie diesen Raum gewählt, der eher einer Abstellkammer glich. Es gab weder ein Nachtkästchen noch große Schränke, um ihr Gepäck zu verstauen. Darum lebte sie aus Truhen. Es wirkte, als wäre sie auf der Durchreise. Trotzdem fand sie es gemütlich, weil sie kleine Räume lieber mochte als große. Allerdings war es seit heute Morgen etwas beengter, da die Mutter eine hüfthohe Kommode hereinstellen lassen hatte. Sie stand an der gegenüberliegenden Wandseite und sollte für etwas mehr Ordnung in dem Chaos sorgen, weil sogar die Waschschüssel bisher auf dem Boden gestanden hatte. Nun reihten sich wahllos Kämme, Seifen, die Schüssel und anderes Behelf auf der Kommode. Mitsamt dem Parfüm, das sie aus der Schatztruhe genommen hatte. Ewig konnte sie den buntschillernden Flakon nicht aufbewahren und benutzte ihn daher seit einigen Tagen. Der Duft war leicht und frisch, mit einer süßen Note. Wie eine blühende Sommerwiese, in der Wildrosen wuchsen.
Henriette gähnte und drehte sich mit dem Rücken zur Wand. Sie schlief niemals umgekehrt, da ihr die Vorstellung, jemand könnte hinter ihr stehen, den Schlaf raubte. So viel dazu, dass sie erwachsen war! Louis hatte sich immer prächtig darüber amüsiert, aber sie konnte eben nicht aus ihrer Haut. Luc hingegen war da anders gewesen …
Nein, sie wollte nicht schon wieder an ihn denken und lauschte auf die Geräusche im Haus. Kleine Schritte tapsten an ihrem Zimmer vorbei, gefolgt von festeren. Dianas gedämpfte Stimme drang mahnend durch die Tür. Antoine war ein fröhlicher und aufgeweckter Junge, über dessen Schuhe man ständig stolperte, weil er sie überall liegen ließ. In letzter Zeit stand er oft mitten in der Nacht auf und lief durch das Haus. Es kostete Diana viel Geduld, ihn wieder ins Bett zu bringen. Auch jetzt hörte man ihr Schimpfen und sein Weinen, bis es irgendwann ruhig wurde.
Grübelnd starrte sie zur milchig–weißen Kerze auf dem Fenstersims und nagte an ihrer Unterlippe. Dabei dachte sie an den Herzog. Daran, wie ihre Zukunft aussehen würde. Natürlich fühlte sie sich der Familie gegenüber verpflichtet. Immerhin hatte sie bisher ein sorgloses Leben geführt. Doch das war nicht Lottis Verdienst, sondern der ihres Vaters, der mit Aktien ein Vermögen gemacht hatte. Wieso sollte sie deshalb auslöffeln, was ihnen die Großmutter eingebrockt hatte und das auch noch zu einem Preis, der nicht höher sein konnte?
Neuerlich näherten sich Schritte. Henriette drehte sich auf den Rücken und schaute zur Tür. Leise