Verblassende Spuren. Ursula Reinhold

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Verblassende Spuren - Ursula Reinhold

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Menschen die Ausstellung im Lustgarten gesehen habe. Eine Meldung über den Brandanschlag, der auf die Ausstellung verübt worden war, brachten die Zeitungen nicht. Eine solche Nachricht hätte vermuten lassen, dass die Begeisterung, die die Nazi-Führung suggerierte, nicht so allgemein war, wie sie behauptete. Aber in den Gestapo-Berichten, die für das Reichssicherheitshauptamt über wichtige staatspolizeiliche Ereignisse regelmäßig verfasst wurden, den sogenannten Tagesberichten, wird in der Nummer 9 vom 20. Mai 1942 gemeldet: „In der Nacht zum 18. Mai 1942 sind in verschiedenen Stadtteilen Groß-Berlins kommunistische Hetzschriften in der Größe von 15 mal 4 cm mit folgender Aufschrift verbreitet worden: Ausstellung - das Naziparadies. Krieg - Hunger - Lüge - Gestapo - wie lange noch?“ An eben diesem Tag gab es auch den Brandanschlag auf die Ausstellung. Und bereits für den 27. Mai 1942 wurde der Sicherheitsbehörde gemeldet, dass es der Gestapo gelungen sei, einen Spitzel in eine illegale kommunistische Gruppe einzuschleusen und 22 Personen zu verhaften. Zu der Widerstandsgruppe gehörten junge Menschen, ihrer Herkunft nach zumeist Juden bzw. Halbjuden, ihrer Überzeugung nach Kommunisten, sie gingen später als zur Gruppe Herbert Baum gehörig in die Geschichte ein. Zu ihnen zählten auch mehrere junge Männer und Frauen, die aus Neukölln stammten. Irene Walter z.B. war vom gleichen Jahrgang 1919 wie meine Tante, und es könnte so gewesen sein, dass sie vielleicht auf einer Schulbank gesessen haben und sich kannten. Natürlich möchte ich es vermeiden, meiner Tante im Nachhinein ein oppositionelles politisches Bewusstsein anzudichten, weil sie das wahrscheinlich nach allem, was über sie in der Familie bekannt war, nicht hatte. Aber es ist doch immerhin nicht auszuschließen, dass sie eines der Flugblätter gefunden hat oder ein Bekannter oder eine Bekannte aus Neukölln es ihr zugesteckt haben. Und sie hat vielleicht das Blatt gelesen und es nicht sofort abgeliefert, wie es befohlen war. Es könnte doch sein, dass der Hausobmann in der Altenbraker Straße sie hat kommen sehen, wie sie in den Hausflur trat und das Blatt vor die Augen hielt, und er hat gleich geschaltet, dass es sich um etwas Verbotenes handeln musste, denn hätte sie es sonst so schnell vor seinen Blicken in der Tasche verschwinden lassen? Und die junge Frau erschien ihm ohnehin immer etwas zu hochnäsig, knapp, dass sie zurückgrüßte, und es konnte nicht schaden, ihr einen Dämpfer zu verpassen, fand er. Und er tat, was ihm aufgetragen und machte eine Meldung. Natürlich lässt sich das alles heute nicht mehr in seinen Abläufen rekonstruieren, aber es kann viele Gründe gegeben haben, weshalb sie im Juni 1942 erneut und vermutlich, ohne nochmalige Vorwarnung ins Räderwerk des Systems geriet und für immer verschwand. Natürlich ist es auch möglich, dass sie in ihrer Arbeitsstelle wiederum aufgefallen war und deshalb gleich von dort abgeholt wurde. Am Sonnabend, dem 20. Juni 1942, wurde ja gewiss noch zumindest einen halben Tag lang gearbeitet, so dass es denkbar erscheint, dass man sie aus dem Betrieb holte, in dem sie beschäftigt war. Oder ob man sie von zu Hause aus der Wohnung abgeholt hat und die Eltern Zeuge waren bei ihrer Festnahme? Aber vielleicht war die Mutter auf dem Grundstück in Klosterfelde an diesem Frühsommertag, und der Vater rüstete sich wahrscheinlich nach seiner Arbeitswoche, um auch dorthin zu fahren. Auch das ist immerhin möglich, und es kann sein, dass sie von der Festnahme ihrer jüngsten Tochter erst nach Tagen erfahren haben und bis dahin gar nicht wussten, wo sie denn abgeblieben war.

      Aber wahrscheinlich war es ganz anders, und auch sie hat einige Tage im Polizeigefängnis am Alexanderplatz zubringen müssen. Denn das Polizeigefängnis war Sammelpunkt und Durchgangsstation für Gefangene, die in Lager oder Zuchthäuser weitergeleitet werden sollten. Hier wurden Menschen aller möglichen Nationalitäten und aller möglichen Haftgründe festgehalten. Viele Frauen, die ebenfalls in Ravensbrück landeten, berichten darüber. Margarete Buber-Neumann z.B., die Frau des vom sowjetischen Geheimdienst erschossenen KPD-Funktionärs Heinz Neumann, die selbst aus sowjetischen Lagern 1940 im Zuge des deutsch-sowjetischen Nichtangriffspaktes an die Gestapo ausgeliefert wurde, schreibt über eine fünfmonatige Haft in der Frauenabteilung des Gefängnisses am Alexanderplatz. Auch die Österreicherin Antonia Bruha musste auf ihrem Weg aus Wiener Gefängnissen ins Konzentrationslager Ravensbrück im Polizeigefängnis am Alexanderplatz Station machen, und für die Sorbin Maria Grollmuß ist ebenfalls belegt, dass ihr Weg nach Ravensbrück über das Polizeigefängnis führte. Für andere Gefangene war die polizeiliche Haftanstalt nur eine Station zur Hinrichtung, die in Plötzensee vollzogen wurde, wieder andere landeten in Arbeitslagern. In Berichten finden sich übereinstimmende Angaben dazu, dass die für Sammeltransporte in Konzentrationslager vorgesehenen Gefangenen in großen Zellen untergebracht waren, in denen bis zu 200 Frauen zusammengepfercht waren. Die Verhältnisse werden als katastrophal geschildert, die Menschen mussten auf dem bloßen Fußboden liegen, die Räume waren kalt und die Wände klatschnass. Diejenigen, die länger dort waren, berichten über die Versuche der Gefangenen, aus den Fenstern heraus mit der Belegung in der Nachbarzelle zu kommunizieren. Die Fenster der Zellen gingen auf den Gefängnishof hinaus, der auf einer Seite vom Polizeipräsidium begrenzt war. Berichtet wird auch von Selbsttötungen, Gefangene sprangen über das Geländer vom 5. Stock des Treppenflurs in die Tiefe und landeten zerschmettert auf dem steinernen Fliesenfußboden. Übereinstimmend wird von Transporten berichtet, die regelmäßig, jeden Sonnabend nach Ravensbrück abgingen. Die Betroffenen wurden am Freitagabend informiert, dass sie sich am nächsten Tag zum Abmarsch bereitzuhalten hatten.

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