Der Perlmuttbaum. Bärbel Junker

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Der Perlmuttbaum - Bärbel Junker

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Gefahr.

      „Wir könnten eine Schneise hindurchbrennen“, schlug einer der Männer vor. Er hatte es kaum ausgesprochen, da fegte ihn ein dicker Ast aus dem Sattel.

      Und dann griff der Wald an!

      Zweige und Äste schlugen so lange auf Kretox und seine Männer ein, bis diese die Flucht ergriffen und in respektvollem Abstand ihre Pferde zügelten.

      „Der Wald ist verzaubert“, sagte Kretox. „Hier kommen wir nicht weiter. Wir müssen ihn umgehen und versuchen, ihre Spur wiederzufinden. Wir übernachten hier und reiten morgen früh weiter.“

      „Kannst du nicht irgendwas machen?“, fragte der Schwarze. „Ich meine, mit deiner Magie.“

      „Die hebe ich mir für Wichtigeres auf. Ich habe nicht vor, mich für so ein paar Bäume zu verausgaben“, erwiderte Kretox arrogant.

      Von wegen Magie, dachte Iont gehässig. Du blöder Sack hast von Magie doch keine Ahnung. Warte nur, bis ich dich nicht mehr brauche, dann fresse ich dich mit deiner blöden, nicht vorhandenen Magie, du Spinner.

       STURM IM GEBIRGE

      Beim ersten Licht des neuen Tages erhob sich Samiras leise von ihrem Lager. Sie war froh, dass die anderen noch schliefen, denn sie wollte sich allein von dem alten Ginkgobaum verabschieden. Als sie dann unter seinen starken, dicht belaubten Zweigen stand, fühlte sie sich so sicher und beschützt, dass es ihr die Tränen in die Augen trieb.

      Sie lehnte sich gegen den mächtigen Stamm und streichelte sanft die rissige Borke, Zeichen seines hohen Alters und der Unwetter, die seit Jahrhunderten ihre Spuren hinterlassen hatten. „Pass gut auf dich auf, mein Freund“, sagte Samiras weich. „Ich werde dich niemals vergessen.“

      Und der alte Baum erkannte sie und spürte ihre Zuneigung. Er wusste, dass sie es gewesen war, die ihn wiedererweckte. Er war ihr so dankbar und teilte es ihr auf seine Weise mit. Seine Zweige senkten sich zu ihr hernieder, umfingen sie zärtlich, wanden ein Meer aus Blättern um sie herum, einen grünen Umhang aus Rauschen und Wispern, die sanften Klänge einer zauberhaften Baummelodie. Nach einer Weile richteten sich die Zweige wieder auf und bewegten sich sacht im Takt einer leichten Brise.

      „Nimm ein Blatt von mir mit und jeder Wald wird sich vor dir öffnen“, wisperte es hinter ihrer Stirn. „Es ist mein Geschenk an dich „Frau zwischen den Zeiten“. „Hüte es gut. Es wird dir noch nützen.“

      Ganz vorsichtig löste sie eines der fächerförmigen Blätter von dem Zweig, der sich ihr wie in einer Verbeugung zuwandte und steckte es ein. „Ich danke dir“, flüsterte sie, „Doch wieso nennst du mich „Frau zwischen den Zeiten“?

      „Weil es der Name ist, der alles Wissen um dich enthält. Bald wirst du verstehen. Doch jetzt geh und vergiss mich und meine Brüder nicht.“

      Ein letztes Mal streichelte sie voller Zuneigung den einstmals versteinerten Ginkgo-Baum, dann drehte sie sich um und ging zurück zu ihren Gefährten, die bereits auf sie warteten. Nachdem sie gefrühstückt hatten, ritten sie dem Fluss folgend in nördlicher Richtung weiter.

      Es war ein freundlicher Tag. Die Sonne sandte leuchtende Strahlen durch das Dach aus Laub, Ästen und Zweigen und malte filigrane Schatten auf Blätter und Büsche. Der Fluss murmelte leise vor sich hin. Wellen schwappten träge an das mit Blumen bewachsene Ufer. Sie ritten stumm und hingen ihren Gedanken nach.

      Karon dachte mit einem unguten Gefühl an die Stadt Zophtarr, eine Handelsstadt, in der Korruption und Übergriffe auf die Bevölkerung an der Tagesordnung waren, seitdem der fette Bürgermeister Eric van Danken die Macht übernommen hatte. Der gesamte Stadtrat tanzte nach seiner Pfeife und bereicherte sich ebenso schamlos, wie ihr Chef es ihnen vorlebte. Sie würden sehr vorsichtig sein müssen, wollten sie heil aus diesem Sündenpfuhl wieder herauskommen.

      Hetzel wäre lieber wieder durch die Todeswüste gestapft, als in eine Stadt voller Menschen zu reiten. Er wusste sich einig mit dem Elfenkönig, der sich bei dem Gedanken, was da in Zophtarr auf sie zukam, förmlich schüttelte. Ihm hatten Kretox und seine Kumpane gereicht.

      Selbst aus dem großen Krieg hatte die Menschheit anscheinend nichts gelernt. Nicht umsonst hatte das Böse in ihrer gerade gesundenden Welt erneut Fuß fassen können. Es war wie von jeher: Das Elfenvolk könnte auf die Menschen wahrlich verzichten! Von ihnen kam nichts Gutes, das bewahrheitete sich immer wieder aufs Neue. Sie würden es nie lernen! Bis auf einige wenige wie Karon.

      „Wir müssen den Wald bald verlassen“, sagte Karon in ihre Gedanken und Befürchtungen hinein. „Wir geraten sonst zu weit östlich.“

      Nachmittags war es dann soweit. Langsam ritten sie auf die dichte Wand aus Bäumen und Büschen zu. Als sie dicht davor waren, strich ein Seufzen durch die Wipfel und pflanzte sich in Windeseile von Baum zu Baum fort. Äste und Zweige schwangen beiseite und eine Schneise tat sich vor ihnen auf, an deren Ende helles Tageslicht schimmerte. Der Wald öffnete sich wie vorhergesagt vor ihnen und ließ sie hindurch. Mit einem Gefühl des Bedauerns verließen sie ihn und setzten ihren Weg fort.

      Bei Einbruch der Dämmerung machten sie Halt und suchten nach einem geschützten Platz für ihr Nachtlager. Sie fanden ihn unter einem Felsvorsprung, der sich wie ein natürliches Dach aus den Felsen des Lawar-Gebirgsmassivs schob, welches zwischen ihnen und der Stadt Zophtarr lag.

      Karon würde sie sicher hindurchführen. Er kannte einen gut begehbaren Weg für Mensch und Tier, für den sie bei gutem Wetter nur einen Tagesmarsch brauchen würden.

      „Drücken wir die Daumen, dass es trocken bleibt“, sagte er. Dann rollte er sich in seine Decke und war wenig später eingeschlafen.

      Nach einer ruhigen und ungestörten Nacht, die ihnen neue Kraft schenkte, begrüßten sie frohen Mutes den neuen Tag.

      „Was meint ihr. Ob uns Kretox und seine Leute wohl immer noch suchen?“, fragte Samiras, als sie die Pferde sattelten.

      „Schon möglich“, meinte Hetzel. „Aber in den Wald kommen sie nicht hinein. Sie werden um ihn herumreiten müssen, und das kostet Zeit. Ich glaube nicht, dass wir ihnen noch mal begegnen werden.“

      „Da wäre ich mir nicht so sicher“, sagte Ephlor leise. „Die menschliche Gier ist eine unerhörte, nicht zu unterschätzende Triebfeder. So leicht geben die bestimmt nicht auf.“

      Sie schoben die bösen Erinnerungen an ihre Gefangenschaft in der Mine beiseite und konzentrierten sich lieber auf das, was vor ihnen lag. Was würde ihnen die Zukunft bringen? Würden sie den Gnomen Urselik in Zophtarr finden? Sie mussten, denn sie hatten keine Wahl.

      Er war im Besitz der Augen von Czolisade, der Schlangenstatue in Preleida, die sie für das Gelingen ihrer Mission brauchten, obwohl sie nicht verstanden, was daran wichtig sein sollte, dass die Statue ihre Augen zurückbekam.

      Trotzdem mussten sie dafür sorgen, wenn sie nicht scheitern wollten. Niemand hatte ihnen das gesagt und trotzdem war es allen klar. Doch zuerst einmal mussten sie das Gebirge hinter sich bringen. Alles Weitere würde sich dann finden. Also saßen sie auf und ritten los.

      Und der schiefergraue Sperber flog hoch über ihnen und wachte über sie. Lestopoktus würde sie keine Sekunde aus den Augen lassen. Noch einmal würden sie nicht in eine Falle tappen. Der Vorfall in der Mine und die Angst um seine

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