Der Perlmuttbaum. Bärbel Junker

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Der Perlmuttbaum - Bärbel Junker

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zu Boden, und die Armbrust flog im hohen Bogen davon. Karon rollte sich geschmeidig ab, sprang auf die Beine und stellte seinen Fuß auf Kurts Kehlkopf, der ihn aus hervorquellenden Augen entsetzt anstarrte.

      „Antworte, Kerl, oder du hast einen Kehlkopf gehabt. Also: Woher hast du die Ringe?“

      „Au...aus Ka...Kaffra“, stammelte Kurt kreidebleich vor Angst. Er konnte zwar austeilen, aber nicht einstecken, konnte es nicht ertragen, der Unterlegene zu sein. Dieser Mann da über ihm machte ihm Angst, flößte ihm Furcht ein wie noch niemals jemand zuvor. Und er meinte es ernst mit seiner Drohung, dass verriet der eisige Blick seiner gletscherblauen Augen.

      „Vo...von Toten“, flüsterte er.

      „Hast du sie ihnen gestohlen?“

      Kurt nickte. „Sie – sie brauchten sie doch nicht mehr.“

      Karon biss die Zähne so hart zusammen, dass sie knirschten. „Was ist in Kaffra passiert?“ Und als Kurt nicht gleich antwortete trat er ihm so hart in die Rippen, dass es knirschte.

      „Also?“

      „Karon, wir müssen hier verschwinden“, mahnte Hetzel.

      Doch dieser wischte die Aufforderung mit einer knappen Handbewegung fort.

      „Du hast mir die Rippen gebrochen“, stöhnte Kurt.

      „Ich breche dir gleich noch was ganz anderes, wenn du nicht augenblicklich sprichst. Also?“

      „Kretox hatte dort noch alte Rechnungen offen. Die Skorps und wir halfen ihm, sie zu begleichen.“

      „Was ist aus den Menschen dort geworden?“

      Kurt senkte furchtsam den Blick. „Sie sind alle tot“, flüsterte er. „Die – die Skorps haben ...“, er verstummte unter Karons mörderischem Blick.

      „Tu es nicht, Karon. Er ist es nicht wert“, sagte Samiras und nahm seine Hand.

      Er sah sie aus schmerzumflorten Augen an. „Meine Eltern, meine Schwester, mein Bruder“, flüsterte er.

      „Ich weiß“, hauchte sie. „Komm.“

      Er zog den Fuß von Kurts Gurgel zurück und bückte sich. Mit einem Ruck riss er ihm das Lederband vom Hals. Den größeren Ring schob er auf seinen Finger, den kleineren steckte er ein. Das Lederband warf er fort. Dann ließ er sich wie ein Kind von Samiras wegführen.

      „Du Mistkerl“, kreischte Kurt hinter ihm und zog blitzschnell ein Messer aus dem Stiefelschaft. Seine Hand mit dem zum Wurf bereiten Messer fuhr hoch. Alles ging so schnell, dass Hetzel und Ephlor viel zu spät reagierten. Sie hätten den hinterhältigen Anschlag nicht verhindern können.

      Da tauchte Danina im Eingang auf und erkannte die Karon drohende Gefahr. Mit explosionsartiger Wucht stieß sie sich aus dem Stand heraus mit den muskulösen Hinterbeinen ab. Ihre langen Reißzähne funkelten und ihre goldenen Augen glühten in dem keilförmigen, schwarzen Kopf, als sie wie ein Pfeil durch die Luft auf den hinterhältigen Attentäter zuflog. Ihre starken Kiefer schlossen sich um den Messerarm. Es knackte fürchterlich. Der heimtückische Mörder brach schreiend zusammen und umklammerte wimmernd seinen leeren Ärmel.

      „Ich hasse das“, murrte Danina. „Auch so ein menschlicher Aberglaube, dass Raubkatzen Menschenfleisch mögen. Damit kann man sich ja glatt vergiften“, knurrte sie und wischte ihren Bart an seiner Hose ab, bevor sie die Höhle verließ.

      „Lasst uns bloß endlich von hier abhauen“, drängte Hetzel und rannte der Pantherin hinterher, die ein höllisches Tempo vorlegte.

      „Wo will sie hin?“, keuchte Ephlor völlig außer Atem.

      „Sie weiß, wo unsere Waffen sind“, erwiderte Samiras.

      Danina flitzte wie ein schwarzer Blitz durch Gänge und Höhlen und Samiras und ihre Freunde jagten ihr keuchend hinterher. Endlich sahen sie vor sich Licht. Der Ausgang! Lange hätten sie Daninas Tempo nicht mehr durchhalten können.

      In einer Nische fanden sie ihre Waffen und anderen Sachen – und davor lagen zwei tote Wachposten.

      „Musste das sein?“, fragte Samiras.

      „Natürlich, sonst hätte ich es ja wohl nicht getan“, brummte Danina beleidigt und ließ sie stehen.

      Sie hatten Glück. Neben dem Eingang zur Mine warteten noch immer ihre gesattelten Pferde und neben ihnen Lestopoktus in Gestalt eines stolzen Adlers gemeinsam mit Mawi. Sie saßen auf und ritten davon. In sicherer Entfernung zügelte Samiras ihr Pferd.

      „Irgendwie kann ich es noch immer nicht fassen, was dieses zarte Persönchen so alles anstellt“, grummelte Hetzel.

      Samiras richtete die geballte Kraft ihrer Gedanken auf den Felsen über dem Eingang und konzentrierte sich so vollkommen auf den Wunsch ihn zu zerstören, dass alles um sie herum versank. Und wie damals bei Mawis Rettung zersprang der Felsen in einer ohrenbetäubenden Explosion. Der Zugang zur Mine war versperrt, begraben unter tonnenschwerem Felsgestein.

      „Die sind wir los“, sagte Danina. „Ihre Pferde habe ich nämlich in alle vier Himmelsrichtungen davongejagt.“

       DER VERSTEINERTE BAUM

      Sie ritten ohne Pause für sich und die Tiere, um möglichst viele Meilen zwischen sich und ihre Verfolger zu bringen. Denn verfolgen würde Kretox sie, da waren sich alle einig. Ihm und seinen Männern spukte der Elfenschatz wie ein Geist im Kopf herum, der Geist namens Gier nach Reichtum und nach Macht, ein Gefühl, dem mit Vernunft kaum beizukommen war und schon gar nicht bei Männern wie Kretox und seiner Bande von Strauchdieben und Mördern.

      Sie waren davon überzeugt durch Samiras oder Ephlor ihr Verlangen befriedigen zu können und würden deshalb die Suche nach ihnen freiwillig niemals aufgeben.

      Nur gut, dachte Samiras, dass sie nicht wussten, dass Ephlor der König der Elfen ist.

      Sie ritten weiter. Erst gegen Abend machten sie zwischen den verdorrten Resten eines ehemaligen Waldes Halt, der wie so viele seiner Brüder dem Bösen zum Opfer gefallen war. Sie versorgten zuerst ihre Pferde, die von dem langen Ritt durstig und mit Staub bedeckt waren.

      Als die Tiere versorgt waren, füllte Samiras die Wasserflaschen auf und verteilte Brot, Käse und Früchte, während Hetzel seinen berühmten Kaffee kochte, so stark, dass er gerade eben noch genießbar war. Aber er weckte die Lebensgeister, und wie!

      Mit einem Becher Kaffee in der Hand setzte sich Samiras ein Stück von ihren Freunden entfernt auf einen umgestürzten Baum. Traurig musterte sie die Trostlosigkeit um sich herum. Und dabei fielen ihr wieder Xzatras Abschiedsworte ein:

      „Sobald du das gelbe Korn zu Füßen des versteinerten Baumes in den Boden legst, wird dich die Vorsehung zum „Fluss der Wiederkehr“ geleiten. Eine Muschel wird sich dort vor dir öffnen und das blaue Korn verlangen. Lege es hinein. Der Fluss wird es seiner Bestimmung sicher und schnell zuführen. Ist das getan, reitest du zur Ruinenstadt Preleida und vergräbst dort das rote Korn. Alles Weitere wird sich dann finden.“

      „Und

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