Der Perlmuttbaum. Bärbel Junker

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Der Perlmuttbaum - Bärbel Junker

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      Da hatte Samiras lächelnd eine kleine Maus aus ihrer Umhangtasche hervorgeholt, deren blanke Knopfaugen sie ängstlich musterten. „Und das ist mein Bruder“, hatte sie gesagt und die Maus vorsichtig in den Sand gesetzt. Und dann hatte sich das niedliche Mäuschen vor ihren Augen in Lestopoktus verwandelt, vor dessen grauenhafter Hässlichkeit sie entsetzt zurückgewichen waren. Es musste schrecklich für ihn gewesen sein.

      Samiras, die Not ihres missgestalteten Bruders spürend, hatte ihn schützend in die Arme genommen; und diese arme, geschundene Kreatur hatte sich an seine schöne Schwester gelehnt und bitterlich geweint.

      Das hatte das Eis gebrochen und ihr Entsetzen vertrieben. Alleine Mitleid mit diesem, von Teufat so grausam misshandelten Geschöpf war übrig geblieben. Und dann dieser Moment, als sich die schweren Lider des Formwandlers hoben, dachte Karon. Strahlende smaragdgrüne Augen, Samiras Augen, aus denen bittere Tränen rannen, sahen sie um Sympathie werbend an.

      Dem hatten sie nicht widerstehen können. Sie hatten Lestopoktus herzlich in ihre Gemeinschaft aufgenommen und ihm verziehen, dass er ihnen unter Teufats Einfluss schaden wollte. Er war des Magiers Werkzeug und nicht frei in seinen Entscheidungen gewesen.

      Für Lestopoktus aber begann ein neues Leben. So wie er von jeher die Schlangen geliebt hatte, so liebte er nun seine Schwester, deren Gefährten er schon bald ebenfalls seine Zuneigung und sein Vertrauen schenkte. Aber besonders stark fühlte er sich zu Danina und dem Mauswiesel Mawi hingezogen. Und seitdem er erfahren hatte, dass der monströse Körper in dem er gefangen war nicht wirklich ihm gehörte, sondern ein Machwerk Teufats war, zog er weder Mäuse noch andere Tiere jemals wieder als Nahrung in Betracht.

      Nachdem Karon Lestopoktus begrüßt hatte und Samiras ihm erzählte, dass sie in der Frühe Okzaht verlassen würden, stahl sich endlich ein winziges Lächeln in sein verhärmtes Gesicht.

      Zum Abendessen gingen Samiras und Karon mit Hetzel und Ephlor hinunter in die Gaststube. Sie war gut besucht, aber sie fanden noch einen freien Tisch in der Nähe der Tür. Zwei Tische weiter hatten sich fünf zwielichtige Gestalten breit gemacht, die bei ihrem Eintreffen die Köpfe zusammensteckten und tuschelten. Zwei der Männer erkannte Samiras sofort wieder. Es waren die beiden Kerle, die sie nachmittags belästigt hatten. Sie machte Karon darauf aufmerksam.

      „Die sehen nach Ärger aus“, meinte Hetzel. Er sollte recht behalten.

      Sie waren kaum mit dem Essen fertig, als die fünf Männer aufstanden und zu ihnen herüberkamen. Mutig im Bewusstsein ihrer Überzahl bauten sie sich großspurig vor dem Tisch auf.

      „Na, Süße, willst du jetzt nicht doch lieber unsere Frage von vorhin beantworten?“, fragte einer der Kerle grinsend.

      „Genau“, feixte ein rattengesichtiger Kerl und legte besitzergreifend den Arm um Samiras´ Schultern. Das war ein Fehler! Mit einem Aufschrei fuhr er zurück und starrte auf seine blutende, von Hetzels Dolch gezeichnete Hand.

      „Verschwindet oder ihr werdet es bereuen“, fuhr Karon die streitsüchtigen Kerle an. Doch sie waren unbelehrbar. Fünf gegen zwei, denn einen Zwerg und einen Elf nehmen solche Kerle wie wir doch nicht für voll, dachten sie in ihrer grenzenlosen Überheblichkeit. Die Frau zählte für sie als Gegner sowieso nicht. Ein fataler Irrtum wie sie sehr schnell erkennen sollten.

      Und dann griffen sie ohne Warnung an.

      Samiras sprang zusammen mit ihren Gefährten auf und zog ihr Schwert, welches ihr geradezu entgegensprang. Warm und vibrierend lag „Strahlenzauber“ wie angewachsen in ihrer Hand. Und schon übernahm es den Angriff, denn es war kein gewöhnliches Schwert. Wie hatte der Zwergenschmied Ventor gesagt?

      „Ich hatte eine Vision, in der mir befohlen wurde, dieses Schwert zu schmieden.“ Und für wen ist es bestimmt? hatte sie gefragt.

      „Wenn die Zeit gekommen ist, werde ich es wissen, wurde mir gesagt“, hatte er geantwortet. Und genau so war es gekommen, denn das Schwert war für sie bestimmt gewesen. Gefährlich nahe zischte etwas dicht an ihrem Kopf vorbei und riss sie abrupt aus ihren Gedanken.

      Schnell wie ein Lufthauch und tödlich wie eine Viper reagierte Strahlenzauber. Es trieb ihren Gegner, einen ungeschlachten Kerl, vor sich her, zuckte zum entscheidenden Stoß vor und glitt mühelos durch Leder und Stoff. Schreiend brach der Kerl zusammen. Er presste die Hand auf die stark blutende Wunde und starrte Samiras fassungslos an. Eine Frau hatte ihn besiegt! Er konnte es nicht fassen.

      Zwei der Kerle bedrängten Karon mit ihren Schwertern. Doch da hatten sie bei einem Krieger wie ihm schlechte Karten. Seine eisenharte Hand schnellte vor, packte den Arm des einen Gegners, verdrehte ihn und schlug ihm die Handkante in den Nacken, als der Kerl sich vor Schmerzen krümmte.

      Dem zweiten Angreifer stieß er die Schwertklinge in die Seite, während er bereits auf dem Weg zu Ephlor war, der schützend vor dem bewusstlosen Hetzel stand und einen Koloss von Mann in Schach hielt. Einer der Gäste hatte dem Zwerg von hinten eine Flasche über den Kopf gezogen.

      Doch Samiras wusste, wer es gewesen war und drängte sich wutentbrannt durch die Menge. Sie würde diesen hinterlistigen Kerl nicht ungestraft davonkommen lassen! Leider übersah sie in der Eile einen vorgestreckten Fuß und stürzte zu Boden. Die Kapsel mit dem Zaubersamen rutschte aus ihrer Tasche und öffnete sich.

      Schlagartig wurde es mucksmäuschenstill.

      Alle Augen richteten sich auf die glitzernden, über den Boden verstreuten Samenkörner. Samiras sammelte sie hastig unter den gierigen Blicken wieder ein, die jeden ihrer Handgriffe verfolgten, und die vermeintlichen JUWELEN in ihren schmalen Händen förmlich verschlangen. Dass es nur Samenkörner waren, Samenkörner zur Rettung aller, würde ihr keiner der von Habgier besessenen Gäste glauben.

      Und dann erfolgte ohne Vorwarnung der zweite Angriff.

      Doch dieses Mal hatten sie nicht nur fünf Gegner, sondern alle gegen sich. Sie schlugen sich wacker, doch langsam wurde es brenzlig, denn das Kampfgetümmel blieb draußen nicht unbemerkt und zog Neugierige aber auch Gesindel an, das sich ohne zu zögern einmischte und gegen die Fremden stellte.

      Samiras und ihre Gefährten wurden immer weiter zurückgedrängt, bis sie im wahrsten Sinne des Wortes mit dem Rücken zur Wand standen und gegen eine Flut von Leibern kämpften, die nur aus Waffen und Fäusten zu bestehen schien. Es waren einfach zu viele; und die Gier verlieh ihnen zusätzliche Kräfte.

      Sie brauchten schnelle Hilfe oder die Massen würden sie über kurz oder lang unter sich begraben. Doch die Rettung aus ihrer misslichen Lage war nicht weit entfernt.

      „Zu Hilfe, Danina!“, sandte sie ihren geistigen Hilferuf aus.

      Ihr Hilferuf war kaum verklungen, da sprang die schwarze Pantherin mit langen Sätzen die Treppe hinunter. Wie ein Ungewitter kam sie über die Phalanx der Angreifer. Sie schnaubte und schäumte furchterregend und griff zischend an. Wie ein Racheengel wütend brach sie mit Krallen und Zähnen eine Schneise in das Menschengewühl, drang unbeirrt mit brachialer Gewalt zu ihren Freunden vor und baute sich schützend vor Samiras auf. Bis hierhin und nicht weiter, hieß das, und wer sich nicht daran hielt, hatte die Folgen zu tragen.

      Ihre Zähne und Krallen waren scharf und davon geschlagene Wunden fürchterlich. Einige ganz Unbelehrbare, deren Verstand von der Gier nach den EDELSTEINEN, die in Wahrheit doch nur Samenkörner waren, völlig vernebelt war, versuchten es noch einmal ansatzweise, zogen sich jedoch mit blutigen Köpfen schnell

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